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Gehirngeschwülste - Gehirnhautentzündung
Fällen von G. erfolglos, da natürlich die zerstörte Hirnpartie nicht wieder ersetzt werden kann, und wenn auch öfters selbst bei größern Erweichungsherden durch Resorption der erweichten Massen und Bildung eines wasserdurchtränkten narbigen Zellgewebes eine Art Naturheilung eintritt, so bleiben doch infolge des Untergangs der erweichten nervösen Elemente gewisse Symptome, wie Lähmungen einzelner Glieder, Gedächtnisschwäche, Sprachstörungen u. dgl. für immer zurück. Gegen die zurückgebliebenen Lähmungserscheinungen leistet die Anwendung des elektrischen Stroms oft gute Dienste.
Gehirngeschwülste (Tumores cerebri) nehmen teils von den Hirnhäuten, teils von der Hirnsubstanz selbst ihren Ausgang und bieten hinsichtlich ihrer Ursachen, ihrer anatom. Eigentümlichkeiten, ihres Sitzes, der von ihnen abhängigen Symptome und ihres klinischen Verlaufs die allergrößten Verschiedenheiten dar. Am häufigsten finden sich in der Schädelhöhle folgende Geschwulstformen vor: 1) Isolierte größere Tuberkel, runde graue oder gelbe käsige Neubildungen von der Größe einer Erbse bis zum Umfange eines Hühnereies, die vereinzelt oder in größerer Anzahl in der grauen Hirnsubstanz, in der Hirnrinde oder im Seh- und Streifenhügel des Großhirns oder im Kleinhirn sitzen und sich fast ausschließlich bei Kindern, vom dritten Lebensjahre bis in die Pubertätsjahre einwickeln. Sie kommen gewöhnlich gleichzeitig mit Tuberkeln in den Lungen und den Lymphdrüsen vor und führen fast immer zum Tode. 2) Gliome (s. Gliom). 3) Krebsgeschwülste sind namentlich im höhern Mannes- und Greisenalter nicht selten; sie gehen entweder von den äußern Weichteilen, namentlich der Augenhöhle oder von den Schädelknochen, den Hirnhäuten oder der eigentlichen Hirnsubstanz aus und führen nach ein bis zwei Jahren sicher den tödlichen Ausgang herbei. 4) Sarkome, schleimigweiche oder markartige runde, aus dicht aneinandergefügten Zellen bestehende Geschwülste von Farbe und Konsistenz des Fleisches, die nicht selten infolge eines Falls auf den Kopf oder eines Schlags an demselben entstehen, langsam, aber stetig wachsen und wie die Krebsgeschwülste unaufhaltsam zum Tode führen. 5) Syphilome, erbsen- bis faustgroße, rundliche, gelbgraue oder graurötliche Geschwülste, die ein Symptom der tertiären Syphilis (s. d.) sind und durch eine rechtzeitige und energische antisyphilitische Kur geheilt werden können. 6) Knorpel- und Knochengeschwülste, die von den Schädelknochen oder der harten Hirnhaut ihren Auegang nehmen und als umfängliche knorrige Knochenhautgeschwülste in das Innere der Schädelhöhle hineinwachsen. 7) Blasenwürmer (Echinokokken und Finnen), die vereinzelt oder zu Hunderten als erbsen- bis walnußgroße rundliche durchscheinende Blasen die Hirnsubstanz durchsetzen und mehr oder minder schwere Symptome hervorrufen. 8) Aneurysmen der Hirnarterien, erbsen- bis hühnereigroße sackartige Erweiterungen der Arterien, die gewöhnlich Kompression und Schwund der Hirnsubstanz und meist tödliche Hirnblutungen zur Folge haben.
