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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hypokrisie - Hypothek

gebildet, hat aber auch andere Bildungsweisen. (S. Personenname.)

Hypokrisie (grch.), Gleisnerei, Heuchelei: hypokritisch, gleisnerisch, heuchlerisch.

Hypolais, Vogel, s. Gartensänger.

Hypomochilon, Hypomochlĭum (grch.), der Dreh-, Unterstützungspunkt des Hebels.

Hyponomeuta Ltr., Gespinstmotten, Gattung ziemlich großer Schaben (s. d.) mit in der Regel gelblichweißen, schwarzpunktierten Vorderflügeln und grauen Hinterflügeln. Die gleichfalls gelben, schwarzgefleckten Raupen leben im Mai und Juni gesellig in großen, etwas klebrigen Gespinsten, welche schleierartig Sträucher und niedere Laubbäume überziehen. In diesen Gespinsten werden sie auch zu Puppen, welche, jede noch in einen Cocon eingeschlossen, klumpenweise in vertikaler Stellung nebeneinander stehen. Die Falter erscheinen Ende Juni dis Mitte Juli. Die einzelnen Arten sind nicht ganz leicht zu unterscheiden, und daher herrscht in ihrer Synonymie stellenweise noch Verwirrung. Man hat gelegentlich versucht die Gespinste zu Seide zu verarbeiten, jedoch mit keinem oder doch nur äußerst geringem Erfolg. Die bekanntesten Arten sind: die Faulbaum-Gespinstmotte (H. padi Zell.), Raupen auf der Ahlkirsche (Prunus padus L.); die veränderliche Gespinstmotte (H. variabilis Zell.), als Raupe meist auf Steinobstbäumen und Sträuchern; die Spindelbaum-Gespinstmotte (H. evonymella Scop.), Raupe auf Spindelbaum und Heckenkirsche; die Apfelbaum-Gespinstmotte (H. malinella Zell.), Raupe auf Apfelbäumen. Zerstörung der Gespinste und Töten der Raupen beim ersten Auftreten, Bespritzen der befallenen Gewächse mit Seifenlauge oder mit Schwefelkaliumlösung (1 Teil auf 500 Teile) werden als Gegenmittel empfohlen.

Hypophysis (grch.), der Hirnanhang, s. Gehirn (Bd. 7, S. 676 a).

Hypoplasie (grch.), verminderte Ausbildung, schwächere Entwicklung.

Hypopsalma (grch.), in der Liturgie der griech. Kirche der dem Gesänge des Geistlichen antwortende (respondierende) Chorgesang.

Hypopyon (grch.) oder Eiterauge, die Ansammlung von Eiter in der vordern Augenkammer, entsteht entweder infolge einer eiterigen Hornhautentzündung (Hornhautabsceß) oder im Verlauf einer eiterigen Entzündung der Regenbogenhaut. Die Menge des Eiters ist sehr verschieden. Kleinere Eiterherde werden oft wieder aufgesaugt, während größere nicht selten bleibende Trübungen (s. d.) der Hornhaut hinterlassen, weshalb man sie bei zögernder Aufsaugung zu entleeren sucht.

Hyporchema (grch.), ein dem Apollon geweihter, gewöhnlich in kretischen Versen gedichteter, dem Päan nahe verwandter Chorgesang, der aber das Eigentümliche hatte, daß die Worte des Chors von Gebärdenspiel begleitet waren.

Hyposcenium (grch.), im altgriech. Theater der hohle Raum unter dem hölzernen Boden der Bühne sowie dessen geschmückte Außenwand.

Hyposklerit, ein von Breithaupt so genannter grünlichgrauer bis olivengrüner trikliner Feldspat von Arendal in Norwegen, der aber höchst wahrscheinlich ein mit etwas Augit gemengter Albit ist.

Hyposmie (grch.), verminderte Geruchsempfindung

Hypospadiäus, s. Hypospadie.

