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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Glückshaken – Glückstadt

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Glückshafen'

aus Italien nach Deutschland eingeführt wurde und ihren Namen davon hat, daß die Lose in Häfen oder Töpfe gelegt und aus denselben gezogen wurden. Die ältesten G. in Deutschland – 1470 in Augsburg, 1477 in Erfurt, 1480 in Gmünd, 1489 in Nürnberg – waren mit Schießen verbunden, denen der erzielte Gewinn zu teil wurde. Der Name eines jeden, der ein Los nahm, wurde auf einen besondern Zettel geschrieben und in einen Hafen eingelegt; in den zweiten Hafen kamen ebensoviele weiße Zettel, von denen dann so viele beschrieben wurden, als es Gewinne gab. Zuerst wurde ein Name aus dem ersten, dann ein Zettel aus dem zweiten Hafen gezogen. Die Verlosungen fanden mit großem Gepränge unter obrigkeitlicher Leitung statt; die Gewinne waren meist silberne Geschirre oder Schmuckgegenstände. Später wurde mannigfache Schwindelei damit getrieben und die G., die man Privatpersonen, Glückshafner genannt, häufig gestattete, dazu benutzt, sonst unverkäufliche Sachen an den Mann zu bringen. In manchen Städten der Niederlande wurden aus den Gewinnen die Spitäler erhalten. Heute dient der Gewinn ausschließlich zu wohlthätigen und gemeinnützigen Zwecken.

Glückshaken, s. Bergbohrer.

Glückshändchen, s. Gymnadenia.

Glückshaube (Wehmutterhäublein) heißen die menschlichen Eihäute, wenn sie nicht, wie gewöhnlich, während der Geburt zerreißen, sondern an dem Kinde hängen bleiben, sodaß das letztere noch von den Eihäuten verhüllt geboren wird. Kinder mit G. sind nach dem Volksglauben Glückskinder. Die G. wird in vielen Gegenden sorgfältig aufbewahrt und dem Kinde entweder als glückbringendes Amulett in die Kleider genäht oder in einer Eierspeise zum Essen gegeben. Nach dem Aberglauben der Nordländer hatte der Schutzgeist oder ein Teil der Seele in der G. seinen Sitz. Eine besondere Zauberwirkung schrieb man ihr auf die advokatorische Beredsamkeit zu, weshalb die Hebammen einen Handel mit den G. betrieben.

Glücksrad, ein Rad, an dessen Kranz menschliche Figuren angebracht sind, die, dem Umschwunge des Rades folgend, abwechselnd auf und ab steigen; es wurde in der mittelalterlichen Kunst als Symbol des Wechsels im Geschicke des Menschen verwendet. Vgl. Weinhold, G. und Lebensrad (Berl. 1892). – Mit G. bezeichnet man auch die Räder, Trommeln und ähnliche Apparate, aus denen bei Glücksspielen die Lose, Gewinne u. s. w. gezogen werden.

Glücksritter, s. Abenteuer.

Glücksspiel, jedes Spiel um einen Vermögenswert, dessen Ausgang allein oder wesentlich vom Zufall abhängt. Das G. ist nach deutschem Strafrecht in dreifacher Beziehung strafbar:

  • 1) Wer aus dem G. ein Gewerbe macht, wird mit Gefängnis bis zu 2 Jahren bestraft (fakultativ auch mit Geldstrafe von 300 bis zu 6000 M. sowie Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte). Ist der Verurteilte ein Ausländer, so ist die Landespolizeibehörde befugt, denselben aus dem Bundesgebiete zu verweisen.
  • 2) Der Inhaber eines öffentlichen Versammlungsortes, welcher G. daselbst gestattet oder zur Verheimlichung solcher Spiele mitwirkt, wird mit Geldstrafe bis zu 1500 M. bestraft.
  • 3) Wer unbefugt auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einem öffentlichen Platze oder in einem öffentlichen ↔ Versammlungsorte G. hält, wird mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft bis zu 6 Wochen bestraft.

