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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Griechische Kunst
zu Rom; s. Taf. III, Fig. 6) und die sog. Arria- und Pätusgruppe (s. die Textfigur beim Artikel Gallierstatuen), beide durch die Großartigkeit der Auffassung und die kraftvolle realistische Ausführung gleich ausgezeichnet. Unter Eumenes II. (s. d.), dem Nachfolger des Attalus, erstand auf der Burg von Pergamon der Bau des großen Zeusaltars; die gewaltigen Friesreliefs desselben, die in den Kämpfen der Götter und Giganten sinnbildlich die Niederwerfung der Gallier schildern, sind jetzt die Hauptzierde des Berliner Museums (s. Tafel: Athenagruppe vom Zeusaltar zu Pergamon, beim Artikel Pergamon). Zu gleicher Zeit wurde in einer statuarischen Gruppe des Künstlers Nikeratus der Sieg gefeiert, den Philetärus, der Bruder Eumenes' II., 183 v. Chr. über die Gallier davongetragen hatte; von ihr wurde ein Bruchstück, die Figur eines gefallenen Kriegers, bei den Ausgrabungen auf Delos wiedergefunden. Neben der pergamenischen Kunst tritt besonders die rhodische hervor, deren bekanntestes Werk, die Gruppe des Laokoon (s. die Tafel beim Artikel Laokoon), durch die Ähnlichkeit des Motivs zu den Gigantenreliess des pergamenischen Altars in deutlicher Beziehung steht. Auch aus Tralles sind namhafte Künstler bekannt, so Apollonios und Tauriskos, welche die große Gruppe des sog. Farnesischen Stiers (s. d. und Taf. III, Fig. 8) schufen; aus Ephesus stammte Agasias (s. d.), der Schöpfer des Borghesischen Fechters. Die schon vordem plastisch verkörperten Gestalten von Fluß- und Meeresgöttern wurden in dieser Epoche unter Hinzufügung zweier neuer Elemente, des bacchischen und des erotischen, zur Darstellung gebracht; dies zeigt z. B. der eine Nereïde im Arm haltende Triton (im Vatikan). Hierher gehört ferner die Marmorgruppe des ruhenden Nil (s. Taf. II, Fig. 10).
Nicht so großartig und von so schöpferischer Kraft zeigt sich die Kunst während dieser Periode im eigentlichen Griechenland. In Athen trat eine Richtung hervor, welche an Vorbilder früherer Zeit wieder anknüpfte. Nicht ohne fördernden Einfluß auf sie war die um die Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. namentlich in Nom aufgekommene Kunstliebhaberei, die ihre erste Anregung und Förderung in den Plünderungen griech. Städte und dem Raube der Kunstschätze gefunden hatte. Für den Bedarf und nach dem Geschmack röm. Besteller bildete man in Athen berühmte Meisterwerke nach oder schuf alte Typen zu neuen um, löste das einzelne aus dem ursprünglichen Zusammenhang heraus oder setzte willkürlich Ausgewähltes zu neuen Kompositionen zusammen. Mit Vorliebe wendete man sich namentlich den archaischen Werken wieder zu. Aber auch aus diesem Eklekticismus gingen anziehende Schöpfungen hervor, wie die sog. neuattischen Reliefs, deren schöne dekorative Wirkung leicht vergessen macht, daß ihre Darstellungen zum Teil sinnlos nebeneinander gereihte alte Typen sind, oder die jetzt im Louvre befindliche Porträtstatue von der Hand des Kleomenes, deren Motiv einem altertümlichen Hermesstandbilde entlehnt ist. Wie bei dieser, so ist auch bei andern Werken athenischer Künstler dieser Zeit die meisterhafte Behandlung des Marmors häufig das beste, so bei dem berühmten Heraklestorso (im Belvedere des Vatikan), bei der Kolossalstatue des sog. Farnesischen Herakles (s. d. und die Textfigur beim Artikel Herakles), bei der Mediceischen Venus (s. die Tafel: Venus von Medici beim Artikel Venus). Die eklektische und archaisierende Richtung blieb auch in der Folge die herrschende. Sie hatte in den letzten Zeiten der röm. Republik noch einen hervorragenden Vertreter in dem Künstler Pasiteles, der, aus Unteritalien stammend, in Rom eine Schule begründete, aus der Stephanos und in zweiter Generation Menelaos hervorging. Von beiden sind Werke erhalten, die ebenfalls nicht Originalschöpfungen, sondern Entlehnungen aus früherer Kunst sind. - Vgl. Kekulö, Die Gruppe des Künstlers Menelaos (Lpz. 1870); Brunn, Geschichte der griech. Künstler (2 Bde., Braunschw. und Stuttg. 1853-59); Overbeck, Geschichte der griech. Plastik (4. Aufl., 2 Bde., Lpz. 1892 fg.); von Sybel, Weltgeschichte der Kunst (Marb. 1888); Denkmäler griech. und röm. Skulptur in histor. Anordnung unter Leitung von Heinrich Brunn, hg. von Friedrich Bruckmann. Unveränderliche Phototypien nach Originalaufnahmen (Lfg. 1-52, Münch. 1888-92); Collignon, Histoire de la sculpture grecque, Bd. 1 (Par. 1891).
