Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Griechenland (Verfassung und Verwaltung)'
Textfigur:
Das Wappen G.s ist ein Schild, der ein schwebendes silbernes, griech. Kreuz im blauen
Felde zeigt und von zwei wilden Männern gehalten wird; um den Schild, auf welchem eine mit roter Mütze ausgefütterte goldene
Königskrone ruht, ist der griech. Erlöserorden an weißgerändertem hellblauem Band gehängt. Unter dem Schild trägt ein
hellblaues Band die Devise [griechischer Text] (ischýs mu he agápe tu lău, «Meine Macht
beruht auf der Liebe des Volks»). Die Nationalfarben sind blau und weiß. Die Kriegs- und
Handelsflagge enthält fünf blaue und vier weiße abwechselnde Horizontalstreifen mit einem
weißen Kreuze und Krone in blauem Felde in der obern Ecke. (S. Tafel:
Flaggen, Bd. 6, S.862.) Der einzige
Landesorden ist der
Erlöserorden (s. d.).
Die Finanzen befinden sich wegen der Höhe der Staatsschulden in keiner
günstigen Lage. Das Budget für 1893 zeigt eine Einnahme von 111,7, eine Ausgabe von
105,7 Mill. Drachmen. Von erstern betragen direkte Steuern 22,1,
Zölle und Verbrauchssteuern 36,0, Abgaben und Gebühren 19,5,
Monopole 11,3 Mill. Unter den Ausgaben sind 35,4 für die
Staatsschuld, 19,7 für das Kriegsministerium, 24,8 für die
übrigen Ministerien, 8,1 Mill. für die Verwaltung. Die Staatsschuld belief sich 1. Jan. 1893
auf 668,72 Mill. in Gold und 149,74 Mill. in Papier; davon waren
481,6 (bez. 19,82) Mill. amortisierbare Anleihen,
155,00 (bez. 31,81) konsolidierte Renten und
32,12 (bez. 98,06) Mill. Drachmen Schatzscheine, Zwangs- und
provisorische Anleihen. G ist seit 1867 der sog.
Lateinischen Münzkonvention (s. d.) beigetreten. Seit 13./1. Nov.
1882 ist das Frankensystem obligatorisch. Der Frank heißt Drachme (s. d.). Die Münzwährung ist die
Doppelwährung. Doch kursieren im Lande fast ausschließlich Banknoten.
Über Heer und Flotte
s. Griechisches Heerwesen.
Kirchen- und Unterrichtswesen. Das Gesetz kennt
keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Bekenntnissen. Die orthodoxe oder anatolische Landeskirche gehörte bis 1833
unter das Patriarchat von Konstantinopel; seitdem ist sie selbständig. Seit 1852 wird die Kirche geleitet durch eine zu Athen
residierende Heilige Synode, bestehend aus fünf Mitgliedern unter Vorsitz des Metropoliten von Athen; die Regierung wird bei
derselben durch einen königl. Kommissar vertreten. Es giebt 40 bischöfl. Sitze, von denen 14 erzbischöfliche sind; nur ein
Sitz, derjenige von Athen, wird gesetzmäßig als metropolitaner anerkannt; es gelten aber ebenfalls als Metropoliten lebenslang
diejenigen Bischöfe von Thessalien und Epirus, die diesen Titel vor dem Anschluß jener Länder an G. führten; nach dem Tode der
jetzigen Inhaber dieses Titels werden die Nachfolger derselben Erzbischöfe, insoweit die Sitze in Hauptstädten von Nomen sind,
sonst einfache Bischöfe sein. Somit hat die griech. Kirche gegenwärtig nur 4 Metropoliten im ganzen (Athen, Arta, Volos,
Larissa). Sonst hat das ↔ Festland und Euböa 4 Erzbistümer (Phthiotis, Akarnanien-Ätollen, Trikala, Chalkis)
und 9 Bistümer; der Peloponnes 6 Erzbistümer (Argolis, Korinth, Patras und Elis, Mantinea und Kynuria, Messenien, Lakonien)
und 5 Bistümer; die Cykladen 1 Erzbischof (Syra und Tenos) und 3 Bistümer; die Ionischen Inseln 3 Erzbischöfe (Korfu,
Kephallenia, Zante) und 4 Bistümer. Die röm.-kath. Kirche hat 3 Erzbischöfe (Athen, Naxos, Korfu) und 4 Bistümer (Syra, Tenos
und Mykonos, Santorin, Zante und Kephallenia).
