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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gärtnerei - Gärung
die Tafeln 181-225 enthält. Seine wichtigsten Ar-
beiten sind die "Beiträge zur Kenntnis der Befruch-
tung" (Tl. 1, Stuttg. 1844) und "Versuche und Beob-
achtungen über die Bastarderzeugung im Pflanzen-
reiche" (ebd. 1849).
Gärtnerei, s. Gartenbau. ^(S. 556 d).
Gärtnersäge, Baumsäge, s. Gartengeräte
Gärtnerschulen, s. Gartenbauschulen.
Gärtnervogel (Vindivoiui^ iiwinata /)'eee"7i'),
ein drosselgroßer, dunkelbrauner Vogel des Innern
von Neuguinea, aus der Familie der Paradiesvögel
(s. d.) und zwar aus der Unterfamilie der I'kctoQ-
arcliiiiak. Er baut kunstreiche Nester oder Zelte,
ähnlich wie seine Verwandten, der Kragenvogel (s. d.)
und der Laubenvogel ls. d.). Um einen dürren Stengel
als Mittclpfeiler fckichtet er Moos auf und lehnt
an denselben Halme und Stengel einer Orchidee,
sodaß eine kegelförmige Hütte zu stände kommt, die
0,5 m boch ist und 0 in Umfang hat. Um den Mittel-
pfeiler verläuft fo ein Gang, der auf der einen Seite
einen weiten Zugang hat. Davor bedeckt der Vogel
einen weiten Raum, den er von allerlei Stengeln,
Halmen, Gräsern u. s. w. reinigt, mit lebhaft ge-
färbten Gegenständen,Blmnen,Früchten, Schnecken-
häusern u. dgl. Wenn die erstem verwelkt sind,
werden sie entfernt und durch frische ersetzt.
Gartz an der Oder, Stadt im Kreis Nanoow
des preuß. Reg.-Bez. Stettin, gegenüber der Ab-
zweigung der Großen Reglitz von der Oder, Sitz
eines Amtsgerichts (Landgericht Stettin) und Steuer-
amtes, zum Teil uocb mit Mauern umgeben, ist
Dampferstation und hat (1890) 4431 E., darunter
21 Katholiken und 122Israeliten, Post, Telegrapb,
Stephanskirche, Ratbaus, St. Epiritusbofvital,
städtisches Krankenhaus, Vorfchuhverein; städtischem
Gymnasium (Direktor ^>r. Vitz, 11 Lehrer, 6 Klassen,
130 Schüler), Eigarrenfabritation, bedeutenden
Ackerbau, Viehzuckt, Bierbrauerei, Fischerei. Durch
die Oderniederung ist von hier ein Damm nach
Greifcnhagen aufgefübrt.
Garn, ^tadt am Niger, s. Sinder.
t5a.ruin, eine altröm. pikante Fifchbrühe.
Garumna, der 180. Planetoid.
Va.rnniNÄ., der lat. Name der Garonne.
Gärung, die durch Mitro-Organismen, d. h.
organisierte Fermente (s. d.), bewirkten Stoffum-
wandlungen, bei denen höher zusammengesetzte
organiscke Verbindungen in solche von einfacherer
Zufammenfetzung zerfallen. Voll den vielfachen
natürlick entstehenden oder künstlich hervorgerufe-
nen Arten von G., die im Artikel Fermente näher
bezeichnet sind, ist die alkoholische oder Wein-
oder Biergärung am längsten bekannt und am
besten untersucht. Sie tritt stets ein, wenn zucker-
haltige Pftanzensäfte (Most, Obstsaft u. dgl.) oder
aus stärkemehlhaltigen Rohstoffen (Kartoffeln, Ge-
treide) durch einen besondern Verzuckerungsprozeß
hergestellte, zuckerhaltige Lösungen (Bierwürzen,
Branntweinmaischen) bei mittlerer Temperatur frei
der Luft ausgesetzt werden, wobei unter Entwicklung
von gasförmig entweichender Kohlensäure und unter
Verschwinden des süßen Geschmacks Alkohol gebildet
wird und eine reichliche Menge einer teils als
Schaum in die Höbe geführten, teils am Boden sich
absetzenden trübenden Substanz entstebt; diese letz-
tere hielt man früber für eine im Most enthaltene,
durch die G. ausgeschiedene Verunreinigung, man
nannte sie Hefe (s. d.). Erst in diesem Jahrhundert
durck die Arbeiten von TlMard (1803), Errleben
l1818), Cagniard de la Tour (1835), Schwann,
Turpin wurde die Hefe als Ursache der G. erkannt:
zwar hatte bereits Leuwenboek (1680) beobachtet, daß
die Hefe aus rundlichen oder ovalen Körnchen
bestehe; aber die Natur derselben als pflanzliches
Individuum erkannte er nicht' erst Cagniard de la
Tour erklärte die Hefe für einen Pilz, welcher durch
Knospung sich vermehre und hiermit eine Entwicklung
zeige, welche damals schon bei andern Pilzen bekannt
war. Die weitern Untersuchungen von Mitscherlich,
Mayer, Pasteur, Reeß, Brefeld baben dann das
Wesen der Hefe als einzelligen, durcb Sprossung sich
vermehrenden Pilz erkannt, der die Eigenschaft be-
sitzt, während seiner Lebensthätigteit Zucker in
Alkohol und Kohlensäure zu zerlegen.
