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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geld
einliefert, gegen eine nur die Herstellungskosten
deckende Gebühr ausprägen.
Von dem Nenn- bez. Kurswert des G. zu unter-
scheiden ist sein Tans ch wert oder der Geldpreis,
d. i. der Wert des G. im Verhältnis zu allen andern
Gütern. Er bewegt sich natürlich in entgegengesetzter
Richtung wie die Warenpreise, d. h. das G. ist wohl-
feil, wenn alle andern Waren geldtcuer, es ist um-
gekehrt teuer, wenn sie geldbillig sind. Auf dieses
Verhältuis zwischen dein Geld- und Warenwert ist
die künstliche Fixierung des Geldwertes durch den
Staat ohne wesentlichen Einstuft; es wird vielmehr
vorzugsweise durch die Angebot- und Nachfrage-
Verhältnisse einerseits des G. und andererseits der
Waren bestimmt. Von plötzlichen Geldzu- und Ab-
flüssen (durch Kriegsentschädigungen, Auffindung
von Minen, Mfternten u. s. w.) abgegeben, kommt
für ein und dasselbe Land bei geordneten Geld-
verhältnissen und in kurzen Zeiträumen die Geld-
wertänderung praktisch wenig in Betracht.
V. Im allgemeinen betrachten heutzutage alle
Staaten die selbständige Ordnung ihres Geldwesens
als ein wesentliches Hoheitsrecht. Doch steht das-
selbe in Deutschland dem Reiche selbst, ebenso in
den Vereinigten Staaten von Amerika und in der
Schweiz nicht der einzclstaatlicben, sondern der
Bundesgesetzgebung zu. Diese Münzhoheit ist
zu unterscheiden vom Münzregal (s. d.), d. l.
dem ausschließlichen Rechte des Staates Münzen
zu prägen, welches in Deutschland den Einzel-
staaten zusteht. Auch haben in einigen Fällen ganz
selbständige Staaten vertragsmäßig Münzeinigun-
gen geschlossen, vermöge welcher sie entweder ein
gleiches Geldsystem herstellten oder wenigstens ge-
wisse gemeinschaftliche Normen für ihr Geldwesen
annahmen. (S. Münzkonvention.) In einzelnen
Staaten ist auch gewissen fremden Münzen gesetz-
liche Zahlungskraft verliehen worden, wie in Por-
tugal dem engl. Sovereign. Dagegen hat sich der
Gedanke der Herstellung einer allgemeinen inter-
nationalen Münzeinheit oder wenigstens eines "ge-
meinschaftlichen Nenners" für alle Münzsysteme,
die 1867 aus einer internationalen Münzkonferenz
in Paris ernstlich besprochen und von feiten Frank-
reichs und zeitweise auch Englands begünstigt wurde,
als praktisch undurchführbar erwiesen.
Früher haben die Staaten ihre auf dem Münz-
regal beruhende Macht mehr oder weniger miß-
braucht, indem sie mit Hilfe künstlicher oder gewalt-
samer Maßregeln eine möglichst große Differenz
zwischen dein Nennwert und dem Sachwert ihrer
Münzen, namentlich der kleinern, ausrecht zu er-
halten suchten. Auch in der nenestcn Zeit sind
noch merkwürdige Beispiele der Prägung von
unterwertigen Währungsmünzen vorgekommen.
Die Staaten der Lateinischen Münzkonvention (s. d.)
haben noch bis 1878 neue silberne Fünffrankenstücke
mit dem alten Nennwert ausgegeben, obwohl die-
selben infolge der ^ilberentwertuug innerlich fast um
15 Proz. unterwcrtig geworden, und die Vereinigten
Staaten prägen noch jetzt silberne Standard-Dollars
mit s allerdings nicht ganz unbedingter) gesetzlicher
Zahlungskraft zu deren ursprünglichem Werte gegen
Gold (s. Dollar, Vlandbill undWindombill). Der
österr. Silbergulden ist schon seit^Jahren höher be-
wertet als die in ihm enthaltene ^ilbermenge; dies
beruht auf der 1879 verfügten Einstellung der Aus-
prägungen, mit Ausnahme einer kleinen Menge für
ReHnung des Staates, der dadurch einen Gewinn
erzielte. Abgesehen aber vondennach der Entwertung
des Silbers noch vorgenommenen Prägungen findet
sich in den Vereinigten Staaten, in Deutschland,
Holland und den Staaten der lat. Münzkonvention
zusammen noch eine ungeheuere Summe von älterm
Währungsgeld, welches nur durch die ihm zustehende
gesetzliche Zahlungskraft seinen frühern Nennwert
neben dem Golde behauptet. Würden diese Münzen
cingeschmolzen, so würde das Barrenmetall bedeu-
tend weniger wert sein als der gegenwärtige Nenn-
wert jener Münzen, was für die betreffenden Staaten
einen großen Verlust ergeben würde. Sollen doch
nach neuerer Schä'tzuug gegen 4 Milliarden Frs.
