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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gelübdetafel - Gemar
mutatio) in ein gleichwertiges oder geringeres
bedarf es der Erlaubnis der Kirchenobern. Diese
können aus genügenden Gründen auch ganz von
einem G. entbinden (äi8p6ll8Htitt). Außerdem ver-
liert ein G. seine verbindliche Kraft durch Wegfall
oder Veränderung seiner wesentlichen Voraussetzun-
gen oder Umstände (p6r c6883.tic>ii6in), und durch
Nichtigkeitserklärung von solcken Personen, unter
deren Gewalt der Gelobende steht, also z. B. von
Eltern, Vormündern, Ordensobern (per irritatjo-
n6in). Die evang. Kirche verwirft nach Luthers Vor-
gange alle G. als unverbindlich, außer dem bei der
Konfirmation zu bestätigenden Taufgelübde (s. d.).
Gelübdetafel, soviel wie Votivtafel.
Gelunge, s. Geräusch.
Gelüste (kicas), das zuweilen bei Frauen auf-
tretende Verlangen nach dem Genuß von Dingen,
die ihnen früher gleichgültig waren, und felbst nach
ungenießbaren und schädlichen Substanzen, wird
gewöhnlich als eine trankhafte Verstimmung der
Hungernerven (des zehnten Hirnnervenpaars und
seiner Nrsprungsstellen im Gehirn) betrachtet. (S.
Allotriophagie.) Diese Erscheinung hängt mit den
Störungen des körperlichen und geistigen Gesund-
heitszustandes zusammen, die sich oft bei den Frauen
in den Zeiten zeigen, in welchen ihr Geschlechtsleben
bedeutende Änderungen erleidet (bei Eintritt der
Geschlechtsreife, in der Schwangerschaft, beim Auf-
hören der Menstruation im höhern Alter u. s. w.).
Mit dem Aufhören der geschlechtlichen Störungen
fallen auch die G. weg. Den G. nach ungenießbaren
und schädlichen Substanzen während der Schwanger-
schaft muß energifch entgegengetreten werden.
Gelzen oder Gelten svon gelt oder galt,
d. h. unfruchtbar), unfruchtbar machen, kastrieren;
Gelze, ein verfchnittenes Schwein.
Gelzer, Heinr. Karl Guido, Philolog, geb.
1. Juli 1847 in Berlin, studierte in Basel und Göt-
tingen, war 1869-73 Gymnasiallehrer in Basel,
wo er sich 1872 an der Universität habilitiert,
wurde 1873 auherord. Professor der alten Geschichte
in Heidelberg, 1878 ord. Professor der klassischen
Philologie und alten Geschichte in Jena. Er ver-
öffentlichte: "Sertus Julius Africanus und die
byzant. Chronographie" (2 Tle., Lpz. 1880 - 85),
"^ULkdii CHU0QUM 6pit0M6 6X 1)1011)811 i'kimH-
narsuLiä clironico petita" (mit C. Siegfried, ebd.
1889), "(^or^ü Ovpiü äesci-iptio ordiä liomani"
(ebd. 1890).
Gelzer, Joh. Heinr., Geschichtschreiber und
Publizist, geb. 17. Okt. 1813 zu Schaffhaufen, stu-
dierte seit 1833 erst in Zürich, dann in Jena, Göt-
tingen und Halle Geschichte und Theologie. Nach-
dem er 1836 zu Jena promoviert, ging er nach Ita-
lien, wo er den Winter zu Nizza im Hause des Her-
zogs von Manchester zubrachte. Nach der Rückkehr
hielt er 1838 und 1839 Vorträge in Bern und wurde
1839 Professor in Basel. Schon hier stellte sich G.
die Aufgabe, den tiefer liegenden Gründen der un-
aufhaltsamen politisch-socialen und kirchlich-religiö-
sen Krise unsers Zeitalters nachzuforschen, zugleich
aber auch die Vorbedingungen einer fruchtbaren
Lösung derselben aufzusuchen. 1843 als Professor
an die Universität Berlin berufen, eröffnete G. nach
der Rückkehr von einer längern Reise durch Groß-
britannien und Frankreich sein akademisches Wirken
1844 mit der Antrittsvorlesung "Die ethische Be-
deutung der Geschichte für die Gegenwart" (Berl.