III. Malerei. Die Kenntnis der griech. Malerei beruht fast ausschließlich auf litterar. Nachrichten. Doch gestatten für die ältern Perioden die griech. Vasenbilder Rückschlüsse, für die jüngern sind die Wandgemälde von Pompeji und Herculanum wertvoll, indem diese zum Teil auf Vorlagen der hellenistischen und auch noch der frühern Zeit zurückgehen. Die im Palast von Mykenä gefundenen Wandgemälde sind sowohl in der Technik wie in der Farbenwahl mit ägypt. Wandgemälden eng verwandt, sie liegen vor der Entwicklung der G. K. Erst etwa 700 Jahre später beginnen in Griechenland die Anfänge einer figürlichen Malerei. Man hat sie sich zu denken wie die ältesten Vasenbilder in Silhouettenmanier mit schwarzer oder brauner Farbe auf hellem Grund ausgeführt. Bestimmte Fortschritte in dieser einfachen Technik scheinen dann der Überlieferung zufolge von den Malern Eumarus von Athen und Kimon von Kleonä gemacht zu sein. Jener soll Frauen und Männer im Bilde durch Ausführung in heller und dunkler Farbe unterschieden, dieser die Figuren in freierer Bewegung dargestellt und die Zeichnung dadurch vervollkommnet haben, daß er durch Innenlinien die Muskeln und Adern der Körper und die Falten der Gewänder zum Ausdruck brachte. Die gleichen Fortschritte lassen sich in derselben Weise in der Vasenmalerei verfolgen, und es läßt sich danach bestimmen, daß Eumarus etwa dem Anfang, Kimon dem Ende des 6. Jahrh. v. Chr. angehörte. Vielleicht stehen seine Neuerungen in unmittelbarer Verbindung mit dem Auskommen des rotfigurigen Vasenstils. Die Kunst des Kimon wird etwa das Bild der Lyseasstele (abgebildet in den "Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen", IV, 1879, Taf. 1) veranschaulichen können, auf der die fast lebensgroße Figur des Priesters Lyseas in strenger Linienführung auf den weißen Marmorgrund aufgemalt ist.
Der gewaltige Umschwung, den die Perserkriege auf allen Gebieten hervorbrachten, führte auch die Malerei in neue Bahnen, hier knüpfte der Fortschritt an Polygnot an. Nicht wie die frühern auf dem engen Raume von Holz- und Thontafeln oder Marmorplatten, sondern auf großen Wandflächen führte er seine Bilder aus, figurenreiche sinnvolle Kompositionen, wie die Zerstörung von Troja und die Schilderung der Unterwelt in der Halle zu Delphi. Da von ihm ein unmittelbarer Einfluß auf die Vasenmalerei und die Reliefplastik des 5. Jahrh. v. Chr. ausgegangen ist, so kann man aus derartigen erhaltenen Darstellungen eine deutlichere Vorstellung