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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hilfsbänder - Hilfskassen
u. d. T. "Bylinen aus Onega" (russisch, Petersb. ^
1873) herausgegeben.
Hilfsbänder (anatom.), s. Bänder.
Hilfsbau, im Bergrecht die Stollen und
Schächte außerhalb eines verliehenen Feldes, die
zum vorteilhaften Betriebe desselben dienen (Hilfs -
stollen, Hilfsschacht). Sie können sowohl im
freien wie im verliehenen Felde angelegt werden,
im letztern jedoch nur dann, wenn sie die Wasser-
und Wetterlösung oder den vorteilhaften Betrieb
des Bergwerkes, für welches die Anlage gemacht
werden soll, bezwecken und der eigene Bau des
andern weder gestört noch gefährdet wird. Der
H. hat den Charakter einer Servitut und ist Zu-
behör des berechtigten Bergwerkes. Wird die Not-
wendigkeit des H. im fremden Felde von dem be-
treffenden Bergwerkseigentümer bestritten, so ent-
scheidet darüber nach Prcuß. Verggesetz die Berg-
behörde. Nach österr. Recht bedarf der H. in allen
Fällen der Konzession von feiten der Verghaupt-
mannschaft. Das königlich sächs. Gesetz verpflichtet
jeden Bergwerksbefitzer, soweit es nach dem Er-
messen des Bergamtes ohne Behinderung und Ge-
fährdung des eigenen Bergbaues geschehen kann,
gegen vollständige Entschädigung anderer Verg-
werksbesitzer zu gestatten, daß sie in seinem Felde
und seinen Bauen ansitzen, um Örter, Abteufen oder
überhaue anzulegen und in ihr Grubenfeld zu trei-
ben; daß sie durch sein Feld Stollen und andere H.
ireiben; und daß sie in seinem Felde und seinem Baue
Vorrichtungen treffen, welche zur Sicherung ihrer
Werke erforderlich sind. Selbst die Mitbenutzung
der Grubenbaue und Wasser muß er sich gefallen
lassen, sofern ohne folche der Betrieb des andern Berg-
werkes unverhältnismäßig erfchwert werden würde.
Hilfsdünger, s. Veidünger.
Hilfsfrage. Hat die Verhandlung vor dem
Schwurgericht (s. d.) Umstände ergeben oder sind
solche auch nur behauptet worden, welche eine von
der Anklage abweichende rechtliche Beurteilung der
dem Angeklagten zur Last gelegten That (z. B. Kör-
perverletzung mit tödlichem Erfolge statt Mord, An-
stiftung oder Beihilfe statt Thäterschaft) begründen
würden, so ist den Geschworenen neben der Haupt-
frage (s. d.) für den Fall von deren Verneinung eine
H., in der Osterr. Strafprozeßordnung Eventual-
frage genannt,vorzulegen. DleOsterr.Strafprozeß-
ordnung läßt die Vorlegung einer Eveutualfrage,
die die Anwendung eines härtern Gesetzes bedingen
würde, nur mit Zustimmung des Angeklagten zu,
bei deren Verweigerung jedoch dem Ankläger die
Verfolgung wegen der betreffenden Thatsachen vor-
behalten werden kann. (Vgl. §. 294 der Deutschen,
§. 320 der Osterr. Strafprozeßordnung.)
Hilfsgefchäfte eines Kaufmanns sind die ac-
cessorischen Handelsgeschäfte ls. d.).
Hilfsgeschlvorene, aushilfsweise eintretende
Geschworene, welche wie die Hauptgeschworenen
aus der Vorschlagsliste (§. 88 des Gerichtsver-
fassungsgcsetzes) unter besonderer Rücksichtnahme
auf die am ^itzungsorte des Schwurgerichts oder in
dessen nächster Umgebung wohnenden Personen ge-
wählt werden, ^ie werden in eine besondere Iah-
resliste aufgenommen. Zeigt sich bei Bildung der
Geschworencnbant, daß nicht mindestens 24 geeig-
nete Geschworene anwesend sind, so wird die Zahl
auf 30 dadurch ergänzt, daß der Vorsitzende in öf-
fcntlichcr Sitzung H. für alle in der Sitzungsperiode
noch zu verhandelnden Sachen mittels Losziehung
bestimmt. Diese ausgelosten H. werden unter Hin-
weis auf die Folgen des Ausbleibens geladen (§. 280
der Strafprozeßordnung) und in die Spruchliste ein-
getragen. Erscheinen zu einer spätern Hauptver-
handluna. mehr als 30 Geschworene, so treten die
überzähligen H. in der umgekehrten Reihenfolge
ihrer Auslosung zurück.
