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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hirsau - Hirsch (Jenny)
mit nur geringen Gebietsabtretungen erkauften.
Im Bundesgenossenkriege (91-88) standen sie auf
Seite der abgefallenen Italer, erhielten aber mit
diesen allen 88 das röm. Bürgerrecht.
Hirsau (Hirsch au), Dorf im Oberamt Calw
des württemb. Schwarzwaldkreises, 2,5 km unter-
halb Calw, im Thale der Nagold, in 332 in Höhe,
an der Linie Pforzheim-Calw (Nagoldbahn) der
Württemb. Staatsbahnen, hat (1890) 757 E., Post,
Telegraph; Wollspinnerei, Saffian-, Löffel- und
Pappdeckelfabriken und wird als Luftkurort besucht.
H. verdankt seine Entstehung dem ehemaligen Klo-
ster H. Dieses berühmte Benediktinerkloster
(Non^tsrimn Hil8NUFi6N86), vom Grafen Erlafried
von Calw 830 erbaut, durch Hrabanus Maurus,
Abt von Fulda, im Sept. 838 eingeweiht, zeichnete
sich durch wissenschaftliche Bildung und eine im
10. Jahrh, berühmte Schule aus. Durch den Grafen
Adelbert II. von Calw 1059 hob sich das Kloster
noch mehr und nahm unter dem heil. Wilhelm
(1069 - 91) eine der ersten Stellen unter allen
Benediktinerkongregationen ein. 1534 säkularisiert,
wurde es 1556 in eine Klosterschule verwandelt.
Herzog Ludwig von Württemberg baute ein Schloß
an das Kloster an, welches aber gleich dem Kloster
1692 durch die Franzosen eingeäschert wurde. Die
ausgebrannten Mauern dieses Schlosses überwölbt
die riesige, von Nhland u. a. besungene Ulme. Die gut
erhaltene got. Kapelle (1509), jetzt Pfarrkirche und
1892 vortrefflich restauriert, birgt in den obern Räu-
men den interessanten Klosterbibliotheksaal. - Vgl.
Tritheims Otn-cmicon llir8Hu^i6ii86, 838 -1514
(Bas. 1559 u. ö.); lüodox Hii-8au3i6N8i8, hg. 1844
vom Litterarischen Verein in Stuttgart; Steck, Das
Kloster tz. (Calw 1844); Klaiber, Das Kloster H.,
für Natur-, Geschichts-, Kunst- und Altertums-
freunde geschildert (Tüb. 1886).
Hirsch (zoolog.), s. Hirsche. - H. nennt der
Weidmann das gesamte männliche Not-, Dam-
und Elchwild, während er das weibliche als Tier
bezeichnet. (S. Edelhirsch.)
Hirsch, Weiher, klimatischer Kurort bei Dres-
den, s. Weißer Hirsch.
Hirsch, August, Mediziner, geb. 4. Okt. 1817 zu
Danzig, studierte seit 1839 in Berlin und Leipzig
Medizin und lieh sich 1844 in Elbing, 1846 in sei-
ner Vaterstadt als praktischer Arzt nieder. 1850
- 59 veröffentlichte er eine Reihe größerer Ab-
handlungen über die Geschichte und Geographie der
Malariasieb er, der typhösen Krankheiten, der Nuhr,
der Veulenpest und des Schweißfricsels und faßte
die Nesultate seiner geogr.-pathol. Studien in dem
"Handbuch der histor.-geogr. Pathologie" (2 Bde.,
Erlangen 1859 - 64; 2. Aufl., Stuttg. 1881 - 83)
zusammen. 1863 wurde er als ord. Professor der
Medizin an die Universität Berlin berufen, wo sich
seine Lehrthätigkeit vorzugsweise über Gefchichte der
pragmatischen Medizin, über Geschichte und Geo-
graphie der Vollstrankheiten sowie über specielle
Pathologie und Therapie erstreckt. 1865 bereiste er
im Austrag der Regierung die vom epidemischen Ge-
nickkrampf heimgesuchten Gegenden Westpreußens
und veröffentlichte hierüber seine Schrift "Die Ns-
ninFitig e6r6di'O3pina1i8 6pidoinicÄ" (Berl. 1866).
