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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geld (auf Kurszetteln) - Geldbrief
Währungsmetall Geltung haben ka-nn, und sah iu
den Vcrsucken, eine Doppelwährung mit festem ge-
setzlichen Wertverhältnis der beiden Metalle her-
zustellen, eine Verletzung der wirtschaftlichen Natur-
gesetze und ein aussichtsloses Vemüben. Nun ist
es allerdings richtig, daß in Ländern mit isolierter
Doppelwährung, wie früher in Frankreich, that-
sächlich einmal der Silber- und das andere Mal der
Goldumlanf vorgeherrscht hat und daß die Währung
faktisch zu einer sog. A l t e r n a t i v w ä b r u n g wurde.
Doch darf andererseits auch die oben besprochene
große Macht des Staates, auf den Wert einer Geld-
forte durch Verleibung der gesetzlichen Zablungskrast
einzuwirken, nicht unterschätzt werden, zumal wenn
alle .Kulturstaaten dasselbe Wertverbältnis der bei-
den Metalle annähmen, was allerdings nach den
Verhandlungen und Ergebnissen verschiedener ^)Nünz-
konferenzen, zuletzt der zu Brüssel in den letzten
Monaten des I. 1892, ziemlich aussichtslos ist.
Vl. Der Geldbedarf eines Landes ist einerseits
adbängig von der Größe der durch G. vermittelten
Umsätze in Waren und sonstigen Leistungen, an-
dererseits von der Schnelligkeit des Geldumlaufs,
von der Menge und Umlaufgeschwindigkeit der
Geldsurrogate (s. d.), sowie von der Intensität der-
jenigen Krediteinrichtungen, welcke eine Abrecknung
von Schuld und Forderung ohne Anwendung des G.
ermöglichen (s. Geldumlauf). Nach O. Haupt be-
trug der Besitz, bez. der Umlauf an Courant- und
Papiergeld lalso mit Ausschluß der Scheidemünze)
in Millionen anfangs 1892:
Staaten
Österreich-Ungarn . . . Fl.
Deutsches Reich . . . . M.
Frankreich......Frs.
England.....Pfd. St.
Nordamerika .... Dollar
Italien........Lire
Gold
Silber
Un-
gedecktes
Papiergeld
Holland
5l.
197
601
2500
430
450
3900
3200
572
118
_
108
671
458
419
485
81
847
64
135
98
Neuerdings (1892) hat der amerik. Münzdirektor
Leech, eine Autorität auf dem Gebiete des Münz-
wesens, eine neue Zusammenstellung über den mut-
maßlichen Vorrat an gemünztem G. in den
HaupMndern der Erde entworfen, nach weleber
derselbe beträgt: an Goldmünzen 3 711845000'
Silber-Eourant 3395412000; Silberscheidemünzen
514166000 Doll. Solche Schätzungen geben aber
nur annäbernd ein Bild von dem Geldvorrat. iS.
Münze und Münzwesen, Handel und Wäbruug.)
Vli. Juristisch kommen beim G. die einzelnen
Geldstücke oder solche Banknoten, welche gesetzlick
Zahlungsmittel sind (die Species), in Betracht, zu-
nächst als Gegenstand des Eigentums und des Be-
sitzes. In dieser Funktion tritt das G. bervor in jeder
Barzahlung, durch welche Eigentum an den gezabl-
ten Geldstücken übertragen werden soll, die Zahlung
mag erfolgen, um zu schenken oder zu kaufen oder zu
tauschen; oder um eine Sckuld zu begründen, wie
beim Tarlehn; oder um eine Geldschuld zu tilgen.
Nach gemeinem Recht kann der Eigentümer seine
Geldstücke so lange von dem dritten Besitzer vindi-
zieren, als sie erkennbar (von anderm G. unter-
scheidbar, ;. B. durch die Nummer der Banknote,
einen ^teck an der Goldmünze, versiegelte Geld-
roüen) sind. Die Verfolgbarkeit des Eigentums an
Vrockhaus' KonversationZ-Lexiton. 14. Aufl.. VII.
