Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

298
Greiffenstein - Greifswald
Linie Görlitz-Lauban-Hirschberg und den Neben-
linien G.-Friedeberg (8,7 I^m) und Löwcnberg-G.
(23kin) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amts-
gerichts (Landgericht Hirschbcrg), Zoll- und Steuer-
amtes und hat (1890) 3460 E./darunter 716 Katho-
liken, Post zweiter Klasse, Telegraph, Vorschuß-
verein, Stadtsparkasse, Gasbeleuchtung, evang. und
kath. Kirche mit der Familiengruft der Grafen
Schaffgotsch, Diakonissenanstalt, Eisengießerei, Lein-
weberei, Leinwanddruckerei und Färberei, Bleichen,
Fabrikation von künstlichem Dünger, Cigarren,
Schwefelsäure, Peitschenriemen, Filzschuhen, Leder,
Strumpf- und Wollwaren sowie einen Basaltbruch.
Etwa 2 km südlich auf einem bewaldeten Bergkegel
die Trümmer der Burg Greiffenstein (424 m),
in der Nähe derselben die Leopoldskapelle. - 2) G.
in der Ukermark, Stadt im Kreis Angermünde
des preuß. Reg.-Vez. Potsdam, 9 km im NW. von
Angermünde, an der Sarnitz und an der Linie Anger-
münde-Pasewalk-Stralsund (Bahnhof 2 km ent-
fernt) der Preuß. Staatsbahnen, hat (1890) 1337
meist evang. E., Post, Telegraph und Töpferei. In
der Nähe eine Burgruine und die grast. Redernschen
Güter. - 3) G. (Gräfinburg), Schloßruine bei
Trarbach (s. d.).
Greiffenstein, bewaldeter Bergkegel und Burg-
ruine bei Greiffenberg (s. d.) in Schlesien.
Greiffchwanzaffen, eine Ordnung der süd-
amerik. Affen, deren Schwanz an der untern Seite
nackt und geschickt zum Umfassen von Zweigen u. dgl.
ist. Zu ihnen gehören die Brüll-, Stummel- und
Wollaffen. (S.Äffen.)
Greifstachler, s. Stachelschweine.
Greifswald. 1) Kreis im preuß. Reg.-Vez.
Stralsund, hat 962,40 qkm, (1890) 59 868 (29 069
mä'nnl., 30 799 weibl.) E., 4 Städte, 35 Landge-
meinden und 147 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im
Kreis G., 5 km vom Greifswalder Bodden,
einem Busen der Ostsee, am
Ryck (früher Hilda), der den
^tadthafen und die Wasser-
straße bildet, welche nach dem
Vorhafen zu Wiek und der
Reede führt, an derLinieAnger-
münde-Stralsund der Preuß.
Staatsbahnen, Station der
Dampfer nach Rügen und Sitz
desLandratsamtes,einesLand-
gerichts (Oberlandesgericht Stettin) mit 11 Amts-
gerichten (Anklam,Varth, Bergen auf Rügen, Dem-
min, Franzburg, G., Grimmen, Loitz, Stralfund,
Treptow a. d. Tollense, Wolgast) und einer Kammer
für Handelssachen, eines Amtsgerichts, Nebenzoll-
amtes erster Klasse, einer Eisenbahnbauinspektion,
Rcichsbankncbenstelle und Kaufmannscompagnie
(Handelskammer) fowie mehrerer Konfuln (Däne-
mark, Portugal, Schweden und Norwegen), ist im
ganzen regelmäßig gebaut und hat (1890) 21624
(10410 männl., 11214 weibl.) E., darunter 813 Ka-
tholiken und 164Israeliten; in Garnison (586Mann)
das 3. Bataillon des 42. Infanterieregiments Prinz
Moritz von Anhalt-Dessau, Postamt erster Klasse,
Telegraph; 3 evang. Kirchen (13. Jahrh.), von denen
die Nikolaikirche, mit Turm (100 m), alter Biblio-
:hek und einigen Bildwerken, im 14. Jahrh, aus
einer Hallenkirche zur Basilika umgebaut ist, eine
kath. Piuskirche (1871), ein ursprünglich frühgot.