In Österreich werden die H. als Ergänzungs-
aeschworene <s. o.) bezeichnet. Wenn aus der
^ahresliste 36 Hauptgeschworene gezogen werden,
sind aus der andern Jahresliste 9 Ergänzungs-
geschworene zu ziehen. Diese haben in jeder Haupt-
verhandlung zu erscheinen, um, wenn nicht min-
destens 30 Hauptgeschworene anwesend sind, einzu-
treten. (S. auch Schwurgericht.)
Hilfskassen, in weiterm Sinne Vereinigungen
zum Zweck gegenseitiger Unterstützung oder Ver-
sicherung bei solchen Schäden, welche die Person der
Mitglieder oder ihrer Angehörigen treffen, insbe-
sondere bei Krankheit, Invalidität, Altersschwäche
und Todesfall, also Schädigungen durch natürliche
Ursachen, aber auch bei Reisen, Arbeitslosigkeit u. a.
Die H. unterscheiden sich einerseits von den Wohl-
thätigkeitsgesellschaften durch die mindestens über-
wiegende Selbsthilfe, welche jedoch die Beteiligung
nur zahlender sog. Ehrenmitglieder nicht aus-
schließt; andererseits von den gewöhnlich so ge-
nannten "Genossenschaften') (Vorschuß-, Konsum-,
Rohstoffvereine u. a.) durch den vorwiegenden Cha-
rakter der Versicherung; zu den Genossenschaften
überhaupt sind aber die H. zu zählen, ja sie stellen
die älteste Form des Genossenschaftswesens dar.
Ihre Mitglieder gehören vorzugsweise der arbeiten-
den Bevölkerung an, rekrutieren sich aber auch aus
den Kreisen der selbständigen Handwerker, Beamten,
Arzte, Anwälte u. s. w. Man unterscheidet Zwangs-
hilfskassen und freie H., je nachdem der Beitritt
zu denselben auf gesetzlicher Vorschrift oder freier
Übereinkunft beruht; da die erftern jedoch jetzt durch-
weg besondere technische Bezeichnungen Wrts-, Be-
triebs-, Bautrankenkassea u. s. w., s. Arbeiterver-
sicherung) führen, so wird im Gegensatz zu diesen der
Name Hilsskasse vorzugsweise für die freien Kassen
angewendet. Unter diesen sind wiederum zu unter-
scheiden: k. die eingeschriebenen und die nicht
eingesckriebenen H. Jene sind solche, die ihre
Statuten den Normativbestimmungen der Hilfs-
tasjengesetze (s. d.) angepaßt haben; sie dürfen,
ebenso wie die Zwangskassen, nur Kranken- und
Begräbnisfürsorge zum Gegenstand haden und
genießen andererseits gewisse korporative Rechte.
Die nicht eingeschriebenen H. sind in ihrer Organi-
sation und in der Ausdehnung ihres Wirkungs-
treises nur den Schranken unterworfen, welche die
allgemeinen und etwaige das Vereins- und Ver-
sicherungswesen betreffende besondere Normen des
Landesrechts enthalten, d. H., deren Mitgliedschaft
von der Verpflichtung, einer Zwangslasse anzuge-
hören, befreit, und H., welche dieses Privileg nicht
besitzen. Dasselbe ist nur den H. verliehen, deren
Leistungen dem Mindestmaß der den Zwangskassen
gesetzlich obliegenden Fürsorge gleichkommen; wäh-
rend es hierbei jedoch nach demKrankenversicherungs-
gesetz vom 15. Juni 1883 den H. gestattet war, an
Stelle freier ärztlicher Behandlung und Arznei einen
entsprechenden Geldbetrag zu Zahlen, müssen diese
Unterstützungen nach der Novelle vom 10. April
1892 in uawi-3. gewährt werden. Darüber, ob die
H. diesen Anforderungen genügen, erteilt die Lan-