Auf seinen und Pettenkofers Antrag wurde 1873
die "Cholerakommission für das Deutsche Reich"
gebildet, als deren Mitglied er im amtlichen Auf-
trag 1873 die von der Cholera befallenen Provin-
zen Pofen und Westprcuhen bereiste und als Re-
sultat seiner Beobachtungen einen ausführlichen
Bericht (1874) veröffentlichte. Im Winter 1879/80
begab er sich als Delegierter des Deutschen Reichs
nach dem Gouvernement Astrachan behufs Nach-
forschungen über die daselbst ausgebrochene Pest-
epidemie und gab darüber einen ausführlichen Be-
richt (1880) heraus. Außerdem veröffentlichte er
noch eine Abhandlung über die Anatomie der alten
griech. ötrzte (Habilitationsschrift, lateinisch, Verl.
1864), "über Verhütung und Bekämpfung der Volks-
krantheiten" (ebd. 1875), "Geschichte der Augenheil-
kunde" (Lpz. 1877, als Teil des großen "Handbuches
der Augenheilkunde" von Graefe und Sämisch),
"Geschichte der mediz. Wissenschaften in Deutsch-
land" (Münch. und Lpz. 1893). Auch veröffentlichte
er eine neue und erweiterte Bearbeitung der gesam-
melten Abhandlungen Heckers u. d. T."Die großen
Volkskrankheiten des Mittelalters"(Berl. 1865); feit
1866 giebt er mit Virchow den "Jahresbericht über
die Fortschritte und Leistungen der Medizin" heraus
und ist als Herausgeber an dem "Biogr. Lexikon
der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker"
(6 Bde., Wien 1884-88) beteiligt gewesen.
Hirsch, Heinrich Gustav Bruno, pharmaceu-
tischer Schriftsteller, geb. 13. April 1826, über-
nahm 1856 die Adlerapotheke zu Grüneberg in
Schlesien, die er nach neunzehnjährigem Besitz ver-
kaufte, um nach Gießen überzusiedeln. Später grün-
dete er die Goethe-Apotheke in Frankfurt a. M., die
er nach sechsjährigem Besitz verkaufte. Seitdem lebt
er in Berlin als Privatmann. Er schrieb 1847 eine
vergleichende Übersicht zwischen der 5. und 6. Auflage
der "Preußischen Pharmakopöe" (Berlin), 1863 eine
solche zwischen der 6. und 7. Auslage (ebd.), 1866
"Die Prüfung der Arzneimittel" (2. Aufl., ebd.
1875), 1866 "Die Fabrikation künstlicher Mineral-
wässer" (2. Aufl., Braunschw. 1876), 1873 "Die
?1^rni3.c0p063. FSt-manicg. verglichen mit den jüng-
sten Ausgaben der i^tiarmacopoLa. doru^ica" (Ber-
lin), 1876 "Über die der Bearbeitung einer Pharma-
kopöe zu Grunde zu legenden Principien", 1879
"Gutachtliche Äußerung über die ?1iarnig.(!0i)06H
Forinaiiicg. I" und "Vorschläge für die Okarina-
copoen. F6rniNnica II", 1883 "Vergleichende Über-
sicht zwischen der 1. und 2. Ausgabe der lbarinÄ-
copoea S6i-inÄnicH" und "Supplement zur 2. Aus-
gabe der kKaimac0p063.F6i-iiiNiiiek" (Berlin). Fer-
ner schrieb H. eine "Üniversal-Pharmakopöe" (Bd. 1,
Lpz. 1884-86; Bd. 2, Gott. 1888-90) und in
Gemeinschaft mit Professor H. Beckurts ein "Hand-
buch der praktischen Pharmacie" (2 Bde., Stuttg.
1887-89). 1890 gab H. in Gemeinschaft mit Al-
fred Schneider einen "Kommentar zum Arzneibuch
für das Deutfche Reich" (Göttiugen) heraus.
Hirsch, Jenny, Schriftstellerin, geb. 25. Nov.
1829 zu Zerbst, war zuerst Privatlehrerin in ihrer
Vaterstadt, 1860-64 in der Redaktion des "Bazar"
in Berlin thätig, für welchen sie unter dem Pseu-
donym I. N. Heynrichs schrieb. Später wurde
ihr Interesse durch die Bewegung für Verbesserung
der Frauenerziehung und Förderung der Erwerbs-
fähigkeit des weiblichen Geschlechts in Anspruch ge-
nommen. Sie besuchte 1865 den ersten Frauentag
in Leipzig und trat im Frühjahr 1866 in den Lette-
Verein, dessen Schriftführeramt sie feit der Begrün-
dung bis zum April 1883 verwaltete. Von 1870
bis 1882 redigierte sie die Zeitschrift "Der Frauen-
anwalt", Organ des Verbandes deutscher ^rauen-
bildungs- und Erwerbvereine. Mit Mary Wall