Rathaus, Ziegelrohbau des 13. Jahrh, mit Archiv,
eine neue Kaserne, eine Moor- und Solbadeanstalt
(1871) mit alter Solquelle, Wasserwerk, Gasanstalt
und städtisches Schlachthaus: eine Kranken- und
Siechenanstalt (Martinstift), mehrere Altersversor-
gungs-undArmenanstaltcn,Waisenhaus,Rettungs-
haus sür Mädchen, einen Vorschußverein, eine Vto-
biliar-Brand- und Hagelversicherung.
Die Universität ward 1456 auf Veranlassung
des Bürgermeisters Heinr. Rubenow von Wrati-
slaw IX. von Pommern-Wolgast gestiftet. Während
des Eindringens der luth. Lehre m Pomniern
geriet sie in Verfall, ward aber 1558 durch Herzog
Philipp I. von Pommern als prot. Hochschule
wiederhergestellt. Ernst Ludwig erbaute 1591 ein
neues Universitätsgebäude und Bogislaw XIV.
schenkte ihr 1634 einen großen Teil der Güter
des Klosters Eldena, aus deren Einkünften sie noch
jetzt ihren Unterhalt größtenteils bezieht (1892/93:
288 254 M. Staatszuschuh). Nach seinem Tode
(1637) begünstigte die Konigin Christine von
Schweden die Universität sehr. An Stelle der
alten Universitätsgebäude wurde 1750 ein neues
im Barockstil von Andreas Mayer errichtet. Die
neuen Bauten, die seit der 400jährigen Jubelfeier
(1856) errichtet sind, sind Backsteinrohbauten', nach
1870 sind erbaut die Anatomie, das Pathologische
und Chemische Institut, nach 1890 die Bibliothek
nach Entwürfen von Gropius und schmieden, das
neue Kollegiengebäude, das Physiologische und
Physikalische Institut und die Augenklinik, denen
sich ein Hygienisches Institut anschließt. Unter der
preuß. Herrschaft errichtete man 1834 auf Eldena
eine mit der Universität verbundene M^evivve der
Staatswirtschaft und Landwirtschaft, an deren Stelle
1877 eine landwirtschaftliche Mittelschule trat. Im
Sommer 1893 betrug die Zahl der Professoren und
Docenten 79, die der Studierenden 874, darunter
416 Mediziner und 285Theologen. DieUniversitäts-
bibliothet zählt 140000 Bände, 800 Handschriften
und 200 Inkunabeln. Das Universitätskrankenhaus
ist 1856 - 58 errichtet und später erweitert. Ferner
besitzt G. ein städtisches Gymnasium (1561 gegrün-
det), verbunden mit einem Pädagogischen Seminar
und Realprogymnasium (Direktor Dr. Steinhausen,
28 Lehrer, 13 Gymnasialklassen, 368 Schüler, 3 Real-
klassen, 38Schüler, 3 Vorklassen, 85Schüler), eine
städtische (Kaiserin Augufta-Victoria-) und eine pri-
vate höhere Mädchenschule, jene mit Lehrerinnenbil-
dungsanstalt, Vereinigte Bürger- und Volksschule;
einen Geographischen, Polytechnischen und Natur-
wissenschaftlichen Verein und eine Freimaurerloge.
Außer der königl. Eisenbahnwerkstatt (300 Arbei-
ter) bestehen je eine Maschinen-, Cichorien-, Essig-
und Vleizuckerfabrik, letztere ein Zweiggeschäft der
Devrientschen Aktiengesellschaft in Zwickau, und
2 Brauereien sowie bedeutende Fischräuchereien und
-Konservenfabriken. Der srüher ansehnliche Handel
erstreckt sich nur noch auf Getreide und Holz. Die
Reederei umfaßt nur noch 16 Segelschiffe und
2 Dampfer; der Schiffbau liefert kleine eiferne
Dampfer. Am Vorhafen lieat das Pfarrdorf Wiek
(820 E.), gegenüber Eldena (s. d.).
Geschichte. G. verdankt seine Entstehung den
am Ryckufer gelegenen Solquellen, fein Aufblühen
dem Heringshandel. Es erhielt 1241 vom Kloster
Hilda (s. Eldena) die Marktgerechtigkeit und 1250
Lübisches Recht. Seit 1281 befand sich G. im
Bunde der Hansa und nahm teil an deren Kriegen
gegen die Könige von Dänemark und Norwegen.
In den 1.1326 und 1327 führten G. und Stralsund