Die Symptome der G. sind im allgemeinen sehr wechselnd und mannigfach; keins derselben ist für sich allein für G. charakteristisch, sondern wird auch bei andern Hirnleiden angetroffen, und häufig genug ist der Arzt nicht im stande, aus den vorhandenen Symptomen die Diagnose von G. mit Sicherheit zu begründen. Zu den häufigsten Krankheitserscheinungen gehören außerordentlich heftiger und anhaltender Kopfschmerz, Schwindelanfälle und Erbrechen, Neuralgien und Muskelzuckungen, selbst epileptische Krämpfe, Lähmungen einzelner Muskeln, Unempfindlichkeit einzelner Hautstellen u. dgl. Da ein großer Teil der G. an der Hirnbasis sitzt und so auf die Ursprungsstellen der Gehirnnerven drückt, so sind namentlich Neuralgien und Gesichtsschmerz, Lähmungen einzelner Antlitz- und Augenmuskeln, Flimmern und Funkensehen, Abschwächung, selbst gänzlicher Verlust des Seh- und Gehörvermögens besonders häufige Vorkommnisse bei G. Gegen die weitaus meisten der hierher gehörenden Geschwülste ist die ärztliche Kunst völlig machtlos; nur bei syphilitischen G. kann eine sofortige energische Schmierkur von großem Nutzen sein. Man halte von dem Kranken alles fern, was Blutandrang nach dem Kopfe verursachen kann, verbiete namentlich aufregende (alkoholische) Getränke, empfehle körperliche und geistige Ruhe, verordne eine leichtverdauliche milde Diät und sorge für regelmäßige Stuhlentleerung. Gegen die quälenden Kopfschmerzen sind kalte Umschläge, örtliche Blutentziehungen und salinische Abführmittel nützlich. In neuerer Zeit hat man G. in seltenen Fällen mit Erfolg durch Operation entfernt. - Vgl. Bernhardt, Beiträge zur Symptomatologie und Diagnostik der Hirngeschwülste (Berl. 1881); von Bergmann, Die chirurg. Behandlung der Hirnkrankheiten (2. Aufl., ebd. 1889).
Gehirnhäute, s. Gehirn (^. 677a).
Gehirnhautentzündung (Meningitis), von den Laien gewöhnlich schlechtweg als Gehirnentzündung bezeichnet, tritt in mehrern hinsichtlich ihrer anatom. Eigentümlichkeiten und hinsichtlich ihres Verlaufs sehr verschiedenen Formen auf. Man pflegt gewöhnlich folgende Formen zu unterscheiden:
1) Die gewöhnliche, einfache oder eiterige G. (Meningitis simplex), auch Konvexitätsmeningitis genannt, die sich anatomisch dadurch zu erkennen giebt, daß sich an der Oberfläche der Großhirnhemisphären zwischen der Spinnwebenhaut und der weichen Hirnhaut ein mehr oder minder reichliches, gallertiges oder eiteriges Exsudat ansammelt, kommt entweder primär bei vorher ganz gesunden Menschen vor oder schließt sich sekundär an Hirnerschütterungen, an Verletzungen und entzündliche Prozesse der Schädelknochen, namentlich Karies des Felsenbeins infolge von eiteriger Entzündung des Mittelohrs, sowie an die Brightsche Nierenkrankheit an. Die Entzündung wird durch direkt von außen oder durch den Blut- und Lymphstrom eingedrungene Pilze (Bakterien) und zwar durch die sog. Eiterkokken hervorgerufen. Als Gelegenheitsursachen kommen in Betracht z. B. die Einwirkung intensiver Sonnenstrahlen auf den Kopf, Erkältungen, psychische Erregungen, übermäßiger Genuß spirituöser Getränke u. s. w. Die Krankheit beginnt meist mit einem Schüttelfrost, heftigem Fieber und hoher Pulsfrequenz (120 bis 140 Schläge in der Minute), die aber später trotz des anhaltenden Fiebers auf 60 - 80 Schläge herabsinkt. Dabei klagen die Kranken, solange sie noch bei Bewußtsein sind, über heftigen und unerträglichen Kopfschmerz, und auch wenn das Bewußtsein getrübt ist, greifen sie unter Wimmern und Stöhnen nach dem schmerzenden Kopf hin. Im Anfang sind die Kranken außerordentlich unruhig und aufgeregt, meist völlig schlaflos und äußerst empfindlich gegen Schall- und Lichteindrücke, zuweilen selbst