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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hiller (Joh., Freiherr von) - Hiller (Philipp Friedrich)
sein Oratorium "Die Zerstörung Jerusalems" unter
großem Erfolge Zur Aufführung brachte. Seinen
Aufenthalt nahm er abwechselnd in Frankfurt,
Leipzig, wo er im Winter 1843-44 die Gewand-
hauskonzerte dirigierte, und in Dresden. In letz-
terer Stadt verweilte er vier Jahre und führte die
beiden Opern "Der Traum in der Christnacht"
(1844) und "Konradin, der letzte Hohenstaufe"
(1847) auf. H. nahm 1847 die Stelle eines Musik-
direktors in Düsseldorf an, von wo er nach einer
dreijährigen Wirksamkeit einem Rufe als Kapell-
meister nach Köln folgte. Hier brachte er das be-
stehende Konzertinstitut auf eine bedeutende Höhe
und gründete außerdem die Rheinische Musikschule
(das Kölner Konservatorium), die unter seiner Di-
rektion zu anerkannter Blüte gelangte. In diesen
Wirkungskreis kehrte H. auch im Nov. 1852 zurück,
nachdem er im Winter 1851-52 die Italienische
Oper in Paris dirigiert und die Kunstsaison von
1852 in London zugebracht hatte. 1884 legte H.
seine Amter nieder; er starb 10. Mai 1885 in Köln.
Z. schrieb außer den schon angeführten Kompo-
sitionen viele Liedersammlungen (namentlich die
"Drei Bücher neue Gesänge"),Sonaten, zwei Klavier-
konzerte, die Etüden für Pianoforte und Violine,
die Impromptus, die rhythmifchen Studien, die
vierhändige "Operette ohne Worte", Solostücke für
Violine und Violoncell, Kammermusiksachen, Kon-
zertouverturen, außerdem Gesangstücke für Solo,
Chor und Orchester (aO weint um sie" ftach Byrons,
"Die Christnacht", "Heloife", "Lorelei", "Die Nachr",
"Palmsonntagmorgen", "Der 93. Psalm", "Pfing-
sten" u. a.), die Oratorien "Ver 8acruin" und "Saul",
ferner "Nal und Damayanti" und der "Gefesselte
Prometheus", endlich die Opern "Die Katakomben"
(1862), "Der Deserteur" (1865), "Der Advokat".
Die verbreitetsten und bedeutendsten unter seinen
Werken waren: "Die Zerstörung Jerusalems", ein
Seitenstück zu dem "Elias" von Mendelssohn, die
Sinfonie in N-inoii mit dem Motto: "Es muß doch
Frühling werden", und das Klavierkonzert in ^i8-
inoii. Dauernd scheinen sich nur einige seiner Arbeiten
in kleiner Form zu behaupten: die Quintette für
MännerchorundSopransolo und die "Charakterstücke
für Klavier", wie das bekannte "Zur Guitarre". AIs
Pianist gehörte H. der klafsifchen Schule Schmitts
und Kümmels an und war namentlich als Mozart-
Spieler geschätzt. Als musikalischer Schriftsteller und
Feuilletonist hat sich H. einen Namen erworben durch
"Übungen zum Studium der Harmonie und des Kon-
trapunktes" (Köln 1860; 14. Aufl. 1891), "Aus dem
Tonleben unsererZeit" (Lpz. 1868; Neue Folge 1871),
"Ludwig van Beethoven. Gelegentliche Aufsätze"
(ebd. 1871), "Felix Mendelssohn-Vartholdy. Briefe
und Erinnerungen" (2. Aufl., Köln 1878), "Musika-
lisches und Persönliches" (Lpz. 1876), "Briefe an
eine Ungenannte" (Köln 1877), "Künstlerleben"
(ebd. 1880), "Wie hören wir Musik?" (Lpz. 1881).
