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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Individualität - Indoeuropäisch
in seinen Grundanschauungen mit dem Physiokra-
tismus ls. d.) und dem System von Adam Smith
ls. d.). Der Staat kann nach dieser Theorie durch
ftine positive Mitwirkung an den Aufgaben der
Volkswirtschaft und an der Förderung der Einzel-
interessen nur schädlich wirken und ist nur als ein
notwendiges übel anzusehen, welchem allein die
Aufgabe zufällt, die Freideit der Person und des
Eigentums zu beschützen. Demgemäß verwirft der
I.^edes staatliche Eingreifen in der Arbeiterfrage,
z. V. die gesamte Fabrikgesetzgebung. Als vor-
nehmste Vertreter dreser Nichtuna galten Cobden
und John Bright in England, Bastiat in Frank-
reich, Prince-Smith und Faucher in Deutschland.
<S. Freibandel und Freihandelspartei.)
Individualität, s. Individuum.
Individuälpotenz, die hervorragende Ver- ^
erbungsfähigkeit eines Zuckttiers gegenüber der
Vererbung von rassereinen Tieren.
Indivldualrecht, das Reckt des Einzelnen,
welcher in einem Gemeinschafts-, einem Gesell-
schafts-, Genossenschaftsverhältnis, dem Verbände
einer jurist. Person steht, insofern er jenes Recht
unabhängig von diefem Verbände oder gegen Mehr-
heitsbeschlüsse geltend machen kann.
Individuell, s. Individuum.
Individuum (lat.), eigentlich das Unteilbare,
in der Logik das Einzelne, das unter einen all-
gemeinen Begriff fällt, im Unterschied von der
Art und Gattung, die eine Vielheit von Einzelnen
unter einem gemeinsamen Merkmal zusammenfaßt.
Individuell heißt daher ein Merkmal, das dazu
dient, ein Einzelnes als solches zu kennzeichnen. Vor-
zugsweise wendet man beide Ausdrücke an auf die
einzelne menschliche Person in ihrer, sie von allen
andern unterscheidenden Eigenart (Individuali-
tät); und zwar denkt man dabei überwiegend an
die geistige Eigentümlichkeit. ^ss. Größe).
Iudivisibel (neulat.), unteilbar oder einfach
Indizien (lat. iuäicia., "Anzeichen"), Thatsachen,
von welchen auf andere für einen Rechtsstreit erheb-
liche Thatsachen m schließen ist. Sie haben um so
größern Wert, je zwingender und sicherer der Schluß
ist. Im Strafprozeß unterscheidet man An-
zeichen der Schuld und Anzeichen der Un-
schuld (Gegenanzeichen), desgleichen all-
aemeine Anzeichen, welche (wie z. V. vorherige
Drohungen, die Anwesenheit des Verdächtigen am
Orte und zur Zeit der That) mit Verbrechen jeder
Art in Verbindung stehen können, und besondere
Anzeichen, die auf den Thatbestand eines bestimm-
ten einzelnen Verbrechens hinweisen, wie z. V. der
heimliche Besitz von Prägevorrichtungen auf Münz-
fälschung. Umstände, welche die notwendige Voraus-
setzung des Verbrechens bilden oder auf die Geneigt-
heit einer gewissen Person zur Begehung der sträf-
lichen That schließen lassen, wie schlechter Lebens-
wandel, gute Gelegenheit und eine besonders mächtige
Versuchung zur Verübung, liefern vorhergehende
Anzeichen, während die Spuren der Gegenwart des
Verdächtigen am Orte der That oder unmittelbare Er-
gebnisse der letztern, wie Blutflecken an den Kleidern
des einerTö tung Angeschuldigten, zu dengleichzei -
tigen Anzeichen, ferner alle Verdachtsmomente,
die sich aus einer Benutzung der durch das Verbrechen
erzielten Vorteile ergeben^, z. V. auffallende Geld-
ausgaben eines vorher in Geldverlegenheit befind-
lichen Menschen, oder auf ein Schuldbewußtsein hin-
deuten, zu den nachfolgenden Anzeichen ge-
hören. Nach dem Grade des dadurch begründeten
Verdachts sind die Anzeichen nahe oder entfernte.
