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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Heroisieren - Heroldsfiguren
Der Heroismus zeigt sich demnach in Thaten voll
Mut und Größe; Gesinnungen kann man nur inso-
fern heroisch nennen, als sie zu heroischen Hand-
lungen führen. Der Hauptzug des Heroischen ist
Erhabenheit, und dieses Gefühl müssen diejenigen
Kunstwerke namentlich der Poesie und Musik er-
wecken, die den Namen heroischer beanspruchen.
Heroische Poesie, Heldendichtung; als heroi-
scher Vers gilt der Hexameter (s.d.). Heroische
Figur, Statue in übernatürlicher Größe. Unter
heroischer Landschaft (so benannt nach der ur-
sprünglich mit ihr auftretenden heroischen Staffage,
Figuren, Architekturen u. dgl.) versteht man eine
idealisierte Form des Landschaftsbildes. Von den
ältern Malern haben sie gepflegt: A. Schiavone, die
Carracci, Claude Lorrain (s. die Tafel beim Artikel:
Claude Lorrain), N. Poussin (s. Tafel: Franzö-
sische Kunst V, Fig. 2); von den neuern: die Deut-
schen I. A. Koch, K. Fr. Lessing, F. Preller <s. Tafel:
Deutsche Kunst VII, Fig. 8), Hertel, die Englän-
der Wilson, Turner u. a. ftheose).
Heroisieren, zum Heros (s. d.) erheben (s. Apo-
Heroismus, s. Heroisch.
Herold, bei den Ritterspielen des Mittelalters
ein Beamter, der Kenntnis der von den Teilnehmern
geführten Wappen, der Regeln und Normen über
Einrichtung und Führung der Wappen besaß. Das
Vorbild der H. waren die Xer^1<68 der Griechen und
die^6tiai68 der Römer, die als Voten des Friedens
und des Krieges für unverletzlich galten, denen, die
sie begleiteten, Schutz gewährten, Versammlungen
leiteten u.s.w. Zur Zeit des Rittertums bildeten die
H., auch Ehren Herolde genannt, einen besondern
(Htano an den Höfen der Fürsten und mußten die
Adelswissenschaft oder Heroldskunst, deren Nor-
men besonders in Frankreich festgestellt wurden,
zunftmähig erlernt haben. Dazu gehörte die ge-
naueste Kenntnis des hohen und niedern Adels, der
Wappen, Rechte und Besitzungen desfelben sowie
der einzelnen Geschlechter. Die H. hatten alle öffent-
lichen Feierlichkeiten zu leiten. Sie waren die Richter
in allen Streitigkeiten des Adelswesens, prüften Ab-
stammungen auf den Adel der Ahnen, entwarfen
und verbesserten Wappen und bildeten die Sitten-
richter des Adels. Bei den Turnieren lag ihnen
die Wappenschau ob sowie die Entscheidung über
die durch die Ahnenprobe (s. Ahnen) bedingte
Turnierfähigkeit. Im Kriege waren sie Voten des
Krieges und des Friedens. Sie zerfielen in drei
Klassen: Wappenkömge, H. und Persevanten (pour-
8uivant8). Nm als Persevant aufgenommen zu
werden, war es nötig, daß zwei H. des Kandidaten
Rechtlichkeit und Unbescholtenheit bezeugten. Hier-
auf erfolgte die Taufe mit Wein, die entweder vom
Fürsten selbst oder von einem Wappenkönige voll-
zogen wurde, wobei der Kandidat einen besondern
Namen erhielt. Dann folgte die Anlegung des
Wappenrocks, der sich von denen des Wappenkönigs
und des H. unterschied, während alle drei Klassen
das Wappen ihres Herrn auf der linken Schulter
führten. Nach siebenjähriger guter Dienstzeit konnte
der Persevant H. werden, wenn zwei Wappenkönige
und vier H. bezeugten, daß er seine Schuldigkeit
vollkommen gethan habe und H. zu werden verdiene.