1844). Infolge einer lebensgefährlichen Erkrankung
sah sich G. 1850 genötigt, sein Lehramt aufzugeben.
1852 nahm er seinen bleibenden Wohnsitz in Basel
und gründete die "Prot. Monatsblätter für innere
Zeitgeschichte" (Gotha 1852-70). Während des
Neuenburgischen Konflikts zwischen Preußen und der
Schweiz arbeitete G., den Wünschen des schweiz.
Bundesrats und des Königs Friedrich Wilhelm IV.
entsprechend, in Bern und Berlin an dem erfolg-
reichen Versuche eines friedlichen Ausgleichs (Jan.
bis März 1857). 1866 ernannte ihn der Großherzog
von Baden zum Staatsrat, nachdem ihm schon
1863 die Oberleitung über die Erziehung und Stu-
dien des Erbgroßherzogs anvertraut worden war.
Im Auftrag des Deutschen Kaisers begab er sich
mehrmals, 1869 während des Vatikanischen Konzils
und später für längere Zeit nach Rom, um über die
kirchliche Situation Bericht zu erstatten. Am15. Aug.
1889 starb er auf dem Landsitz Witwald im Vasler
Jura. Seine hauptsächlichsten Schriften sind: "Die
drei letzten Jahrhunderte der Schweizergeschichte"
(2 Bde., Aarau 1838-39), "Die Religion im Leben
oder die christl. Sittenlehre" (Zür. 1839; 4. Aufl.
1863), "Die zwei ersten Jahrhunderte der Schweizer-
geschichte" (Bas. 1840), "Die deutsche poet. Littera-
tur seit Klopstock und Lessing nach ihren ethischen und
religiösen Gesichtspunkten" (Lpz. 1841; 2. Bearbei-
tung u. d. T. "Die neuere deutsche Nationallittera-
tur nach ihren ethischen und religiösen Gesichtspunk-
ten", 2 Bde., 1847-49: Bd. 1,3. Aufl. 1858), "Die
Strauhschen Zerwürfnisse in Zürich" (Hamb. u.
Gotha 1843), "Prot. Reisebriefe aus Frankreich und
Italien" (Zür. 1852; 2. Aufl. u. d. T. "Der kath.
Süden und Pius IX. nach der Revolution von 1848",
1868), "Martin Luther, der deutsche Reformator"
(Hamb. 1851; neue Ausg., Verl. 1883). - Vgl.
Curtius, Heinrich G. (Gotha 1892).
Gemächt, Bezeichnung für die Geschlechtsteile
der großen Tiere (auch der Menschen); ferner für
Butter, Fett und ähnliche Zuthaten von Speisen;
auch soviel wie Testament.
Gemachtes Papier, Gemachter Wechsel,
im Wechselverkehr ein Wechsel, der nicht vom Ver-
käufer, Wechselgeber, selbst ausgestellt, sondern nur
von ihm giriert ist. Ein vom Wcchselgeber selbst
ausgestellter Wechsel heißt dagegen ein Papier
oder Wechsel vonder H and, wohl auch Hand-
Wechsel. Ist beim Wechselschluß (s. d.) darüber
nichts ausgemacht, ob G. P. oder Papier von der
Hand geliefert werden soll, so kann der Verpflichtete
regelmäßig wählen, was er geben will. Wertvoller
ist natürlich das gemachte Papier, weil es dem
Nehmer durch die größere Zahl der Wechselunter-
schriften (Wechselverpflichteten) größere Sickerbeit
für die Zahlung gewährt, und der Berechtigte
braucht desbalb Papier von der Hand nicht zu neh-
men, wenn G. P. gehandelt ist.
Gemälde, s. Malerei.
Gemäldegalerie, s. Museum.
Gemar, Stadt im Kreis und Kanton Rappolts-
weiler des Bezirks Oberelsah, 5 Kin im O. von Rap-
poltsweiler, an der Mündung des Strengbachs in die
Fecht, hat (1890) 1219 E., darunter 37 EvaucMche,
Postagentur, Telegraph, beträchtliche Reste der 1340
angelegten Befestigungen; Weinbau und auf den
nahen Weihern großen Entenfang. G. wird bereits
im 8. Jahrh, urkundlich erwähnt. Die von Rudolf
von Habsburg 1287 erbaute Wolkenburg diente den
Herren von Rappoltstein später als Sommeraufent-
halt und wurde 1783 zerstört.