Banknoten, welche gesetzliches Zahlungsmittel, also
G. sind, reicht also weiter als die Verfolgbarkeit
anderer Banknoten, welche nur Inhaberpapiere sind
und desbalb nach Art. 307 des Deutschen Handels-
gesetzbuches dein redlichenErwerberniemalsabgefor-
dert werden können, auch wenn sie dem Eigentümer
gestoblen oder von demselben verloren waren. Da-
gegen findet nach ß- "96 des Sächs. Bürgerl. Gesetz-
bucbes bei'.Vtetallgeld undPapiergeld die Eigentums-
klage nur gegen den statt, welcher zur Zeit der Er-
werbung in unredlichem Glauben war; dasselbe gilt
nacb Preuß. Allg. Landr. 1,15, ß. 46, sofern der red-
licke Erwerber das noch unterscheidbare G. nickt
unentgeltlich erworben hat. Nach t^sterr. Bürgerl.
Gesetzb. 8- '^l ist bares G., welches mit anderm
G. vermengt ist, kein Gegenstand der Eigentums-
klage, wenn nickt solche Umstände eintreten, aus
denen der Kläger sein Eigentunisrecht beweisen kann
und aus denen der Beklagte wissen mußte, daß er
die Sache sich zuzuwenden nicht berechtigt sei. Wo,
wie im franz. Necht, der Grundsatz gilt, daß beweg-
liche Sacken nur, wenn sie gestohlen und verloren
waren, vindiziert werden können, gilt dies beim
Mangel besonderer Vorschriften auch von Geld-
stücken. Der Deutscke Entwurf §. 879 fchließt die
Vindikation von G. in demfelben Umfang aus wie
das Handelsgesetzbuch die von Inhaberpapieren.
Geldstücke können ferner Gegenstand eines For-
derungsrechts sein, so z. B. wenn verscklossenes G.
binterlegt, oder wenn Geldstücke Gegenstand eines
Fracktvertrags sind. Für diesen Fall schreibt das
Handelsgesetzbuch Art. 395,608 vor, daß der Fracht-
fübrer bez. Verfrackter für den Verlust oder die Ne-
sckädigung nur baftet, wenn diese Beschaffenheit des
Frachtguts und sein Wert (bei der Abladung) an-
gegeben sind. <S. anch Geldschuld.)
Litteratu r. Hoffmann, Die Lebre vom G. (Berl.
1838); Oppenbeim, Die Natur des G. (Mainz 1855));
Grote, Die Geldlebre lLpz. 1865); M. Chevalier,
1.Ä M0uiiHj6 (2. Aufl., Par. 1866); Ievons, G. und
Geldverkebr (Bd. 21 der "Internationalen wissen-
schaftlicken Bibliothek", Lpz. 1876); Knies, G. und
Credit, Abteil. 1: Das G. (2. Aufl., Verl. 1885)'
Röscher, System der Volkswirtschaft. Bd. 1: Grund-
lagen der Nationalökonomie (20. Aufl., Stuttg.
1892); Nasse, Das Geld- und Münzwesen, in
Sckönbergs "Handbuch der polit. Ökonomie", Bd. 1
(3.Aufl.,Tüb.1890);K.von Scherzerund Brataffevic,
Der wirtschaftliche Verkehr der Gegenwart (Wien
1891); Handwörterbuch der Staatswissenschaften,
Bd. 3 lIena 1892), <^. 130 fg.; Soetbeer, Litteratur-
nackweis über Geld' und Münzwesen (Berl. 1892).
Geld loder (ij binter einem Kurs ls. d.) auf dem
Kurszettel bedeutet, daß die betreffenden Börfen-
werte zu diesem Kurse gesucht waren, daß also Nach-
frage zu diesem Preise vorhanden war. Mit G.
gleichbedeutend ist daber "Gefragt". Ist ein Kurs
mit (^ bezeicknct, so müssen sicb die Käufer wahr-
scheinlich entschließen, einen noch etwas böhern Kurs
zu bezahlen. Haben zu dem Geldkurse auch Abschlüsse
stattgefunden, so wird derselbe mit (l und d^^. (be-
zahlt) bezeichnet. Gegensatz von (^ ist 1> (Brief,s. d.).
Geldbricf, bei der Post ein Brief, mit dem
Geld oder Geldeswert (Gold, Silber, Papiergeld,
Wertpapiere u. s. w.j unter einem Briefumschlag von
starkem Papier oder Hanfpapier verfandt werden
kann. Die Umschläge muffen aus einem Stück her-
gestellt und durch mit demfelben Petfchaft in gutem
Lack bergestelltc Siegelabdrücke dergestalt verschlos-
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