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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Heideland; Heidelbeeren; Heidelbeerwein; Heidelberg

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Heideland - Heidelberg

Händels für Halle, 1859 gegossen. H. starb auf einer Reise 29. Sept. 1865 zu Stuttgart.

Heideland, soviel wie Heide (Landstrich).

Heidelbeeren, s. Vaccinium.

Heidelbeerwein, s. Beerweine.

Heidelberg. 1) Kreis im Landeskommissariatsbezirk Mannheim des Großherzogtums Baden, hat 968,40 qkm, (1890) 149952 E., darunter 92249 Evangelische, 52996 Katholiken, 1155 sonstige und 3519 Israeliten; 31538 Haushaltungen in 107 Gemeinden. Der Kreis zerfällt in 4 Amtsbezirke:

Amtsbezirke qkm Haushaltungen Einwohner Einw. auf 1 qkm Evangelische Katholiken Israeliten

1) Eppingen 167,93 3868 18141 108 12629 4491 765

2) Heidelberg 347,57 15890 76310 219 49546 25387 1039

3) Sinsheim 330,58 7364 34012 102 23944 8282 1233

4) Wiesloch 122,32 4416 21489 176 6130 14836 482

2) Amtsbezirk im Kreis H., hat (1890) 76310 E. und 15890 Haushaltungen in 37 Gemeinden. - 3) Hauptstadt des Kreises und Amtsbezirks H., in sehr schöner Gegend, am linken Ufer des Neckars, da, wo derselbe aus den Bergen in die Rheinebene tritt, in 116 m Höhe, an den Linien H.-Basel (256,3 km), Mannheim-H. (18,5 km), H.-Meckesheim-Jagstfeld (56,1 km), Würzburg-H. (159,4 km) und an der Nebenlinie H.-Speyer (s. Heidelberg-Speyerer Eisenbahn) der Bad. Staatsbahnen, sowie an der Linie Frankfurt-H. (88,1 km) der Main-Neckarbahn und an der Mannheim-Weinheimer Eisenbahn (Nebenbahn), ist Sitz des Bezirksamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Mannheim), eines Hauptsteueramtes, einer Reichsbanknebenstelle, Handelskammer und hat (1890) mit der 1. Jan. 1891 einverleibten Gemeinde Neuenheim 31739 (15048 männl., 16691 weibl.) E., darunter 18831 Evangelische, 11822 Katholiken, 250 andere Christen und 807 Israeliten, in Garnison (560 Mann) das 2. Bataillon des Grenadierregiments Kaiser Wilhelm (Nr. 110), Postamt erster Klasse mit zwei Zweigstellen und Telegraphenbetrieb, Postagentur und Telegraph auf dem Schloß (nur im Sommer) und Postagentur in Heidelberg-Schlierbach. Eine Pferdebahnlinie durchzieht die Stadt vom Bahnhof und zwei nach Westen und Süden ziehenden Straßen nach der Karlstation im Osten. Das Klima (1871-91: + 10° C. im Durchschnitt) des durch Berge gegen den Nordwind geschützten Thals ist eins der mildesten Süddeutschlands, an Trockenheit übertrifft es nächst dem von Mannheim alle andern bad. Städte. Der Nahrungsstand der Einwohner hängt hauptsächlich von der Universität und dem großen Fremdenverkehr ab. Die Zahl der ständig hier wohnenden Ausländer, hauptsächlich Engländer und Amerikaner, beträgt über 1000. An der Spitze der Einwohnergemeinde stehen (seit 1875) ein Oderbürgermeister und ein Bürgermeister.

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Anlage, Brücken. Die Stadt erstreckt sich mehrere Kilometer lang auf dem schmalen linken Ufersaum zwischen dem Gebirge und dem Neckar hin; sie hat sich in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich nach Westen hin, wo die Ebene mehr Raum gewährt, ausgedehnt. Der obere östl. Teil ist mit dem jenseitigen Ufer durch eine 1786-88 vom Kurfürsten Karl Theodor erbaute steinerne, 210 m lange, 9 m breite Brücke (mit den Bildsäulen Karl Theodors und einer Minerva) verbunden. 1877 wurde am westl. Ende eine zweite Brücke eröffnet, welche nach dem am Fuße des Heiligen Berges gelegenen Stadtteil Neuenheim (mit zahlreichen Villen) und der dort beginnenden Bergstraße (s. d.) führt.

