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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geschütz
teil bestehenden Flachkeilverfchluß konstruiert, der
ebenso wie der Kruppsche Rundkeilverschluß bald
den Doppelkeilverschluß verdrängen sollte. Der
Vorteil der großen Geschoßgeschwindigkeiten in-
folge gesteigerten Ladungsverhältnisses, der im
System der deutschen Küstenartillerie mit Ausgang
der sechziger Jahre allgemeinen Eingang gefunden
hatte, wurde durch eine 1873 erfolgte Neubewasf-
nung auch auf die deutfche Jeldartillerie übertrageil.
Die Grundlage bildete eine vou Krupp bereits er-
probte Konstruktion, die mit mancherlei Abände-
rungen als (^73 aus den Verfucken hervorging.
Man wählte das st ablerne Mantelrohr ls.
Fig. 33). Das Kernrohr ^ reicht bier von der
Mündung bis zur vordern Fläche des Keillockv;
Fig. 23. ^
die hintere Hälfte desselben ist von dem (warm
aufgelegten) Mantel N umgeben, der zugleich das
Rohr bis zum hintern Ende fortfetzt, den Verschluß
aufnimmt und diesem als Widerlager dient. Vor-
wärts des Mantels, denselben fortfetzend, sitzt der
Diebelring 1). Die Konstruktion des Mantelrohrs
ist einfacher als diejenige des Ringrohrs und außer-
dem richtiger, weil bei ihr das Kernrohr nicht auch den
beim Schuß auftretenden Längszug zu übernehmen
braucht. Im I n n e r n zerfällt das Rohr vom Keilloch
nach vorwärts in den Pulverraum II, den hintern
Übergangskegel I, den Gefchoftraum I<, den vor-
dern Übergangskegel 1^ und den gezogenen Teil ^1
mit 24 Keilzügen und 50 Kaliber Dralllänge. Hin-
ter dem Keilloch ist dao Ladeloch tt. ('ist dao
Muttergewinde für die Zündlochschraube, letztere,
die den obern Teil des Zündtanals bildet, ist
auf Tafel: Geschütze I, Fig. 2 ersichtlich; an die
Schraube schließt sich das Zündlochfntter des Ver-
schlusses, und der im Rohr und im Verschluß an-
gebrachte Zündkanal mündet im Pulverraum in der
Na. 2i.
Hohe der Scclenachse und hat zu letzterer eine fcbräge
Stellung. Der zugehörige Rundkeilverschluß
ist in Fig. 24 für sich abgebildet. Der Rundteil
felber fetzt fich aus einem vordern prismatischen
und einem hintern halbcylindrifchen oder Rundteil
zusammen, ersterer ist entsprechend dem Keilloch von
links nach rechts verjüngt. Eine Schraube mit Kur-
bel dient zum Feststellen und Lüften, letztere anch
zu den größern Seitwärtöbewegungen des Keils;
rechts hat der Keil ein Ladeloch; in der vordern
Fläche ist eine Stahlplattc eingelassen. Inwieweit
der Dichtungsring sLideruugsring ('/73) vom
Broadwetl-Ring abweicht, ergiebt die Darstellung des
erstern in Fig. 25 und der Vergleich mit Fig. 22.
Neuerdings ist statt des Stahlrings ein Kupferring
eingeführt, der die Au^drehung an der Außenseite
nicht zeigt. lS. Liderung und Liderungsring.) Die
gesamten Konstruktionsverhältnisse wirken auf eine
große Widerstandsfähigkeit des Rohrs gegenüber
der erhöhten Ladung hin.
Die Einrichtung desAuffa tz e s ist in Fig. W
dargestellt; das Visier läßt sich seitwärts schrauben,
um die vermöge der Derivation (f. Flugbahn) ein-
tretenden regelmäßigen Seitenabweichungen der
Geschosse auszugleichen.
Die deutsche Feldartillerie hatte bis 18W zwei
Kaliber: 7,85 cm und 8,8 cm; seit diesem Jahre
besteht nur noch das letztere, welches auf Tafel: Ge-
schütze I, Fig. 2 in einer Ge-
samtansicht abgebildet ist. Die
Lafette hat Wände aus Stahl-
blech, die an der obern und un-
tern Kante umgekröpst sind, ihre
Auseinanderstellung nimmt nack
der Protze zu ab. Die Richtmafchme bat eine
Doppelschraube; auf der Achse zu beiden Seiten
der Lafettenwände ist je ein Sitz für Mannschaften
angebracht. Die Räder haben Naben von Bronze
und können durch Bremsvorrichtungen gehemmt
werden. Eine Ose am hintern Ende der Lafette
wird auf den Protzhaken der
Protze gehängt und findet
derart die Verbindung beider
statt. Die Protze hat ein
stählernes Gestell und darauf
einen Kasten von Stahlblech,
der die Munition und einen
Teil des Zubehörs aufnimmt.
Der Deckel des Protzkastens
ist als Sitz für drei Mann eingerichtet. Der Druck
des rückwärtigen Endes der Lafette auf den Protz-
kasten gleicht den Vorderdruck der Deichsel zum
größten Teil aus. Die Geschosse sind in Fig. 25,
26,28 des Artikels Geschoß abgebildet^ Neuerdings
hat die deutsche Feldartillerie nur das Shrapnel (Ml
und die Sprenggranate und Kartätsche ss. Geschoß,
S. R)7I>). Die Ladung besteht auv rauchlosem Ge-
schütz-Blättchen-Pulver in einem Seidentuchbeutel.
In Osterreich-Nngarn konnte man sich nach
dem Teutsch-Französischen Kriege von) 870 und 1871
der Einsicht nicht verschließen, daß das
bioberige Feldgeschütz nicht die ge-
hörige Leistungsfähigkeit besitze und
ullterBeibehaltuug der Vorderladung
auch uicht auf eine folche gebracht
werden könne. Krupp stellte die glei-
chen G. zur Verfügung, von denen
man bei Konstruktion der deutfchen
Feldgefchütze von 1873 ausgegangen
war. Aus nationalökonomifchen
Gründen nahm man indes nicht den
Stahl, sondern die Hartbronze (f.
Gefchützbronze) als Rohrmaterial an, ^
schloß sich aber im übrigen den Kon- Fig. 26.
ftruktionsverhältnissen der Krupp-
schen G. an. Statt des Rundteil- wurde ein F lack -
keilverschluß mit kupfernem Broadwell-
Ring gewählt ls. Fig. 27). Die Lafette ist der deut-
fchen ähnlich eingerichtet. Das Kaliber ist, nachdem
das frühere leichte Kaliber von 7,5 cm auch neuer-
dings verlassen ist, nur noch das von 8,7 cm. Die
hartbronzenen Rohre haben 2! Parallelzüge mit
Fig. ?.">.