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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hamburg
türlich diejenigen Zweige, welche dem Seehandel dienen. In erster Linie steht hier der Schiffbau, der auf acht größern Werften betrieben wird, die sämtlich im Freihafengebiet liegen und außer den erforderlichen Neubaueinrichtungen über 5 Schwimmdocks, 2 Trockendocks und 5 Patentslips zur Ausbesserung beschädigter Schiffe verfügen. Die älteste Anlage ist die Aktiengesellschaft "Reiherstieg-Schiffswerft und Maschinenfabrik", mit 1200 Arbeitern und Schwimmdocks bis 110 m Länge und 26 m Breite und einer Tragfähigkeit von 5000 t; gebaut werden alle Arten von Segel- und Dampfschiffen aus Eisen oder Stahl bis zu einer Länge von 110 m, besonders auch eiserneRettungsboote. Noch ausgedehnter ist die Schiffsbauwerft und Maschinenfabrik von Blohm und Voß, mit 2750 Arbeitern und Schwimmdocks bis zu 210 m Länge und 14000 t Tragfähigkeit für den Bau der größten Kriegs- und Handelsschiffe; ferner sind zu nennen: die Schiffswerft und Maschinenfabrik-Aktiengesellschaft (vormals Janssen & Schmilinsky) und die Maschinenfabrik, Kesselschmiede und Eisenschiffswerft (Ch. Jürgens & Co.). Von der Industrie der Nahrungs- und Genußmitel, die etwa 6-10000 Personen in H. und Nachbarorten beschäftigt, kommen in Betracht: die Getreidemühlen (G. Botsch, I. F. Grabbert, I. A. Hinsch u. s. w.), Reisschälmühlen (Brock & Schnars, Aktienreismühle, H. Berkan & Co., letztere seit 1886 u. s. w.), Hirsemühlen, Biskuitfabriken mit etwa 600 Arbeitern und Arbeiterinnen (Englische Cakesfabrik-Aktiengesellschaft, P. W. Gaedke), Schokoladefabriken (Reefe & Wichmann), Kaffeeröstereien sA. Schmidt), Margarinefabrikation (A. L. Mohr in Altona, mit jährlicher Produktion von 10 Mill. kg), die Export-Schlachtereien mit Einrichtungen zum Pökeln, Salzen und Räuchern von Schweinefleisch (I. D. Koopmann, Verbrauch jährlich etwa 165000 Schweine), Schmalzraffinerie (sechs Fabriken, darunter die Aktiengesellschaft vormals E. Reye, führen jährlich etwa 15000 t Schmalz im Werte von 12 Mill. M. aus Nordamerika ein), die Anstalten zum Ein- salzen und Räuchern von Fischen, die Brauereien (20 Brauereien mit 2000 Arbeitern, verwenden jährlich etwa 22500 t Malz, liefern 800000 hl Lager-, 270000 hl Braun- und 15000 hl Weißbier, Porter und Ale und führen 100000 hl Bier aus), die Mälzereien, die Mineralwasser- und Tabakfabriken. Weiter sind zu erwähnen: Wollgarnfärberei (Bischoff & Rodatz), Hanfgarnspinnereien (C. Heinson & Co. in Harburg, Aug. Brückmann), Pferdehaarspinnereien (A. Mathiason), Hamburger Wollkämmerei-Aktiengesellschaft in Wilhelmsburg (1890 errichtet), die Fabrikation von Hauswäsche, von Anzügen, Haarfilzhüten, Fässern und Kisten, Flügeln und Pianinos, Goldleisten, die Verarbeitung ausländischer Hölzer (Buchsbaum, Ceder, Grenadill-, Rosen-, Eben-, Pock-, Nußbaumholz), des Spanischen Rohrs (H. C. Meyer. jun.), die Fabrikation von Kautschuk, Guttapercha, Leder, Elfen- und Fischbein, Celluloid, Schildpatt, Horn und Perlmutter, der Bau von Maschinen aller Art (Voldt & Vogel, Nagel & Kaemp, Menck & Hambrock in Ottensen), die Eisengießereien (I. N. Schmilinsky, H. I. Lübmann), die Superphosphatindustrie (Anglo-Continentale, vorm. Ohlendorffsche Guanowerke-Aktiengesellschaft, E. Güssefeld), die Brennerei und Preßhefefabrikation (die Dampfkornbrennerei und Preßhefefabriken Aktiengesellschaft vormals H. Helbing in Wandsbek, mit 3-400 Arbeitern, lieferte [1890] 45817 hl Sprit, 2414 t Verkaufshefe, 840000 hl nasse und 1049 t trockne Schlempe, außerdem 15476 hl Kartoffelsprit), Spritrektifikationsanstalten (I. Lachmann mit 200000 hl, Norddeutsche Spritwerke und Koopmannsche Spritfabrik mit 150000 hl Jahresproduktion), die Fabrikation von Säuren und Chemikalien (Hell & Stahmer, Veit & Philippi), Maler- und Druckerfarben, Farbholzextrakt, Pulver (die Fabrik Düneberg bei H. ist die größte in Deutschland), Dynamit (Aktiengesellschaft, vormals Alfred Nobel & Co., Fabrik in Krümmel bei Lauenburg), die Möbel-, Leder- und Korbwarenindustrie.
