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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gerechtigkeitshand - Gerhard (Eduard)
das Gesetz Gottes zu erfüllen vermag, so würden
alle der gottlichen Strasgerechtigkeit verfallen sein,
wenn nickt die Güte Gottes, die allen die ewige
Seligkeit mitteilen will, dieses verhinderte. Die
Ausgleichung dieses Zwiespalts ward in dem Ver-
söhnungsopfer Christi gefunden (f. Versöhnung).
Im Gegensatz zu dieser rein jurist. Auffassung setzt
schon das Alte Testament die G. G. wesentlich in
die Treue Gottes, womit er seinen Bundeszweck mit
Israel aufrecht erhält und demgemäß Israel "Reckt
verschafft" unter den Völkern, aber auch alle, die
seinem Bundeszwecke zuwiderhandeln, bestraft. Die
Gerechtigkeit als ethische Eigenschaft Gottes ist da-
her die unwandelbare Durchführung feines sittlichen ^
Weltzwecks, die mit der sittlichen Weltregierung
überhaupt zusammenfällt, insbesondere aber aus
die Verwirklichung des Gottesreichs sich bezieht.
Gerechtigkeitshand, s. Gerichtshand.
Gerechtigkeitsritter, s. Rechtsritter.
Gerechtigkeitstheorie, die Lehre, daß ledig-
lich um der Gerechigkeit willen zu strafen fei. Wie
diefer Gedanke vergeltender Gerechtigkeit näher aus-
geführt werden foll gegenüber den im Strafrcchte!
obwaltenden praktischen Rücksichten, darüber gehen !
die Vertreter (Henke, Heffter, Abegg, Tcmme, H. von ^
Meyer) auseinander. - Vgl. Rüm^lin, Reden und
Auffätze (Neue Folge, Frei'b. i. Br. 1881).
Gerechtsame, s. Gerechtigkeit.
Gereh, pers. Längenmaß, s. Girre.
Gerengere, Fluß in Deutsch-Ostafrika, s. Kin-
Gerenrode, Stadt, s. Gernrode. > gani.
Ger^nt oder Ge reute (dav) nannte man bei
der ältern Verfassung der Salzwerke eine Rente,
d. h. die Einkünfte aus dem Sieden gewisser Anteile
von Sole, die zu bestimmten Zwecken, z. B. Aus-
lohnung von Arbeitern, milden Stiftungen diente.
Gerez, Caldas do, Badeort, f. Caldas.
Gergelimöl, soviel wie Sesamöl (s. d.).
Gergesener, Matth. 8,28 wahrscheinlich falfche
Lesart für Gadarener, s. Gadara.
Gergo (ital., spr. dscher-), das Rotwelsch, die
Gaunersprache in Italien.
Gergovla, Hochfläche im franz. Depart. Pny-
de-Döme in der Auvergne, 7 km im SSO. von
Clermont, in 744 in Höhe. Auf derselben lag die
gallische Stadt G. im Lande der Arverner, welche
Cäsar 52 v. Chr. vergebens belagerte und wo er
durch Vercingetorix geschlagen wurde. Nachdem die
Bewohner durch Augustus nach Nemetum (Cler-
mont) übergesiedelt waren, verfiel die Stadt. We-
nige Steinhaufen denten die Lage an.
Gerhab, mundartlicher Ausdruck für Vormund.
GerhardIII.,d er Gro ß e, Graf von H olstein,
geb. um 1292 als Sohn des Grafen Heinrich I. von
Rendsburg, dem er 1304 folgte, erweiterte fein Land
durch Krieg und Erbschaft. Er kämpfte für feinen
Neffen und Mündel Waldemar von Schleswig gegen
Christoph II. von Dänemark (Schlacht auf dem
Hesterberge bei Schleswig) glücklich und wurde von
seinem auf den dän. Thron erhobenen Neffen 15. Aug.
1326 ("Vormund des Reichs Dänemark") außer
mit Holstein und Stormarn, das er schon besah,
noch mit Südjütland belehnt, das nie wieder mit
Dänemark vereint werden sollte. In einem neuen
Kampfe mit Christoph besiegte er ihn völlig auf der
Lohheide 1331. Nach der Mündigkeitserklärung
Waldemars erhielt G. im Vertrage von Lübeck das
Herzogtum Schleswig als Pfand. Auf dem Zuge
nach Iütland ermordete ihn der jütische Edelmann
Niels Ebbesen 1. April 1340 zu Randers.-Vgl. Ber-
blinger, G. der Große von Holstein (Rendsb. 1881).
