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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Grassteppen - Gratianus
sind: "Die Formenlehre oder Mathematik" (Stettin ,
1872), "Die Ledenslehre oder Biologie" (2 Bde.,
ebd. 1882-83), "Die Philosophie oder Wissens- !
lehre" (4 Bde., ebd. 1890), "Die Sprachlehre oder ^
philos. Grammatik" (ebd. 1890), "Die Staatslehre !
oder Politik" (2 Bde., ebd. 1890), "Die Verkehrs- z
lehre oder die Lehre vom Zaus und Gewerbe" (ebd.
1.890), "Die Wesenslehre oder die Lehre von den
Wesen des Alls" (ebd. 1890), "Die Gotteslehre I"
(ebd. 1890) u. a. Die Buchdruckerei (Firma "R.
Grahmann", gegründet 1848) hat 2 Dampfmaschinen
(25 Pferdestärken), 13 Pressen, 30 Hilfsmaschinen,
Schriftgießerei, Galvanoplastik, Stereotypie, Buch-
binderei und 127 beschäftigte Personen. Der Verlag
umfaßt die Werke G.s, Schulbücher, die "Stettiner
Zeitung" (seit 1865, 11000 Auflage), die "Pom-
merscbe Zeitung" (seit 1865, 12000 Auflage) und
das "Stettiner Tageblatt" (seit 1877, 25000 Auf-
lage), alle drei freikonservativer Richtung und von
G. selbst redigiert.
Grassteppen, s. Steppe. Waroidharz.
V>ra.88"treo-3Uln (engl., spr. trih go'mm), s.
Graswangthal, Thal in Oberbayern, die obere
von W. nach O. gerichtete Stufe des Thales der
Ammer (s. d.). Hauptort ist das Dorf Graswang
(827 m) mit bayr. Zollamt.
Graswebe, s. Altweibersommer.
Grat, in der Technik eine linienartige Erhöhung,
z. V. die Barbe (s. d.) in der Kupferstechkunst, die
Gußnaht (s. d.) bei Gußwaren; in der Architektur
auck soviel wie First (s. o.); in der Orographie ist
G. soviel wie Kammlinie.
Grateifen, ein Hobeleisen, s. Hobel.
Gräten, s. Fische (Bd. 6, S. 827 d).
0ra.tia. (lat.), Gunst, Gnade, Anmut, Dank: 6.
ßi-atiain Mrit, Gunst erzeugt Gunst, soviel wie: Eine
Liebe ist der andern wert; dona Fi-atia, mit gutem
Willen, mit Dank; vei A-atia, s. Gottes Gnaden.
vratiav (Grazien), röm. Bezeichnung der von
den Griechen Chariten (s. d.) genannten Göttinnen.
<Hr2.ti2.s sxpsota.tiva.s, s. Erspektanzen.
Gratial (neulat.), Erkenntlichkeit, Trinkgeld.
Gratianopölis, seit Kaiser Gratian (375-383
n. Chr.) Name des alten Städtchens Cularo an der
Isara (Isere), jetzt Grenoble (s. d.).
Gratianus, röm. Kaiser, geboren als der älteste
Sohn des röm. Feldherrn (spätern Kaisers) Valen-
tinian (1.) 359 n. Chr. zu Sirmium, erhielt seine
Erziehung von dem Dichter Ausonius. Von seinem
364 mit dem Purpur geschmückten Vater 24. Aug.
367 zu Amiens zum Augustus ernannt, muhte G.
die Negierung selbst antreten, als sein Vater 17. Nov.
375 plötzlich in Pannonien starb. Unmittelbar be-
herrschte er nur die westl. Provinzen Britannien,
Gallien und Spanien; seinem Stiefbruder Valen-
tinian II. (über dcn G. aber eine Art väterlicher
Leitung ausübte) überließ er großmütig die illyr.