Vei der Trüglichkeit des bloßen Scheins und bei der
Unmöglichkeit, einmal vollzogene Straferkenntnisse
wieder rückgängig zu machen, muß dem Richter,
welcher auf I. sein Urteil gründen will, die größte
Vorsicht und Zurückhaltung zur Pflicht gemacht wer-
den. Nach der (^ai-olina. (s. o.) rechtfertigte das Vor-
handenfein von "genügsamen und redlichen" An-
zeichen lediglich die Anwendung der Tortur ff. d.),
um durch das Geständnis einen direkten Schuld-
beweis zu erlangen, und die Gesetze, welche seit der
zweiten Hälfte des 18. Jahrh, mit Abschaffung der
Folter vorgingen, geboten bei bloßem Indizien-
beweise die Anwendung einer gelindern "außer-
ordentlichen" Strafe. Erst in der neuern Zeit und
seitdem die gewissenhafte Überzeugung der Richter
durch die Gesetzgebung von dem Zwange beengender
Beweisregeln befreit wurde, ist auch in Deutschland
der Indizienbeweis allgemein als vollwertig an-
erkannt. Zu einem vollen Beweise dieser Art gehört
jedoch ein solches Zusammentreffen und Ineinander-
greifen der Anzeichen, daß es sich nur aus deren
Zusammenhang mit dem Verbrechen erklären läßt,
und daß die Zurücksührung der Verdachtsgründe
auf unverfängliche Verhältnisse bloß mit Kilfe der
unwahrscheinlickstenAnnahmen zuermö glicken wäre.
Die Strafprozeßordnung für das Deutsche Reich
bestimmt im §. 2^0: "Über das Ergebnis der Beweis-
aufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien,
aus dem Inbegriffe der Verhandlung geschöpften
Überzeugung", und stellt nur in §. 266 an die Urteils-
begründung im ^all des Indizienbeweises die An-
forderung, daß dre Thatsachen, aus welchen der Be-
weis gefolgert wird, angegeben werden. In derOsterr.
Strafprozeßordnung spricht §. 258 den Grundsatz
der freien Veweiswürdigung aus. - Eine ähnliche
Bedeutung wie im Strafprozeß hat der Indizienbe-
weis im Civilprozeß. Nicht bloß wenn Ansprüche
aus unerlaubten Zandlungen verfolgt werden, son-
dern in jedem Civilprozcsse, in welchem es an direk-
ten Beweisen fehlt oder die Glaubwürdigkeit der
direkten Beweismittel in Frage gezogen wird, hat
der Richter von dem Gewissen auf das Uugewisse zu
schließen nach dem auch für den Civilprozeh gelten-
den Grundsatz der freien Veweiswürdigung (§. 259).
- Vgl. Glaser, Beiträge zur Lehre vom Beweis
Indizienbeweis, s. Indizien. l(LpZ. 1883).
Indizieren <lat.), anzeigen, auf etwas hinweifen
ff. Indikation; vgl. auch Indizien).
Indizierte Arbeit, bei Motoren die Arbeit,
welche vom motorischen Mittel (Dampf, Gase) an
den Kolben der Mafchine abgegeben wird. Man be-
stimmt sie mit dem Indikator ff. d.). Von der I. A.
wird ein Teil dazu verwendet, die Reibungen in der
Maschine während des Ganges zu überwinden. Die
Differenz zwischen I. A. und Reibungsarbeit steht
dann von der Hauptwelle aus als effektive Ar-
beit zum Betrieb von Arbeitsmaschinen zu Gebote.
In gleichem Sinne spricht man von indizierten
Pferdestärken im Gegensatz zu den effektiven
Pferdestärken, die den Nutzeffekt des Motors
darstellen ff. Effekt).
Indoamme, soviel wie Indamme ff. d.).
Indobritisches Neich, s. Ostindien.
Inäo-Vkino ssvr. ängoo schihn), s. Französisch-
Indo-China.^
Indochinesische Halbinsel, s. Hinterindien.
Indoeuropäisch, s. Indogermanen.