Gerhard VI., Graf von Holstein, Entel des
vorigen, wurde 1386 von der Königin Margarete
als Vormündern: ihres Sohnes Olaf mit Schleswig
als erblichem Herzogtum belehnt. Er fiel 4. Aug.
1404 mit der Blüte der Holstein. Ritterschaft im
Kampfe gegen die Dithmarschen.
^ Gerhard I., Erzbifchofvon Mainz (1251-59),
Sohn des Wildgrafen Konrad, wurde in sebr jugend-
lichem Alter gewählt, war an dem Rheinischen
^tädtebunde von 1254 hervorragend beteiligt; bei
der Wahl des Grafen Richard von Cornwallis zum
deutschen Könige gab, da G. während seiner Fehde
um die Nachlassenschaft des Heinrich Raspe von
Albrecht von Vraunschweig gefangen worden war,
der Kölner Erzbischof für ihn seine Stimme ab.
Gerhard II., Erzbischof von Mainz (1288-
1305), Graf von Eppenstein, lenkte 1292 die Königs-
wahl auf Adolf von Nassail, der ihm bedeutende
Privilegien zusicherte, kaufte 1294 das Eicksfeld,
kam aber später in Zwist mit König Adolf und
dessen Nachfolger Albrecht, dem er 1302 Bingen
abtreten mußte. Er starb 25. Febr. 1305. - Vgl.
Heymach, G. von Eppenstein, Erzbischof von Mainz
(Tl. 1,Straßb. 1880).
Gerhard, Steinmetz, unbekannter Herkunft, der
von 1248 bis zu seinem 1279 erfolgten Tode den
Bau des Kölner Domes leitete. 1247 erscheint in
Köln ein Steinmetz Gerard von Rile und ein weder
als Steinmetz noch als Baumeister anzusehender
Gerard von Ketwich. Inwieweit diese mit dem
Dombanmeister in Verbindung stehen, ist nock nicht
ganz aufgeklärt. G. schuf den Plan und baute den
untern Teil des Thores am Dome und erwies sich
als ein in der franz. Gotik bewanderter Meister.
Gerhard, Eduard, Archäolog, geb. 29. Nov.
1795 zu Posen, studierte zu BrMau und Berlin
und habilitierte sich dann zu Vreslau. Durch seine
gelehrten und scharfsinnigen "I^ctionez Apollo-
nmuH6" (Lpz. 1816) bereits vorteilhaft bekannt,
erhielt er eine Professur am Gymnasium seiner
Vaterstadt, die er aber infolge eines Augenübels
bald wieder niederlegte. 1819 und 1822 unter-
nahm er wissenschaftlicke Reisen nach Italien. In
Rom beteiligte er sich an der von Bunsen geleite-
ten Platnerschen "Beschreibung der Stadt Rom"
(3 Bde. mit 2 Bilderheften, Stuttg. 1830-42), für
die er unter anderm auch die Ausarbeitung eines
sämtliche Quellen der altröm. Topographie um-
fassenden ^cxlex äiplomaticu" übernahm, der iedoch
unvollendet blieb. Als 1828 der damalige Kron-
prinz, nachherige König Friedrich Wilhelm IV. von
Preußen, Italien bereiste, erlangte G. dessen Pro-
tektorat für einen alle archäologisch wichtigen ,>unde
und Sammlungen umspannenden Verein, der unter
dem Namen In8titnto äi coi-riZpoQäkuxa aroneo
loßica auf dem Kapitol zu Rom ins Leben trat.
1837 ward G. zum Archäologen am königl. Museum
zu Berlin, dann auch zum Mitgliede der Akademie
und Professor an der Universität ernannt. Er starb
12. Mai 1867 zu Berlin.
Von G.s zahlreichen Schriften sind auf philol.
Gebiet hervorzuheben: "Philol. Blätter" (anonym
mit F. A. Wernicke, 2 Hefte, Bresl. 1816-18),
"Griech. Mythologie" (2 Bde., Verl. 1854-55),
eine Ausgabe von Hesiods "Theogonie" (ebd. 1856);
auf archäol. Gebiet: "Antike Bildwerke" (7 Hefte,
Stuttg. 1827-39, Fol., mit 140 Kupfern), als