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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Friedrich III. (Kurfürst v. Brandenb.) - Friedrich Wilhelm (Herz. v. Braunschweig)
und Brandenburg wurde vollendet durch die schar-
fen religiösen Differenzen, die sich an die Aufhebung
des Edikts von Nantes knüpften. Das Potsdamer
Edikt vom 8. Nov. 1685 wurde von Ludwig XIV.
als eine schwere Beleidigung angesehen. Als Lud-
wig von neuem die Hand nach deutschen Landen
ausstreckte und auf das reiche Pfalz. Erbe Ansprüche
erhob, da trat der Kurfürst wie schon vorher mit
den Holländern, auch mit dem Kaiser wieder in Ver-
bindung. Durch die geheime Alliauz vom 22. März
1686 wurden u. a. auch die schles. Streitigkeiten bei-
gelegt. F. W. verzichtete auf die Herzogtümer in
Schlesien und erhielt als eine winzige Entschä-
digung den Kreis Schwiebus. Doch der Wiener
Hof handelte auch hier nicht aufrichtig. Man be-
nutzte das gespannte Verhältnis des Kurprinzen
Friedrich (s. Friedrich I., König von Preußen) zu
seinem Vater zu einem Betrug und bewog jenen,
hinter dem Rücken des Vaters einen Revers zu
unterzeichnen, durch den er sich verpflichtete, nach
dem Tode seines Vaters Schwiebus an den Kaiser
zurückzugeben. Die letzten Lebensjahre des Kur-
fürsten waren getrübt durch die Meinungsverschie-
denheiten mit dem Sohne, die infolge der Ehe des
Kurfürsten mit der Holsteinerin Dorothea und in-
folge der testamentarischen Bestimmungen für die
Söhne zweiter Ehe zum Ausbruch kamen. (S.
Dorothea.) Durch die Allianz vom März 1686
hatte der Kurfürst sich verpflichtet, dem Kaifer ein
Hilfskorps für den Türkenkrieg zu stellen. Der Kur-
fürst hegte den Wunsch, den Krieg im Osten mög-
lichst bald zu Ende geführt zu sehen, damit die deut-
schen und österr. Heere frei würden zur Verteidigung
der von Frankreich bedrohten Reichsgrenzen. F.W.
und Wilhelm von Oranien hatten zugleich noch das
Ziel, der gefährlich anwachsenden kath. Reaktion
Einhalt zu thun, und faßten den Entschluß, durch ein
schnelles kübnes Vorgehen den Katholiken Jakob II.
vom engl. Thron zu entfernen. Unausgesetzt war
der Kurfürst mit diefen Plänen beschäftigt, als er
nach schwerem Leiden 9. Mai 1688 verschied. Allein
seiner gewaltigen Persönlichkeit waren die Erfolge
der auswärtigen und der innern Politik zu ver-
danken. Der Umfang des Staates, durch den Kur-
fürsten um 33150 qkin erweitert, betrug bei seinem
Tode 112 660 <ikin. Die durch die Leiden des Dreißig-
jährigen Krieges sehr geminderte Bevölkerung war
wieder auf 1^ Mill. gewachfen.
Von mittlerer Körpergröße, war F. W. doch eine
stattliche, imponierende Erscheinung; ein Mann
von natürlicher Einfachheit und von praktischem
Sinn, leutselig, wahrhaft fromm und seiner Kirche
aufrichtigen Herzens zugethan; vor allem ein Kriegs-
mann und doch auch erfüllt von Hochachtung und
Verständnis für Künste und Wissenschaften; mit der
Hinneigung zu hochfliegendcn, weit ausgreifenden
Entwürfen verband sich in dem Kurfürsten die Fähig-
keit, doch auch dem Kleinsten in der Durchführung
seine Kraft und Aufmerksamkeit zu widmen. Ein
Reiterstandbild des Kurfürsten, von Schlüter, steht
seit 1703 auf der Langen Brücke in Berlin. (S. Tafel:
Deutsche Kunst V, Fig. 1.) Seinen Namen trägt
jetzt das schles. Leib-Kürassierregiment Nr. 1.
Vgl. Pufendorf, I)6i'6dn8 F68tig I^i iclLrici ^Vil-
k6iini (Berl. 1695); (Nivi-68 ä6 I^^i-io iß (^^n^
Bd. 1 (ebd. 1846, Akademie-Ausgabe); Urkunden
und Altenstücke zur Geschichte des Kurfürsten F. W.
(15 Bde., ebd. 1864-94); Dropsen, Geschichte der
preuß. Politik, Tl. HI, Bd. 1 - 3 (2. Aufl., Lpz.
