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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Görgey - Gorgias
Görgey (spr. görrgei), Arthur, ungar. Revolu-
tionsgeneral, geb. 30. ^an. 1818 zu Toporcz im
Zipser Komitat Oberungarns, trat 1837 als Lieute-
naut iu die königlich ungar. adlige Leibgarde. Nach
dem Tode seiues Vaters ichied er 1845 aus der Armee,
ging nach Prag, wo er Chemie studierte, trat 1848
mit dein Range eines Hauptmanns in die ungar.
Honvedarmce und erhielt, bald zum Major befördert,
den Befehl, die mobilen Nationalgarden im Kreifc
dicsseit der Theiß zu organisieren. Gegen Ende Sep-
tember wurde G. beim Anmarsch des Vanus Iella-
chich nach der Insel Cscpel gesandt, wo er 2. Okt.
1848 den mit Proklamationen vom Van aufge-
fangenen Grafen Eugen Zichy kriegsrechtlich hin-
richten ließ. Diese That brachte G.s Namen in aller
Mund. Er kam alsdann mit seiner Abteilung zu
dem Korps des Obersten Moritz Perczel, zwang bei
Ozora die taiserl. Truppen zur Waffenstreckung
(7. Okt.), wurde zum Obersten ernannt (8. Okt.),
folgte nach der Schlacht bei Schwechat dem Gene-
ral Moga im Oberkommando der ungar. Nord-
armee (15. Nov.) und wurde zugleich zum General
befördert. Er zog sich, als Windischgrätz 16. Dez.
1848 den Einmarsch begann, über Raab und Pest
nach Waitzen zurück, wo er 5. Jan. 1849 eintraf
und eine Proklamation erließ, in der er alle Schuld
der bisherigen Mißerfolge auf den Landcsver-
teidigungsausfchuß schob und nur die von König
Ferdinand sanktionierte Verfassung zu verteidigen
erklärte. Von Waitzen aus führte er die wichtige
Aufgabe, durch seinen Rückzug in die Bergstädte
den Feind von der kürzesten Linie nach Dcbrcczin,
dem einstweiligen Regierungssitze, abzulocken, in
geschickter Weise aus. Das Mißtrauen des Landes-
verteidigungsausschusses und der Regierung gegen
G., namentlich seit der Waitzcner Proklamation,
hatte die Übertragung des Oberkommandos an den
Volcn^ Dembinski (Anfang Febr. 1849) zur Folge.
In seinem Ehrgeize tief verletzt, äußerte sich G.s
Groll zunächst bei Kapolna (26. bis 28. Febr.), wo
er mit seinem Korps zu spät eintraf, sodaß die von
Dembinski geleitete Schlacht wenigstens unent-
schieden blieb. Nunmehr ging der Oberbefehl von
letztcrm an Vetter und nach dessen Erkrankung An-
fang April wieder an G. über.
Der nun folgende Aprilfeldzug lieferte in einer
ununterbrochenen Reihe von Siegen, wie zu Gö-
döllö (7. April), Waitzen (9. April), Nagy-Sarlo
(19. April), der Entsetzung von Komorn (24. April),
der Schlacht bei Acs oder Waitzen s28. April), wo-
durch Welden zum Rückzug nach Preßburg genö-
tigt ward, glänzende Beweise für G.s Fcldherrn-
talent. Anstatt jedoch jetzt offensiv gegen die österr.
Grenze vorzudringen, wendete er sich nach Ofen,
das die Österreicher unter Hentzi noch besetzt hielten,
und nahm nach dreiwöchiger Belagerung 21. Mai
die Ofener Feste mit Sturm. Die Würde eines
Feldmarschalls, die ihm Kossuth zum Lohne anbot,
lehnte G. ab, übernahm aber das Portefeuille des
Krieges im Ministerium Szemere. Während G.
nach der Einnahme von Ofen drei Wochen uuthätig
verstreiten lieft, waren die Russen infolge des In-
terventionsvcrtrags mit Österreich von mehrern
Seiten her in Ungarn eingedrungen. Eifersucht
und Meinungsverschiedenheiten zwischen G. und
Kossuth gaben jetzt dem Kriege eine verhängnisvolle
Wendung. G. weigerte sich, den Rückzug nach der
Theiß anzutreten, und wagte, durch das weitere
Vordringen der Russen von der Hauptstadt und dem
Regierungssitze Szcgedin abgeschnitten, 11. Juli
1849 noch die Schlacht bei Komorn, erlitt aber eine
Niederlage, mußte sich in die Festung Komorn
zurückziehen und endlich 13. Juli den Abmarsch
nach der Theiß beginnen. Die Russen folgten, ohne
daß sie ihn wirklich erreichten, bis er endlich, durch
bedeuteud geschwächt, 8. Aug. in Arad eintraf, wo-
hin sich bereits die Regierung geftüchlet hatte.