Wie sehr sich die Industrie durch den Zollanschluß gehoben hat, erhellt aus der von den Fabrikinspektoren und Dampfkesselrevisoren jährlich für
das gesamte Staatsgebiet aufgestellten Statistik. Hiernach betrug die Zahl der Großgewerbebetriebe 1887 und 1892: 805 und 1201, darunter mit Dampfbetrieb 426 und 523, die Zahl der beschäftigten Arbeiter 22556 und 31034 (1891: 32173), darunter 5891 und 8162 (1891: 9513) in der Fabrikation von Maschinen, Werkzeugen, Instrumenten und Apparaten, 4753 und 6829 in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie, 1794 und 2730 in der Metallverarbeitung, 1973 und 2595 in der Industrie der Holz- und Schnitzstoffe, 1681 und 2396 in den Polygraphischen Gewerben, 1687 und 1899 in der Papier- und Lederindustrie u. s. w. Die Zahl der feststehenden Dampfkessel betrug Ende 1884 bez. 1892: 707 und 9i8 mit einer Heizfläche von 18376 und 41335 qm, davon 648 und 887 Dampfkessel mit 16695 und 37868 qm Heizfläche im städtischen Gebiete. Außerdem unterlagen (1892) der amtlichen Revision noch 952 Dampfkessel auf Seeschiffen, 634 auf Flußschiffen, 648 an Lokomobilen u. s. w., im ganzen 3212 Dampfkessel gegen 1855 im J. 1884 mit einer Heizfläche von 185910 gegen 82520 qm.
H. ist Sitz der hamburgischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, der Seeberufsgenossenschaft und deren 3. Sektion, der hamburgischen Baugewerksberufsgenossenschaft und deren 1. Sektion, der 4. Sektionen der nordwestl. Eisen- und Stahl-, der Leinen- sowie der Speditions-, Speicherei- und Kellereiberufsgenossenschaft, der 5. Sektion der norddeutschen Holz-, der 7. der Müllerei-, der 8. der Brennerei-, der 38. der Fuhrwerksberufsgenossenschaft sowie der 3. Sektion der Berufsgenossenschaft der chem. Industrie und endlich der 11. derjenigen der Gas- und Wasserwerke.
Handel. Der Haupterwerbszweig ist der Handel, und zwar vor allem der überseeische. H. ist nicht nur die erste Handelsstadt des Deutschen Reichs, sondern es steht unter den Welthandelsplätzen an dritter Stelle, da es in seinem Warenumsätze nur von London und Neuyork übertroffen wird. Wie bedeutend sich der Handelsverkehr in den letzten 22 Jahren entwickelt hat, lehren die nachfolgenden Zahlen.
Die Entwicklung der Warenein- und -Ausfuhr zu Wasser und zu Lande ist aus nachstehender Tabelle ersichtlich:
Jahre Einfuhr Gewicht in Tonnen Wert in Mill. M. Ausfuhr Ausfuhr Gewicht in Tonnen Wert in Mill. M.
1870 1904643 849,107
1880 4500073 1687,449 2870714 1579,364
1890 8239915 2582,127 5004322 2305,968
1892 8554834 2606,695 5179660 2313,721