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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Handel
kehr dieser Gebiete mit der europ. Welt voraussichtlich
noch eine bedeutende Erweiterung erfahren dürfte.
IV. Die neuere Entwicklung des Handelsgewer-
bes. Die Umwälzungen, welche das Verkehrs- und
Nachrichtenwesen im Laufe der letzten Jahrzehnte
erfahren hat, die erleichterte Möglichkeit der Kapi-
talvereinigung und der verschärfte Wettbewerb auf
allen Gebieten des Wirtschaftslebens haben auf die
Gestaltung des Handelsgewerbes neuerdings einen
tiefgreifenden Einfluß ausgeübt. Den eigentlichen
Großhändlern, welchen früher die Vermittelung
zwischen Produzenten und Konsumenten ausschließ-
lich zufiel, sind in den Spediteuren, Agenten, Mak-
lern, Bankiers u. s. w. Unternehmer zur Seite ge-
treten, welche einen Teil der früher ausschließlich
von den Händlern übernommenen Thätigkeiten an
sich gezogen haben. Dieser Umstand sowie die
fernere Thatsache, daß unter den gegenwärtigen
Verhältnissen den Produzenten der direkte Verkehr
mit den Verbrauchern wesentlich erleichtert ist und
namentlich auch die Ansammlung großer Waren-
massen in den Händen der Händler zum Zwecke
des spätern Verkaufs teilweise unnötig geworden ist,
haben die vermittelnde Thätigkeit des Großhandels
im Vergleich zu früher erheblich eingeengt.
Auch auf manchen Gebieten des Kleinhandels
haben sich in der Neuzeit eigenartige Umbildungen
vollzogen. Die geringen Anforderungen, welche der
Kleinhandel an die technische Ausbildung der Be-
teiligten stellt, und die Leichtigkeit, ohne genügende
eigene Mittel auf dem Wege des Borgs ein felb-
ständiges Detailgeschäft zu begründen, mußten da-
hin führen, daß die Zahl der Kleinhändler vielfach
größer wurde, als es im volkswirtschaftlichen In-
teresse zu wünschen gewesen wäre. Thatsächlich
gehen alljährlich, wie die Konkursstatistik lehrt,
gerade im Kleinhandel zahlreiche Geschäfte nach
kurzer Zeit ihres Bestehens wieder zu Grunde.
Andererseits werden vielfach Klagen darüber laut,
daß die übermäßige Entwicklung des Kleinhandels
den Preis der Waren unnötig verteure zum Scha-
den der Konsumenten. Es ist unter diesen Umstän-
den als ein Fortschritt zu betrachten, wenn in
neuerer Zeit in den großen Städten gewisse Zweige
des Kleinhandels mehrfach in der Form großer
Unternehmungen mit bedeutendem Kapital betrie-
ben werden. Die Arbeitskräfte des Personals wer-
den hier vollständiger ausgenutzt, die General-
unkosten sind verhältnismäßig geringer als bei klei-
nen Unternehmungen, der größere Umsatz macht es
möglich, den Gewinnzuschlag im einzelnen zu ver-
mindern, und so sind diese großen Magazine und
Versandgeschäfte dem Kleinhandel in vieler Hinsicht
an Konkurrenzkraft überlegen. Andererseits läßt
sich nicht leugnen, daß die allmähliche Aufsaugung
der kleinen Betriebe in socialpolit. Hinsicht ihre
Nachteile haben würde. (S. auch Konsumvereine.)
Als fernere Eigentümlichkeiten des neuzeitlichen
H. sind zu erwähnen die weitgehende Specialisierung
der Betriebe (s. unter V), welche eine größere Ver-
trautheit des Kaufmanns mit den einzelnen Waren-
gattungen und dadurch eine höhere Leistungsfähig-
keit ermöglicht, und der Rückgang der Großhandels-
märkte, die sich nur noch für einige Zweige des
Warenhandels (Woll-, Vieh-, Pferdemärkte) zu be-
haupten wissen. An ihre Stelle sind als Vereinigungs-
punkte der Kaufleute die Börsen (s. d.) getreten.
V. Statistik der Handelsbetriebe, über die Be-
deutung des H. innerhalb der Berufsthätigkeit der
Bevölkerung sowie über Zahl und Umfang der Han-
delsbetriebe liefern die Berufsstatistik (s. d.) und die
Gewerbestatistik (s. d.) der einzelnen Länder reiches
Material. Leider geschieht die Erhebung derselben
nach so abweichenden Grundsätzen, dah eine inter-
nationale Vergleichung der Zahlen für den H. kaum
durchzuführen ist. (Über das Verhältnis der an
"Handel und Verkehr" beteiligten Bevölkerung zur
Gesamtbevölkerung der einzelnen Staaten s. Be-
rufsstatistik.) Die nachstehenden Angaben beschrän-
ken sich unter diesen Umständen auf das Deutsche
Reich, dessen letzte Gewerbezählung vom 5. Juni
1882 ebenso umfangreiche wie zuverlässige Nach-
weise geliefert hat. Von sämtlichen 7 340789 Ge-
w erbtreib enden des Reichs (mit Ausnahme der Land-
wirtschaft und einigen sonstigen, von der Statistik
nicht berücksichtigten Gewerben) entfallen danach
838392 oder 11,4 Proz. auf die Handelsgewerbe,
zu denen übrigens außer dem eigentlichen H. auch
die verschiedenen Neben- und Hilfsgewerbe desselben
gerechnet sind. über die Bedeutung der einzelnen
Handelszweige giebt die folgende Tabelle Auskunft:

Zahl



der Betriebe


Handelszweige



" 3 ca.





Haupt-
Neben-
Zu-
35 >"^
^^
be-
be-
sam-


triebe
triebe
men
HZ"

a. Warenhandel.....
386157
145 474
531631
705 956
1,8
22 065
8 869
30934
30 332
1,4
Landwirtschaftliche





Produkte......
63 844
23 487
87331
93 325
1,5
Brennmaterialien. . .
13 227
7 656
20 883
30579
2,3
Baumaterialien....
2 830
1954
4784
12521
4,4
Metalle u.Metallwaren
5 542
3191
8 733
16578
2,9
Kolonial-, Eß- und





Trinkwaren.....
100392
39 475
139 867
167432
1,7
Wein ........
4432
1407
5 839
13 942
3,1
Tabak und Cigarren
5 713
2400
8113
11510
2,0
Leder, Wolle, Baum-





wolle .........
3952
1278
5 230
7920
2,0
Manufakturwaren . .
43017
7 240
50 257
112475
2,6
Kurz- u. s. w. Waren .
10906
3 871
14 777
20592
1,9
Verschiedene Waren .
104465
43 494
147 959
181842
1,7
Trödelhandel.....
5 772
1152
6 924
6908
1,1
d. Geld- u. Kredithandel
4426
1453
5 879
22 644
5,1
". Spedition und Kom-





4900
1437
6337
25 094
5,1
(I. Buch-, Kunst- u. s. w.





7 455
2 060
9 515
21174
2,8
e. Handelsvermittelung .
30 320
8 389
38 709
36180
1,2
l. Hilfsgewerbed.Handels
11984
1303
13287
13966
1,1
ß. Versteigerung, Verleihung u. s. w.....
7483
3 995
11478
13 378
1,7
Handel überhaupt
452725>164111> 616836>838392
1,9
In vorstehender Tabelle sind unter 6 die Makler
und Agenten, unter k die Packer, Träger, Taxa-
toren, Markthelfer u. s. w., endlich unter F die
Auktionatoren, Pfandleiher, Stellenvermittler, Aus-
kunftsbureaus u. s. w. verstanden. Außer den Haupt-
betrieben sind auch diejenigen zahlreichen Geschäfte
aufgeführt, welche ihren Inhabern nur zum Neben-
erwerb dienen. 11m Doppelzählungen zu vermeiden,
mußten diefe Nebenbetriebe bei Aufstellung der Zahl
der beschäftigten Personen außer Ansatz bleiben.
In dem Verhältnis dieser letztern zur Zahl der Haupt-
betriebe kommt di? Thatsache zum Ausdruck, daß die
Zahl der Gewerbsgehilfen fowohl im Großhandel
wie im Kleinhandel nur gering ist. Beide unter-
scheiden sich, anders als die eigentlich produzieren-
den Gewerbe (Großindustrie, Handwerk), nicht so sehr
durch die Menge der in ihnen beschäftigten Arbeits-
kräfte voneinander, als vielmehr durch den Umfang