Wie der Pilz hierbei wirkt, ist auf verschiedene
Weise zu erklären versucht worden. Turpin faßte
die G. als einen physiol. Vorgang auf, bei welchem
die sich entwickelnde Hefe Zucker als Nahrungsstoff
aufnehme und Alkohol und Kohlensäure ausscheide;
er trug zuerst der vegetabilischen Natur der Hefe
Nechnung; man nannte seine Tbeorie die vitale
oder vegetative Gärungstheorie. Dieser
tratIustus von Liebig (1839) mit seiner Zer-
setzungstheorie entgegen, nach der die G. eine
Moletularbewegung sein sollte, die ein in Zersetzung
befindlicher Körper auf einen andern, aus nicht fehr
fest zusammenhängenden Elementen bestehenden
Stoff übertrage. Traube (1858) ging in seiner
Fermenttheorie von der Ansicht aus, daß in der
Hefe ein chem. Ferment oder Enzym enthalten sei,
das die zuckerzerjetzeude Wirkung ausübe. 1872 trat
P a st e u r mit seiner auf physiol. Standpunkte stehen-
den Theorie auf; er ging davon aus, daß alle
Pflanzen, auch die niedern Pilze, zu ihrem Lebcn
des Sauerstoffs bedürfen, wofür sie eine entfprechende
Menge Koblensäure ausscheiden; die Hefenpilze seien
nur insofern unterschieden, als sie zwar bei -Zutritt
von freiem Sauerstoff sich am kräftigsten entwickeln
und vermehren, aber bei Mangel desselben ihn ge-
wissen leichter zersetzbaren Verbindungen entzieben
und davon leben können; sie entzögen also dem
Gärmateriale (Zucker) den SauevMi, wodurch
dieses in seinem molekularen Gleichgewickt gestört
würde und in einsacke Verbindungen zersiele. Gegen
alle diese Theorien stellte 187l) Nägeli in seinem
Werke "Tbeorie der G." seine molekular-physi-
kalische Gäru ngstheorie auf, indem er davon
ausgeht, daß die Ursache, welche die G. bewirkt, un-
trennbar mit der Substanz der lebenden Zelle, dem
Plasma (meist Protoplasma genannt), verbunden
ist. Unter Plasma versteht Nägeli den halbflüssigen,
schleimigen Inhalt der Pflanzenzelle, der aus wech-
selnden Mengenvonunlöslichenundlöslicken eiwciß-
artigcn Körpern besteht; G. finde nur in unmittel-
barer Berührung mit dem Plasma und soweit die
Molekularbewegung desselben reiche, statt. G. sei
daher die Übertragung von Bewegungszuständen der
Moleküle, Atomgruppeu und Atome verschiedener,
das lebende Plasma zusammensetzender Verbin-
dungen auf das Gärmaterial, wodurch das Gleick-
gewicht in dessen Molekülen gestört werde und die-
selben zum Zerfallen gebracht werden, obne daß
die das Plasma bildenden Verbindungen selbst
chemisch geändert werden.
G. tritt immer nur bei Gegenwart lebender
! Hefenzellen ein; erhitzt man eine in voller G. be-
! findliche Flüfsigkeit auf 00-70° c!., so bort die G.
! sofort auf, weil die Hefenpilze bei diesen Tempera-