1870-72); Ranke, Zwölf Bücher preuß. Geschichte,
Buch 3 (Sämtliche Werke, Bd. 26, ebd. 1878);
Erdmannsdörffer, Der Große Kurfürst (im "Neuen
Plutarch", Bd. 6, ebd. 1879); derf., Deutsche Ge-
schichte, 1648 - 1740 (Bd. 1, Verl. 1892); Hiltl,
Der Große Kurfürst und seine Zeit (Vieles. 1880);
von Zwiedineck-Südenhorst, Deutsche Geschichte im
Zeitraum der Gründung des preuß. Königtums,
Bd. 1 (Stuttg. 1890); Pribram, Österreich und
Brandenburg 1685-86 (Innsbr. 1884); Belling,
Der Große Kurfürst in der Dichtung (Berl. 1888);
Galland, Der Große Kurfürst und Moritz von Nassau
(Franks, a. M. 1893); Landwehr, Die Kirchenpolitik
F. W.s, des Großen Kurfürsten (Berl. 1894).
Friedrich III., Kurfürst von Brandenburg,
s. Friedrich I., König von Preußen.
Friedrich Wilhelm, Herzog von Vraun-
schweig, geb. 9. Okt. 1771 zu Braunschweig, der
vierte und jüngste Sohn des Herzogs Karl Wilhelm
Ferdinand, wurde für die militär. Laufbahn erzogen
und trat 1788 als Stabskapitän in das zu Magde-
burg garnisonierende preuß. Infanterieregiment von
Lengefeld ein, machte feit 1792 den Krieg gegen
Frankreich mit und wurde nach dem Baseler Frieden
(5. April 1795) Oberst, 1800 Generalmajor. Er
vermählte sich 1804 mit der bad. Prinzessin Marie
Elisabeth Wilhelmine, die ihm die beiden Prinzen
Karl und Wilhelm gebar; 1805 erbte er von seinem
Oheim, dem Herzog Friedrich August, das Fürsten-
tum Öls (s. d.) in Schlesien. An der Schlacht von
Jena und Auerstedt (14. Okt. 1806), in der sein
Vater die Verwuudung erhielt, an der er 10. Nov.
starb, nahm F. keinen Anteil, geriet aber dann durch
die Kapitulation von Ratkau bei Lübeck 7. Nov. mit
dem Blücherschen Korps in Gefangenschaft. Er
wurde nach wenigen Tagen entlassen, konnte jedoch die
Regierung, die ihm nach der Verzichtleistung seiner
Brüder zugefallen war, nicht antreten, da Napoleon
ihn seines Erbes verlustig erklärte. F. W. nahm
seinen Abschied aus preuß. Diensten und lebte fortan
zu Bruchsal. Im Kriege von 1809 schloß er sich
an Österreich an und warb in Böhmen ein Frei-
korps, das von seiner Uniform "die Schwarzen"
genannt wurde. Am 21. Mai fiel der Herzog in
Sachsen ein und nahm, durch eine österr. Abteilung
verstärkt, Dresden und Leipzig trotz Thielmanns
Widerstand. Darauf schlug er mit den Österreichern
unter Kienmayer Iunot (12. Juni 1809) bei Ber-
neck und drängte auch den König Ie'röme von West-
falen bis Erfurt zurück. Nach dem Waffenstillstände
vonZnaim (12.Juli 1809) faßte F.W. den Entschluß,
sich bis zur Nordsee durchzuschlagen und seine Trup-
pen nach England zu führen. Diefer kühne Zug hat
den Namen des Herzogs und seiner Schwarzen be-
rühmt gemacht. Er brach 20. Juli mit 1500 Mann
aus Franken auf, bestand ein Gefecht bei Halber-
stadt (29. Juli) und langte am 31. in Braunichweig
an, von wo aus er eine Proklamation erließ, die
sein Volk zur Erhebung aufforderte. Ein feindliches
Korps von 6000 Mann, das unter General Reubel
heranrückte, fchlug der Herzog i.Aug. bei dem Dorfe
Olper in der Nabe von Vraunschweig und zog dann
über Hannover, Nimburg, Hoya, Delmenhorst nach
Elsfleth und Brake, wo er sich aller leer liegenden
Handelsschiffe und Weserfahrzeuge bemächtigte.
Äm 7. Aug. morgens begann die Einschiffung des
Korps, das am 8. auf Helgoland versammelt und
von einer engl. Flotte nach England gebracht wurde.
Hier landete er 14. Aug. und wurde mit der lebhaf-