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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fructidor - Frühgeburt

mäßiger Begleiter des Traubenzuckers im Safte süßer Früchte und im Honig. Der Rohrzucker spaltet sich beim Erwärmen mit verdünnten Säuren oder durch die Wirkung eines von der Hefe produzierten Ferments (des Invertins, s. d.) in gleiche Moleküle Traubenzucker und F. Dieses Gemisch nennt man Invertzucker und die Umwandlung des Rohrzuckers Inversion (s. d.). Rein kann man den F. durch Spalten von Inulin (s. d.) mit verdünnter Säure erhalten. Er bildet meist eine sirupdicke Flüssigkeit und läßt sich nur schwer zur Krystallisation bringen; man erhält dann rhombische Krystalle, die bei 95° schmelzen. Die Polarisationsebene des Lichtes dreht der F. stark nach links. In neuester Zeit ist er auch durch Synthese erhalten worden.

Fructidor (frz., spr. frük-, "Fruchtmonat") hieß in dem republikanischen Kalender (s. d.) Frankreichs der zwölfte Monat, der in den J. I-VII vom 18. Aug. bis 16. Sept., in den J. VIII-XIII vom 19. Aug. bis 17. Sept. des Gregorianischen Kalenders dauerte. Bekannt ist der 18. F. des J. V (4.Sept. 1797), an dem die Direktorialregierung die franz. Republik durch einen Staatsstreich vor den Royalisten rettete. (S. Frankreich, S. 95 b).

Fructuarius (lat.), Nutznießer, Nießbraucher.

Fructuosus, Heiliger, stammte aus dem Königsgeschlecht der Westgoten in Spanien und verbreitete das Mönchstum auf der Pyrenäischen Halbinsel. Er schrieb eine allgemeine und eine besondere Klosterregel für Mönche und Nonnen. 656 wurde F. Erzbischof von Braga und starb 16. April 675.

Fructus (lat.), Frucht; F. Belae, s. Aegle. Auf Rezepten finden sich folgende offizinelle Früchte: F. Anisi (s. Anis), F. Aurantii immaturi (s. Pomeranzentinktur), F. capsici (s. Spanischer Pfeffer), F. Cardamomi (s. Kardamomen), F. Carvi (s. Carum), F. Colocynthidis (s. Kloloquinten), F. Foeniculi (s. Foeniculum), F. Juniperi (s. Wacholder), F. Lauri (s. Lorbeer), F. Papaveris immaturi (s. Papaver), F. Rhamni catharticae (s. Rhamnus), F. Vanillae (s. Vanilla).

Frugal (lat.), mäßig, genügsam in Bezug auf Speise und Trank; dieser Genügsamkeit entsprechend, z. B. frugales (einfaches) Mahl u.s.w.; davon das Substantiv Frugalität.

Fruges consumere nati (lat.), wörtlich: "Geboren die Früchte (des Landes) zu verzehren", Citat aus Horaz' "Episteln" (Buch I, 2,27), nachgebildet einer Stelle der Ilias, 6, 142, die von nur zum Genusse geborenen Müßiggängern redet.

Frugivora, Fruchtfresser, Bezeichnung für 1) die hauptsächlich von Früchten sich ernährenden Fledermausformen (s. Flederhunde) und 2) gelegentlich für die von Pflanzenkost lebenden Beuteltiere, welche indessen in der Regel als Carpophaga bezeichnet werden (s. Beuteltiere).

Frugoni, Carlo Innocenzo Maria, ital. Dichter, geb. 21. Nov. 1092 zu Genua, trat 1709 als Mönch in die somaskische Kongregation, lehrte bis 1710 in deren Kolleg zu Brescia Rhetorik und ward dort in die Arcadia mit dem Namen Cornante Eginetico aufgenommen. Ebenso lehrte er dann Rhetorik und schöne Wissenschaften in Rom, Genua und Bologna, wo er die Gunst des Kardinals Bentivoglio gewann. 1725-31 lebte er hochgeehrt am Hofe von Parma und zog sich dann nach Genua zurück. Die lange gewünschte Lösung von den Mönchsgelübden wurde ihm durch Vermittelung Bentivoglios 1733 von Papst Clemens XII. gewährt. Mit Beginn der bourbonischcn Herrschaft kehrte er 1719 nach Parma zurück, ward Lehrer des Prinzen Ferdinand, Sekretär der neugegründeten Akademie der schönen Künste und starb dort 20. Dez. 1768. Unter seinen zahlreichen lyrischen Gedichten sind die leichten Canzonetten in Metastasios Manier am gelungensten. Seine Werke erschienen am vollständigsten 1779-80 (15 Bde., Lucca), eine Auswahl 1782-83 (4 Bde., Brescia) und 1793 (3 Bde., Venedig).