Hypospadie (grch.), angeborener Bildungsfehler der männlichen Harnröhre, wobei diese nicht an der Spitze der Eichel, sondern schon in der Mitte oder selbst an der Wurzel des Penis ihre Öffnung hat und den Urin ausfließen läßt. Geringere Grade der H. beeinträchtigen das Zeugungsvermögen nicht; bei höhern Graden ist der Penis häufig sehr kurz, der Hodensack gespalten und die Beschaffenheit der äußern Genitalien zwitterähnlich. Ein mit H. Behafteter wird Hypospadiäus genannt.

Hypostase (grch. hypostăsis), Unterlage, Grundlage, dann Stoff oder Gegenstand (einer Rede, Abhandlung u. s. w.), auch soviel wie Wesen, Substanz einer Sache; in der Medizin die Blutstauung in den Lungen bei Schwerkranken (s. Hyperämie), auch der Bodensatz des Urins.

Hypostasieren (vom grch. hypostasis, s. Hypostase) heißt in philos. Kunstsprache eine bloß gedankliche Abstraktion oder eine bloße Gedankenform (z. B. die Ichheit als Ausdruck des Bewußtseins überhaupt) zu einer für sich gegebenen Sache, zur Substanz machen wollen. Beispiel die "Paralogismen der reinen Seelenlehre", die der Kritik Kants erlagen. S. Paralogismus.)

Hypostatische Pneumonie, s. Lungenentzündung.

Hypotenuse (grch.), in einem rechtwinkligen Dreieck die dem rechten Winkel gegenüberliegende Seite, im Gegensatze zu den beiden andern Seiten, welche Katheten (s. d.) heißen. Weiteres s. unter Pythagoreischer Lehrsatz.

Hypothek (grch. hypothēkē, "Unterlage"), im röm. Sinne Pfandrecht ohne Besitz der verpfändeten Sache, im Gegensatz zu pignus, dem Besitz- oder Faustpfandrecht. Im modernen Recht ist in Ansehung der beweglichen Sachen das Faustpfandprincip angenommen und die Bestellung eines Pfandrechts ohne Übergabe ausgeschlossen. Man versteht deshalb jetzt unter H. nur das Pfandrecht an Grundstücken und den den Grundstücken gleichgesetzten selbständigen Berechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten, wie insbesondere dem Bergwerkseigentum (s. d.).

Das Rechtsgeschäft, durch das die H. begründet wird, ist jetzt abweichend vom röm. Recht überall formalisiert. Regelmäßig wird Eintragung in ein öffentliches Buch verlangt. (S. Hypothekenbücher.) Durch richterliche Verfügung (Judikathypothek) entstehen Zwangs- und Arresthypotheken, doch ist auch bei diesen Eintragung erforderlich. Über Entstehung von H. durch Gesetz s. Generalhypothek.

Die moderne H. bewahrt im Gegensatze zur Grundschuld (s. d.) oder selbständigen H. die röm. Abhängigkeit von dem Bestände einer durch sie mit Zinsen und Kosten gesicherten Forderung; doch hat diese sog. accessorische Natur der H., welche die Forderung als die das Pfandrecht nach sich ziehende Hauptsache erscheinen läßt, durch den öffentlichen Glauben des Grundbuches (s. Bona fides) eine weitgehende Modifikation dahin erlitten, daß der Bestand der eingetragenen Forderung zu Gunsten eines gutgläubigen Erwerbers, auch wenn die Forderung nicht bestehen oder Einwendungen unterworfen sein sollte, fingiert wird (Preuß. Eigentumserwerbsgesetz von 1872, §.38; Bayr. Hypothekenges. §.26; Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §§. 429, 463, 465; Württemb. Pfandges. Art. 88). Hierdurch nähert sich die H. der Grundschuld, eine Annäherung, welche sich auch darin zeigt, daß der Eigentümer, der zugleich persönlicher Schuldner ist, die H. (bei der alsdann von einer gesicherten Forderung gegen den Schuldner nicht mehr die Rede ist) erwerben kann (s. Eigentümerhypothek).