Hiller,Joh.,Freiherrvon,österr.Feldzeugmeister,
geb. 10. Juni 1754 zuVrody, trat schon früh in die
österr. Armee ein und legte die ersten Proben seiner
militär. Veanlagung als Major im Türkenkriege
(1787 - 91) ab, wo er für seine Leistungen bei der
Einnahme von Gradiska Oberst wurde. Er wurde
1794 Generalmajor, erhielt 1796 eine Brigade bei
der Rheinarmee, kämpfte 1798 am Lech und 1799
in der Schweiz, wurde 1805 Feldmarschalllieutenant
und führte dann eine Division in Tirol unter Erz-
herzog Johann. Im Kriege von 1809 erhielt er das
6. Armeekorps unter dem Erzherzog Karl, wurde
zwar bei Abensberg geworfen, schlug aber bei seinem
Rückzug den Marschall Bessieres bei Neumarkt
(24. April) und zeichnete sich besonders in der
Schlacht bei Aspern und Eßling (s. d.) aus, wo er
das von Masftna verteidigte Aspern nach mehrern
Stürmen nahm. Für seine Verdienste wurde er zum
Feldzeugmeister ernannt. H. befehligte 1813 das
später die Armee von Italien genannte Heer von
Innerösterreich, das Illyrien erobern und weiter
nach Italien vordringen sollte. Indessen wurde er
im Dezember abberufen und muhte den Oberbefehl
an Vellegarde abtreten. Nach dem ersten Pariser
Frieden ward er Höchstkommandierender in Sieben-
bürgen , dann in Galizien und starb 5. Juni 1819
zu Lemberg.
Hiller, Joh. Adam, Musiker, geb. 28. Dez. 1728
zu Wendischosstg bei Görlitz, bezog 1751 die Uni-
versität zu Leipzig, um die Rechte zu studieren,
und wurde 1754 Hofmeister des jungen Grafen
Vrühl in Dresden, mit dem er 1758 nach Leipzig
zurückkehrte. Mit Ausnahme weniger Jahre, die
er als herzoglicher kurländ. Kapellmeister in Mitau
und auf Kunstreisen durch Deutschland verbrachte,
hat er diese Stadt nicht wieder verlassen. 1763
richtete er das durch den Siebenjährigen Krieg zer-
störte "Wöchentliche Konzert" der Kaufleute als
"Liebhaberkonzert" wieder ein. Aus diesem ent-
stand 1781 das heutige Gewandhauskonzert, dessen
erster Kapellmeister H. ebenfalls war. 1771 rief
er zur Hebung der in Deutschland ganz danieder-
liegenden Gesangskunst eine "Singschule" ins Le-
ben, aus welcher bedeutende Kräfte hervorgingen.
1789 ward er Thomaskantor, trat 1801 wegen Al-
tersschwäche zurück und starb 16. Juni 1804. Zwei
Schülerinnen, die Schwestern Podelsky, ließen ihm
1828 hinter der alten Thomasschule ein Denkmal
errichten. H. hat sich so vielseitig und durchgreifend
bethätigt wie kaum ein zweiter Musiker. Er führte
Handels große Oratorien in Deutfchland ein, indem
er Aufführungen mit nie gefehcner Massenbesetzung
in Berlin und Vreslau veranstaltete, die als die Vor-
läufer unserer Musikfeste gelten können. Er begrün-
dete mit seinen "Wöchentlichen Nachrichten" (1766)
das musikalische Zeitungswesen in Deutschland, er
gab mil seinen "Lebensbeschreibungen berühmter
Musikgelehrten und Tonkünstler" (1784) einen wich-
tigen Beitrag zur Lexikographie, regte als Schrift-
steller und Theoretiker eine Reihe der wichtigsten
musikalischen Zeitfragen an, wirkte nützlich als
Herausgeber und Bearbeiter, und war endlich auch
noch als Komponist bahnbrechend. Denn er erwarb
dem deutschen Singspiel mit seiner "Jagd", mit
"Lottchen am Hofe", der "Liebe auf dem Lande" u. a.
erst allgemeine Anerkennung. Seine Sinfonien,
Kantaten, Passionen blieben ungedruckt und unbe-
kannt. Am längsten haftete sein Name an seinem
"Choralbuch", das in Sachsen erst vor wenigen
Jahren außer Gültigkeit gesetzt worden ist.
Hiller, Philipp Friedrich, Kirchenliederdichter,
geb. 6. Jan. 1699 zu Mühlhausen an der Enz in
Württemberg, studierte Theologie in Tübingen,
wurde 1724 Pfarrgehilfe zu Brettach, 1748 Pfarrer
in Steinheim bei Heidenheim. 1751 verlor er die
Stimme und war feitdem litterarisch thätig. Er
starb 24. April 1769 in Steinheim. H. gab Joh.
Arndts "Paradiesgärtlein" in Liedern heraus
(4 Bde., Nürnb. 1729-31; 4. Aufl., Stuttg. 1785).
Aunerdem schrieb er "Das Leben Jesu Christi in