Frühbeete, s. Mistbeete.

Frühbuß, auch Fribus oder Friebus, czech. Fribuzy, Stadt im Gerichtsbezirk Neudek der österr. Bezirkshauptmannschaft Graslitz in Böhmen, nördlich von Elbogen, auf einem Hochplateau des Erzgebirges, hat (1890) 1344 deutsche E., Post, Bobbinnetstickerei, Spitzenklöppelei, Perlmutterknopffabrikation, Maschinenstickerei (200 Arbeiter), Feldwirtschaft. Der im 16. Jahrh. blühende Bergbau auf Zinn kam durch den Dreißigjährigen Krieg herab, da es an Mitteln zur Entwässerung der Gruben fehlte. Spätere Versuche waren ohne Erfolg.

Frühe Gerichtszeit (Rechte Gerichtsfrühe), die Tageszeit von früh 9 oder 10 Uhr an, wo sich das Gericht versammelt. Die Verweisung darauf bei Gerichtsvorladungen war besonders in sächs. Ländern üblich, um anzudeuten, daß sich der Vorgeladene rechtzeitig vor Gericht einzustellen habe.

Frühenglischer Stil, s. Early English.

Frühflachs, s. Flachs.

Frühfrost, s. Frostschaden.

Frühgeburt, die Geburt eines noch nicht völlig ausgetragenen, aber doch bereits so weit entwickelten Kindes, daß es, krankhafte Störungen abgerechnet, zum Fortleben fähig ist. Früchte, welche vor Beginn der 29. Schwangerschaftswoche geboren werden, sind stets lebensunfähig, und man hat sich deshalb gewöhnt, alle Geburten vor dieser Zeit als Fehlgeburten von den F., d. h. den Geburten von der 29. bis 40. Woche der Schwangerschaft, zu unterscheiden. Je näher der Tag der F. dem regelrechten Geburtstermine, d. h. dem Ende der 40. Woche, liegt, desto größere Aussicht hat man auf Erhaltung des Kindes, während vor Ablauf der 36. Woche geborene Kinder selten und nur bei der sorglichsten Pflege am Leben erhalten werden. Die Ursachen der F. sind dieselben wie die der Fehlgeburt (s. d.).

Unter künstlicher F. versteht man die vom Arzte absichtlich herbeigeführte vorzeitige Geburt. Sie kann nötig werden, wenn das mütterliche Becken zu eng gebaut ist, um die Geburt eines völlig ausgetragenen Kindes möglich zu machen, oder wenn das Fortbestehen der Schwangerschaft das Leben der Mutter ernsthaft bedroht. Künstliche F., bei welchen also keine Aussicht auf Erhaltung des Kindes ist, sind äußerst selten und nur dann erlaubt, wenn von vornherein gewiß ist, daß ohne diesen ärztlichen Eingriff entweder die Mutter oder das Kind sicher zu Grunde gehen würde. Die künstliche F. wurde in England zuerst 1756 von Macaulay, in Deutschland zuerst 1804 von Wenzel mit glücklichem Erfolg ausgeführt. Das Verfahren bei dieser Operation besteht darin, daß man durch mechanisch wirkende Mittel willkürlich mehrmalige Zusammenziehungen der Gebärmutter hervorruft, durch welche wie bei der normalen Geburt der Zusammenhang zwischen Mutter und Kind gelöst und das letztere schließlich durch die Geburtswege hindurchgetrieben und nach außen befördert wird. Am häufigsten be-^[folgende Seite]