Dcmbinski, statt sich kriegsministeriellem Befehle
gemäß ebenfalls nach Arad zurückzuziehen, hatte
sich nach der feindlichen Festung Temesvar gewen-
det und hier 9. Aug. eine völlige Niederlage er-
litten. Die offizielle Kunde davon traf 10. Aug. in
Arad ein. Schon vorher hatte G. gegenüber KoMt!)
erklärt, daß er, falls sich die Niederlage Tembinskis
bestätige, sofort die Waffen strecken werde. Zugleich
hatte, namentlich auf G.s Drängen, die ungar.
Regierung den Beschluß gefaßt, dem Kaiser von
Rußland die ungar. Krone anzutragen, und G., der
mit den Russen schon seit dem 21. Juli in Verbin-
dung getreten war, sollte mit der Ausführung des
Beschlusses betraut werden. Unter solchen Umstän-
den nun richtete G. an Kossuth, der gegen die Waf-
fenstreckung keinen Widerspruch erhob, aber sie selbst
zu vollführen keine Neigung zeigte, die Forderuug,
in aller Form abzudanken und ihm die böchste Ge-
walt zu übertragen. Am 11. Aug. erhielt darauf
G. die Diktatur und ergab sich bereits 13. Aug. bei
dem Flecken Vilägos mit 20000 Mann Infanterie,
2000 Mann Kavallerie und 130 Geschützen den
Russen unter Rüdiger auf Gnade und Ungnade.
(S. Ungarn.) G. selbst wurde nach seiner Ergebung
begnadigt und in Klagenfurt interniert, wo er bis
1867 als Privatmann und Chemiker in der Moro-
schen Tuchfabrik lebte; dann kehrte er nach Ungarn
zurück. Eude 1872 wurde er bei der Linie Schäft-
burg-Neps der Siebenbürg. Ostbahn angestellt. G.s
Werk: "Mein Leben und Wirken in Ungarn in den
1.1848 und 1849" (2 Bde., Lpz. 1852), ist die Recht-
fertigung seines Verfahrens gegen den oft erhobenen
Verdacht des Verrats. 1881 hat er feine Handlungs-
weife vor und während der Wasfenstreckung bei Vi-
lägos gegenüber den Angriffen Kossuths in dessen
"Schriften aus der Emigratiou" erfolgreich vertei-
digt, und 1885 überreichte ihm eine Deputation von
260 hervorragenden Waffengefährten eine öffentliche
Ehrenerklärung. G. lebt jetzt zurückgezogen in Vise-
grad.-Vgl. Horn, Arthur G., Obertommandant der
ungar. Armee (Lpz. 1850); Kmety, A. G.s Leben und
Wirken in Ungarn (Lond. 1853); Aspermann, Ein
offenes Wort in der Sache des Honvedgenerats A. G.
(ungarisch, Klausenb. 1867); Stephan Görgei, 1848
68 1849 döi (2 Bde., Budapest 1885).
Gorglas, griech. Sophist und Rhetor zur Zeit
des So'krates aus Leontini in Siciüen, gebildet
in den Rednerschulen des Korar und Tisias, kam
427 als Gesandter seiner Vaterstadt nach Athen,
wo er durch seine blumenreiche Redekunst großes
Aufsehen machte und längere Zeit verweilte, trat
dann nach Art der sophisüfchen Lehrer ein Wander-
leben durch Griechenland an und starb um 380
v. Chr., über 100 I. alt, in dem thessal. Larissa.
Er zog, von den Lehren des Empedokles und der
Eleatcn beeinflußt, die nihilistischen Konsequenzen
der Sophistit am rücksichtslosesten, indem er lehrte,
es sei Nichts, und wenn Etwas wäre, sei es uner-
kennbar, und wenn es Erkenntnis gebe, sei sie nicht
mitteilbar. Unter seinem Namen sind noch zwei