In diesem Falle taufte ihn der Fürst, fein Herr, von
neuem und erteilte ihm einen neuen Namen, worauf
H. ihm den neuen Wappenrock anlegten. Bei der
Wahl eines neuen Wappenkönigs, des höchsten
Grades, den ein H. erlangte, berief man so viele
Wappenkönige und H. zusammen, als nur irgend
möglich war, um dem Akte die größte Feierlichkeit
zu geben. Bezeugten diese alle das unbedingte Ver-
dienst des zu Erwählenden, so setzte ihm der Fürst
eine Krone auf und erteilte ihm den Namen einer
Provinz seines Landes. In neuerer Zeit kommen H.
nur noch bei Krönungen, Huldigungen, fürstl. Ver-
mählungen und andern festlichen Gelegenheiten zur
Verwendung; auch haben die meisten Ritterorden
Beamte, welche den Titel H. führen und bei Feier-
lichkeiten des Ordens in vorgefchriebener Tracht er-
scheinen. (Vgl. auch Heroldsamt.)
Herold, Louis Ios. Ferd., franz. Opernkom-
ponist, geb. 28. Jan. 1791 zu Paris, gest. daselbst
19. Jan. 1833, war Schüler des dortigen Konser-
vatoriums, und schrieb in Neapel, wo er auf Grund
des großen Reisestipendiums verweilte, 1813 seine
erste Oper "1^9. ^ioventü äi Nm-ico V", der dann
in Paris noch eine Reihe weiterer Versuche und
halber Erfolge sich anschlössen, bis er 1826 mit seiner
"Ng.ri6" endlich einen großen Erfolg hatte. H.s
bedeutendste Werke, die auch in Deutschland lange
gegeben wurden, sind "2amM" (1831) und "1^6 ?r6
aux (^I6rc8", deutsch als "Zweikampf" oder "Die
Schreiberwiese" bekannt (1832). Namentlich in
"^HiuM", der dramatisch eine interessante, aber
schlecht durchgeführte Variante des Don Juan-
Motivs bildet, zeigt H. ein starkes Talent für die
Wiedergabe ernster, gespannter und dämonischer
Scenen und zugleich noch die gute, von Effektsucht
freie Schule Mchuls und seiner Zeit. Aber seine
Kraft verdarb an der koketten Richtung der Scribe-
schen Librettistenschule und ihrer musikalischen Mit-
arbeiter. "1^6 ?r6 3.ux lüwrcL" macht dieser und
der alten franz. Liebhaberei für Äußerlichkeiten in
der Oper bereits die weitesten Zugeständnisse.
Heroldsamt, in einigen Staaten eine Behörde
zur Aufsicht über den bestehenden Adel betreffs der
ihm zustehenden Standesgrade und zur Bearbei-
tung und Prüfung der auf Standeserhöhungen ge-
richteten Gesuche. In Preußen wurde 1706 ein H.
errichtet, das bald wieder einging und erst 1855 von
neuem ins Leben gerufen wurde. In Bayern besteht
ein H. seit 1808. In England bilden unter dem
erblichen Vorsitze des Graf-Marschalls Herzogs von
Norfolk drei Wappenkömge (des Hosenbandordens,
für die südl. Provinzen und den Norden) und deren
Herolde das seit 1360 bestehende HeMä'g <üo1i6Fs
oder Il6lNiä'8 Ot'ücs. In Rußland ist das H. ein
eigenes Departement des Senats.
Heroldsdichtung oder Wappendichtung,
eine seit dem Ende des 13. Jahrh, sehr beliebte Art der
Dichtung, die den äußern Glanz des romanhaften
Rittertums auf die Turniere und Kriegszüge der
eigenen Zeit zu übertragen suchte, indem sie vor-
nehmlich die Äußerlichkeiten der Rüstung, nament-
lich die Wappen der Streiter, meist mit übertreiben-
dem Lobe abschilderte. Diesen höchst unpoet. Stoff
hat schon Konrad von Würz bürg im "Turnier
von Nantes" behandelt (nach 1257). Nach und
nach wurde die H. mit ihren unsäglich langweiligen
Wappenkatalogen von berufsmäßigen Herolden
und Perfevanten immer trockner und handwerks-
mäßiger aufzählend betrieben. Ihr bedeutendster
und fruchtbarster Vertreter war Peter Suchenwirt;
Hans Rosenplüt hat allegorische Wappen reden
gedichtet. Im 16. Jahrh, wurde die H. durch die
Verse der Pritschmeister verdrängt.
Heroldsfiguren (Heroldsstücke), s.Heraldik.