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Hortus deliciarum – Horváth
Hortus deliciarum
(lat., «Lustgarten») nannte Herrad von Landsperg, Äbtissin des Klosters Hohenburg oder
St. Odilien im Elsaß, ein von ihr in der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. für die Nonnen zum
Zwecke des Jugendunterrichts verfaßtes Werk, das im Rahmen der biblischen Geschichte eine
kurze Darstellung alles Wissenswerten enthielt. Die Handschrift, zuletzt aus
324 Pergamentfolioblättern mit 636 farbigen Federzeichnungen bestehend, blieb bis zum
16. Jahrh. dem Kloster und kam später in die Straßburger Bibliothek, mit der sie 1870 bei
der Beschießung verbrannte. Die zahlreichen Miniaturen im roman. Stil der Blüteperiode,
obwohl dilettantisch in der Behandlung, sind eine Hauptquelle für Tracht, Bewaffnung und
Lebensweise der Zeit. Seine Stellung in der deutschen Kunst- und Kulturgeschichte wahren
dem Werke die von Chr. M. Engelhardt gegebenen Textauszüge und Miniaturenproben:
«Herrad von Landsperg und ihr Werk H. d.» (Stuttg. und Tüb. 1818). Die Kopien gab A. Straub
in Photolithographie neu heraus (Lfg. 1–5, Straßb. 1879–93).
Hortus siccus
(lat., «trockner Garten»), soviel wie Herbarium.
Horuk, eigentlich Arudsch,
bekannter unter dem Beinamen Barbarossa, der erste türk.
Herrscher in Algier, geb. 1473 auf der Insel Midillü (Lesbos), war der Sohn eines zum Islam
übergetretenen Rumelioten. H. erwarb sich bald den Ruf eines kühnen Seemanns, trat, nachdem
er erst ägypt., dann türk. Schiffe befehligt hatte, mit seinem Bruder
Cheir-eddin (s. d.) in die Dienste des Sultans von Tunis und machte sich
durch glückliche und kühne Unternehmungen bald zum Schrecken des Mittelmeers. 1515 vom
Scheich Selim-Eutémi, dem damaligen Beherrscher von Algier, gegen die Spanier zu Hilfe gerufen,
erschien H. bald darauf vor der Stadt und verjagte die span. Flotte, erdrosselte aber zugleich
den Eutémi und ließ sich selbst zum Herrscher Algiers ausrufen. Er unterwarf sich hierauf
die benachbarten Landschaften und teilte das neubegründete Reich mit seinem Bruder Cheir-eddin,
der den Westen mit der Residenz Tedles bekam, während H. selbst den Osten mit dem Hauptorte
Algier behielt. Nach wiederholten Kämpfen mit den vertriebenen Häuptlingen des Landes
sowie mit den Spaniern fiel H. 1518 in einem Treffen bei Tlemsen.
Horus (ägypt. Hor), ägypt. Gott,
ein Sonnengott, wird schon von Herodot mit dem griech. Apollon identifiziert; daher auch
der griech. Doppelname Horapollon. In Edfu, wo man sich
den H. als Sonne mit Flügeln, welche über den Himmel schwebt, vorstellte, ist der
Ausgangspunkt seines Kultus, der sich über ganz Ägypten verbreitet hat. Sein heiliges Tier
ist der Sperber; deshalb wird der Gott auch unter diesem Bilde oder doch als Mensch mit
einem Sperberkopfe (s. vorstehende Fig. 1) dargestellt; auch sein Name wird in der
Hieroglyphenschrift mit dem Bilde ↔ eines Sperbers geschrieben.

Figur 1:
Im ägypt. Mythus spielt H. eine große Rolle: er bekämpft als Sonnengott seinen Bruder Typhon,
den Gott der Finsternis, den er jeden Morgen besiegt, um ihm am Abend wieder zu unterliegen.
Nach anderer Auffassung ist H. der Sohn des Sonnengottes Osiris und der Isis. Osiris wird
von seinem tückischen Bruder Set durch List getötet und der Herrschaft beraubt; Isis flieht
in die Sümpfe Unterägyptens und gebiert hier den H. Als dieser zum Jüngling herangewachsen ist,
verläßt er sein Versteck, um den Tod seines Vaters zu rächen. Nach furchtbarem Kampfe wird
Set besiegt; H. erhält die Herrschaft über die Erde, während sein Vater Osiris fortan als
oberster Richter in der Unterwelt regiert. Als Herrscher über die Erde ist H. das Vorbild
der Pharaonen und der Nationalgott Ägyptens geworden; der König nannte sich selbst H. oder
«Sohn des Ré». Der spätere ägypt. Mythus unterscheidet verschiedene Horusgötter:
Harpokrates, den jungen H. (s. Fig. 2), den Sohn der Isis
und des Osiris; Haroeris, den ältern H., der in Letopolis
bei Memphis verehrt wurde; H. von Edfu; Harmachis, d. h. H. am Horizont, u. a. m.

Figur 2:
Horváth, Balthasar, ungar. Staatsmann, geb. 1. Jan. 1822 zu
Steinamanger in Ungarn, machte seine Studien in Odenburg und Raab und erhielt mit 21 Jahren
das Advokatendiplom. Er trat dann in die Dienste seiner Vaterstadt, wurde 1848 Mitglied
des Reichstags und nach Beendigung der Revolution vor das Kriegsgericht gestellt. 1850
amnestiert, wurde er bald einer der gesuchtesten Advokaten des Landes; seit 1856 wirkte er
als herrschaftlicher Anwalt der fürstl. Batthyányischen Güter. Nach dem Oktoberdiplom von
1860 nahm er an den Beratungen zur provisorischen Justizreform lebhaften Anteil und trat
Deák näher, zu dessen Partei er auch im Reichstage gehörte. 1863 zum Rechtskonsulenten der
Ungarischen Bodenkreditanstalt gewählt, verlegte er seinen Wohnsitz nach Pest. Als 1867
das neue ungar. Ministerium gebildet wurde, übernahm H. das Justizportefeuille, führte die
Gesetze über die Ausübung der richterlichen Gewalt, über die Trennung der Justiz von der
polit. Verwaltung, über die Unabhängigkeit des Richterstandes und über die Abschaffung der
körperlichen Strafen durch. Er vertrat die demokratische Richtung in der Politik und kam
dadurch mit dem Grafen Julius Andrássy in Konflikt, sodaß er Mai 1871 sein Amt niederlegte.
Bald darauf übernahm er als gerichtlich bestellter Kurator die Verwaltung der fürstl.
Esterházyschen Güter (bis 1884).
Horváth, Michael, ungar. Geschichtschreiber und Politiker, geb.
20. Okt. 1809 zu Szentes im Komitat Csongrad, widmete sich seit 1825 auf dem geistlichen
Seminar zu Waitzen theol. und philos. Studien. Nachdem er 1830 die Priesterweihe erlangt
hatte, war er 10 Jahre hindurch an ver-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 369.