Gebäude, Denkmäler. H. hat fünf Kirchen, darunter die simultane Stifts- oder Heiliggeistkirche auf dem Marktplatze, eine spätgot. Hallenkirche, um 1400 von Kaiser Ruprecht gegründet (im Chor der wohl erhaltene Grabstein, auf dem der Erbauer und seine Gemahlin Elisabeth von Hohenzollern dargestellt sind); die evang. St. Peterskirche (1485), 1867 in reichem got. Stil restauriert, mit schön durchbrochener Turmpyramide, und die kath. Jesuitenkirche (1750), 1870 renoviert.

Das berühmteste der weltlichen Bauten ist das Heidelberger Schloß (s. d.), östlich über der Stadt. Das älteste Gebäude ist das Gasthaus Zum Ritter, 1592 in Renaissancestil von dem Hugenotten Charles Belier erbaut, fast das einzige Haus, welches 1693 unversehrt blieb. Das 1704 erbaute Rathaus enthält einen sehenswerten neuen Saal, der mit einem Bilde von Lindenschmit: Die Überreichung neuer Statuten an die Universität durch Otto Heinrich darstellend, geschmückt ist. Am chem. Laboratorium steht das von Ludwig I. von Bayern errichtete Bronzestandbild des bayr. Feldmarschalls Fürsten Karl von Wrede (geb. 1767 in H.) von Brugger und in der Nähe des alten Klingenthores eine Bronzebüste von Karl Metz, dem Begründer der Freiwilligen Feuerwehren.

Die Universität, die älteste im Deutschen Reiche, wurde 1386 von Kurfürst Ruprecht I. nach dem Muster der Pariser gegründet und 28. Okt. eröffnet. Nach einer stillen, aber glücklichen scholastischen Zeit gewann sie besonderes Ansehen in der Regierungszeit Kurfürst Philipps des Aufrichtigen (1476-1508), dessen Kanzler Johann von Dalberg, Bischof von Worms, Männer wie Rud. Agricola, Jak. Wimpfeling, Reuchlin, Ökolampadius u. a. teils an den kurfürstl. Hof, teils an die Universität berief und dadurch H. zu einer Stätte des Humanismus machte. In gleichem Geiste wurde die Universität nach Einführung der Reformation von Kurfürst Otto Heinrich (1556-59) unter Mitwirkung Melanchthons völlig neu gestaltet und gelangte unter den Kurfürsten Friedrich III. dem Frommen, Joh. Kasimir, Friedrich IV. und V. zu höchstem Ansehen als Mittelpunkt des Calvinismus. Unter den hervorragenden Lehrern dieser Zeit sind zu nennen die Theologen Ursinus und Olevianus, die Verfasser des Heidelberger Katechismus (s. d.), die Juristen Donellus, Balduinus und Gothofredus, der Historiker M. Freher u. a. Am 16. Sept. 1622 wurde H. durch Tilly erobert und 1623 die berühmte Palatinische Bibliothek (Bibliotheca Palatina), darunter 3527 Handschriften, von Maximilian I. von Bayern dem Papste geschenkt. 1652 richtete Kurfürst Karl Ludwig die Universität wieder auf und berief Spanheim, Freinsheim, Pufendorf, Cocceji, Hottinger, Beger u. a. Nachdem aber 1685 die kath. Linie Pfalz-Neuburg zur Regierung gekommen und H. 1689 und 1693 zerstört worden war, ging die Universität kurze Zeit ein und konnte auch nach ihrer Wiedereröffnung das ganze 18. Jahrh. hindurch infolge konfessioneller und persönlicher Streitigkeiten