in Silberfünffrankenstücken existieren, wovon auf
Rechnung Frankreichs allein 3100 Mill. Frs.kommen.
Die Summe der nach den Gesetzen von 1878 und
1891 geprägten, in Umlauf oder im Besitz des Schatz-
amtes der Vereinigten Staaten von Amerika befind-
lichen Silberdollarsbetrugi.Jan.1892:411543740,
wozu dann noch 77327102 Mill. Doll. ^chatzamt-
noten, bedeckt durch Silberbarren, kamen. Der Vorrat
Deutschlands an Silberthalern wurde für Anfang
1892 von Soetbeer auf 440 Mill. M. geschätzt; hier-
von kommen aber jetzt die zur Einziehung, bez. zur
Übergabe anÖsterreich bestimmten Thalerstücke österr.
Gepräges von rund 70 Mill. M. in Abzug. Jeder
Versuch, dieses Silber zu verkaufen, würde aber
natürlich seinen Preis noch weiter herabdrücken.
Wenn aber die Staaten wirklich das silberne Wäh-
rungsgeld beseitigen wollen, so darf dies in keinem
Falle auf Kosten der zufälligen letzten Inhaber die-
ser Münzen geschehen. Denn diese haben dieselben
angenommen nicht als bloß gestempelte Silber-
stücke, sondern als gesetzliches Zahlungsmittel, und
als solches haben sie es einem staatlichen Gebote
gemäß annehmen müssen. Der Staat ist daher
auch verpflichtet, den Verlust zu tragen, den die
Entwertuug des Silbers infolge der Verdrängung
desselben aus der selbständigen Gcldfunktiou mit
sich bringt; er muß also das Silbergeld gegen
Goldgeld einlösen oder es bei seinen Kassen zum
Nennwert annehmen, um es zum Marktpreise zu
verkaufen. Wenn die so entstehenden Verluste em-
pfindlich sind, so ist doch andererseits die Bei-
behaltung der großeir Summen von künstlich im
Werte gesteigertem Silbergelde namentlich für die
Staaten der lat. Münzkonvention und für die Ver-
einigten Staaten von Amerika sehr bedenklich, wie
sich namentlich in unruhigen Zeiten, bei Krisen und
bei starken Goldabflüssen herausstellen würde. Dieses
G. ist jetzt Kreditgeld, es nähert sich also der Natur
des Papiergeldes und bei Krediterschütterungen be-
steht daher die Gefabr, daß es seinen künstlichen Wert
nicht behaupten kann, daß also ein Goldagio ent-
steht und der Wert der Landesvaluta im internatio-
nalen Wechselverkehr sich nach dem Silbergelde
regele. Als Ausweg schlagen nun die Vertreter der
Doppelwährung (s-o.) die Hebung des Silber-
Werts vor, indem die Hauptstaaten die sreie Prägung
von Währungssilbermünzen nach einem durch inter-
nationales Übereinkommen festzustellenden Wert-
verhältnisse gestatten sollen. Dieser Vorschlag ist
eine der möglichen Lösungen der sog. Währungs-
frage, nämlich der Frage i aus welchem Edelmetall
soll das Hauptgeld, das Währungsgeld, hergestellt
werden? Früher lautete gewöhnlich die Antwort:
für reiche Nationen aus Gold, für weniger reiche
und fortgeschrittene aus Silber. Man hielt es dabei
sür selbstverständlich, daß in jedem Lande nur ein