Auch kann auf Einziehung der auf dem Spieltische oder in der Bank befindlichen Gelder erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht (§§. 281, 285, 360, Nr. 4). Hieraus ergiebt sich, daß das G. nicht unbedingt strafbar ist. Der Selbstspieler macht sich nur strafbar, wenn er gewerbsmäßig spielt. Im übrigen ist nur die Gewährung der Gelegenheit zum G. durch dritte Personen – Bankhalter und Wirte – unter der Voraussetzung zu 2 und 3 mit Strafe bedroht. Nicht zum G. gehören solche Spiele, welche um Objekte gespielt werden, denen nach gesellschaftlicher Anschauung die Bedeutung eines Vermögenswertes abgesprochen wird und die deshalb als harmlose gesellige Unterhaltungen angesehen werden. Dabei ist aber die allgemeine gesellschaftliche Anschauung vorausgesetzt; diejenige einzelner Geschäftskreise, die Vermögenslage des einzelnen Spielers und ob er den Verlust des Einsatzes ohne nachteilige Folgen für seine Vermögensverhältnisse ertragen kann, ist für den Begriff des G. an sich gleichgültig und kann nur von Bedeutung werden, wenn es sich um das gewerbsmäßige G. handelt. Der bezahlte Croupier ist nicht Spieler, weil er als solcher den Chancen des Spiels nicht unterworfen ist; er kann aber als Gehilfe bestraft werden. Als G. sind angesehen worden: Tempel, Kümmelblättchen, Dreikart, Kartenlotto (Gottes Segen bei Cohn), Mauscheln, Lustige Sieben, Roulette, Rouge et noir, Trente et quarante u. a. Durch das Gesetz vom 1. Juli 1868 sind die öffentlichen Spielbanken in Deutschland geschlossen worden. Von dem G. sind die Ausspielungen und Lotterien (s. d.) und die Wetten (s. d.) zu unterscheiden. Die letztern können zu G. und deshalb strafbar werden, wenn die Absicht der Kontrahenten in Wahrheit nicht auf die Austragung einer Meinungsdifferenz, sondern vielmehr auf die Erzielung eines Gewinnes gerichtet war. Mit Rücksicht hierauf sind in der Rechtsprechung des Reichsgerichts die sog. Wetten bei Pferderennen – das Buchmachen und die Wetten am Totalisator – für G. erachtet worden. Es ist also die unbefugte Haltung eines Totalisators strafbar; sie kann aber befugt und damit straflos werden, wenn sie verwaltungsseitig gestattet ist. – Nach dem Österr. Strafgesetzbuch von 1852 ist das G. bei Strafe von 10 bis 900 Gulden verboten (§. 522); der Entwurf von 1880 hat wesentlich dieselben Bestimmungen wie das Deutsche Strafgesetz. Über die beschränkte Verfolgbarkeit der Ansprüche aus G. s. Spiel und Wette. – Vgl. Brück, Über Spiel und Wette (Greifsw. 1868); Schuster, Das Spiel, seine Entwicklung und Bedeutung im Deutschen Recht (Wien 1878).

Glücksspinnchen, s. Sammetmilbe.

Glückstadt, Stadt im Kreis Steinburg des preuß. Reg.-Bez. Schleswig, 46,5 km unterhalb Altona, in der fruchtbaren Kremper Marsch, am Ausfluß des Rhins in die hier 3 km breite Elbe, an der Linie Elmshorn-Heide der Preuß. Staatsbahnen, mit Dampferverbindung nach Wischhafen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Altona), Eisenbahnbetriebsamtes (351,32 qkm Bahnlinien) der Eisenbahndirektion Altona, einer Wasserbauinspektion, eines Nebenzollamtes erster Klasse und eines Kreditvereins, hat (1890) 5958 (3386 männl., 2572 weibl.) E., darunter 194 Katholiken und 31 Israeliten, Post zweiter Klasse, Telegraph; Freiwillige

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 91.