und die italischen Länder. G. gab sofort die kluge,
tolerante Kirchenpolitik auf, die fein Vater befolgt
hatte. Die Auffassung der Homousianer wurde für
katholisch erklärt, zunächst den Arianern und Dona-
tisten der Krieg erklärt, die Arianer namentlich in
Italien aller Kirchen beraubt. Der Ausbruch des
schweren Krieges zwischen den Oströmern und den
durck die Hunnen nach der Donauhalbinsel gedräng-
ten Westgoten veranlaßte G., seinem Oheim Valens,
dem Kaiser des Ostens, zu Hilfe zu ziehen. Auf dem
Marsche wurde er aber durch den Ausbruch eines
Krieges mit den Alamannen aufgehalten. G. ge-
wann im Mai 378 die große Schlacht bei Argen-
taria (jetzt Horburg an der III) und drang tief in
den Echwarzwald ein. Eifersüchtig auf diesen Sieg,
wagte Valens vor der Anknnft des Neffen den
Kampf bei Adrianopel (9. Aug. 378) mit den Go-
ten, in welchem er eine furchtbare Niederlage erlitt
und selbst den Tod fand. G. ernannte hierauf den
Theodosius zum Kaiser des Ostens (19. Jan. 379)
und unterstützte ihn bei der Zurückdrängung der
Goten. 382 legte G. die Stellung als röm. Pon-
tifer Marimus nieder, welche die christl. Kaiser noch
immer beibehalten hatten. Bei den Arianern wie
bei den Heiden gleich unbeliebt, wurde er endlich
auch bei denOrthodoren mit Mißbehagen angesehen,
weil er die neue ascetische Sekte derPriscillianisten
nicht verfolgte. Da auch die Armee verstimmt war,
weil G. als eifriger Jäger die neu in seine Dienste
getretenen Alanen bevorzugte, so gelang es einem
span. Offizier, Clemens Magnus Maximus, im
Sommer 383 die Legionen in Britannien zum Ab-
fall zu bestimmen und selbst als Usurpator aufzu-
treten. Dann ging er nach Gallien hinüber und ge-
wann Heer und Volk, wo er hinkam. Bei Paris
gingen G.' letzte Truppen zu Marimus über. Der
Kaiser flüchtete nach Lyon, wurde hier aber 25. Aug.
383 in dem kaiserl. Schlosse durch denNeitergeneral
Andragathius bei Tische niedergehauen.
Gratianus, Gegenkaiser des Honorius, war
der zweite der beiden Usurpatoren, die in der Not-
zeit des I. 407 n. Chr. nacheinander von den brit.
Legionen erhoben und bald wieder gestürzt wurden.
G. hatte nur vier Monate den PuiMi gckagM.
Gratianus, der Sammler des sog. veore-
wui (^rktiHui, von Geburt Italiener, war Kamal-
dulensermönch des Klosters San Felice in Bologna.
Seine Bedeutung beruht darin, daß, während vor
ihm das kanonische Recht nur als Bestandteil der
Theologie Unterrichtsgcgenstand bildete, er das-
selbe zum Range einer eigenen Disciplin erhob und
so Begründer der kanonistischen Wissenschaft wurde.
Er schrieb um 1139 einen Grundriß, in welchem er
^Q0Q63 aus frühern kirchenrechtlichenSammlungen
systematisch zusammenstellte und durch kurze eigene
Ausführungen (äictH (^i-Htikni) miteinander ver-
band. Der Titel des Ganzen ist "^oncorä^mi".
(liZcoräHutiuin cHnonum", weil der Verfasser die
Absicht hatte, die Widersprüche der kanonischen Be-
stimmungen in Harmonie zu bringen; später ist das
Werk I)6cr6tuni genannt worden. Gratian, dessen
Lehrerstellung durch die ihm von seinen Schülern
gegebene Bezeichnung NaZiztei- bekundet wird, hat
das Jahr 1161 nicht mehr erlebt.
Schon durch einen Schüler Gratians, Pauca-
palea, sind ergänzende ^anou63 eingefügt worden,
die sich in späterer Zeit bis auf die Zahl von 166
vermehrt haben und I'aieae genannt wurden. Ob-
gleich das Werk niemals seitens der Päpste mit ge-
setzlichem Charakter bekleidet worden ist, so ist es
doch von ihnenbenutzt und von derEchule zuGrunde
gelegt worden, und hat so auch einen tiefgehenden
Einfluß auf die Praxis ausgeübt, der erst seit Be-
ginn der offiziellen Dekretalensammlungen geschmä-
lert wurde. Nach dem Konzil von Trient setzie
Papst Pius IV. eine Kommission von Kardinälen
nieder mit der Aufgabe, die den tridentinifchen Be-
schlüssen widersprechenden Stellen des Dekrets aus-
zuscheiden, die sog. corl'6et0i'65 Rouikni. So kam
die offizielle 6äitio ^omana zu stände; spätere Aus-
gaben besonders von I. H. Böbmer und E. Nichter.