Seit 1833 war für den Unterricht alles zu thun: von den Ausgaben im Budget kommen 3 Proz. auf denselben. Es bestehen
Gymnasien, ähnlich den Lyceen und Colleges in Frankreich; hellen. Schulen, ähnlich den ehemaligen lat. Schulen Bayerns, und
demotische oder Volksschulen; 1891 gab es 2379 öffentliche Elementar- und Volksschulen für Knaben und 351 für Mädchen,
außerdem über 150 Privatschulen. 1891 betrug die Zahl der Schüler beider Geschlechter in den Primärschulen 116575.
Sekundärschulen (hellenische) waren 1892 vorhanden 264 mit 16302 Schülern. Die 40 Gymnasien zählten 5883 Schüler. 1835
(Anmerkung des Editors: 1837) wurde die Universität zu Athen (s. d.)
gegründet. Für das theol. Studium existierten das Rhisari-Seminar und 3
Specialschulen in den Provinzen, zusammen mit 115 Zöglingen. Es bestehen 3 Ackerbauschulen, 1 Hebammenschule, 4 Lehrerseminare
mit 602 Schülern, die Kriegsschule der Evelpiden und die Fähnrichsschule in Peiraieus; mehrere gelehrte und litterar.
Gesellschaften, eine polytechnische Schule und Schule für schöne Künste; Druckereien und Zeitschriften. Von der männlichen
Bevölkerung waren (1879) 63,6, von der weiblichen 91,7 Proz.
Analphabeten.
Zeitungswesen Die erste periodische Schrift in neugriech. Sprache
ist die in Wien 1793 publizierte «[griechischer Text]» (hg. von Markidis Pulios). Dieser folgte daselbst 1810 der
«[griechischer Text]» von Alerandridis und 1811 der «[griechischer Text]» von Anthimos Gazis. Später sind
«[griechischer Text]» in Wien (1819–21) und «[griechischer Text]» in Paris (1819–21) erschienen. Das erste polit. Blatt im
eigentlichen G. war die 1821 in Mesolongion handschriftlich publizierte «[griechischer Text]», als deren Gegenstück der zu
gleicher Zeit in Agrinion auch handschriftlich erscheinende «[griechischer Text]» betrachtet werden darf. Dritte in der
chronol. Reihe und erste gedruckte polit. Zeitung ist die 1821 in Kalamata herausgegebene «[griechischer Text]». Dieser
folgten andere, welche aber wegen der 1833 zu leistenden Kaution eingingen. Doch schon 1834 begannen wieder einige Zeitungen,
darunter als Regierungsblatt in griech. und franz. Ausgabe der «[griechischer Text]»oder
«Sauveur», dem die «[griechischer Text]» als Oppositionsblatt der nationalen Partei
gegenübertrat. Das erste wissenschaftliche Blatt im eigentlichen G. war die «[griechischer Text]», seit 1831 zu Ägina von
Mustoridis und Kokkonis herausgegeben. Hierzu kam 1834 zu Korfu die «[griechischer Text]», in griech., ital. und engl.
Sprache, und 1835 zu Athen der «[griechischer Text]», welchem sich außer mehrern fachwissenschaftlichen Zeitschriften 1837 die
«[griechischer Text]», hg. von Pittakis und Rhangabis, sowie 1810 der reichhaltige «[griechischer Text]», von Antoniadis
geleitet, und die «[griechischer Text]», von Polymeris in Syra, anschlossen. Wissenschaftlichen Charakter trug der 1848 von
Argyriadis herausgegebene «[griechischer Text]
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 319.