Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

615
Innocenz
schränkte. Noch größere Erfolge erzielte I. in Eng-
land. Als König Johann (s. d.) den vom Papst zum
Erzbischof von Canterbury emannten Stephan
Langton nicht annehmen wollte, belegte er 1208
den König mit dem Bann, England mit dem Inter-
dikt und übertrug das Land dem franz. König
Philipp II. August, bis Johann England vom Papst
als Lehn nahm (1213). In Frankreich zwang er
Philipp August durch Bann und Interdikt, seine
1193 verstoßene Gemahlin Ingeborg wieder auf-
zunehmen (1201). Aragonien und Portugal ver-
pflichtete er sich zu jährlicher Zinszahlung; den
Bulgaren und Walachen gab er einen König und
in Polen, Ungarn, Dalmatien und Norwegen trat
er als Schiedsrichter auf. Selbst bis nach Konstan-
tinopel suchte er seine Macht auszudehnen; er gab
den Anstoß zum vierton Kreuzzug (1202-4), welcher
die Stiftung des lat. Kaisertums in Konstantinopel
zur Folge hatte. (S. Byzantinisches Noich, Bd. 3,
S. 814.) Nach innen richtete sich I.' Thätigkeit be-
sonders gegen dieAlbigenser (s. d.) in Südfrankreich,
gegen die er die Inquisition bestimmter regelte.
Ferner förderte I. die Gründung des Franziskaner-
und des Dominikanerordens und verbot zugleich die
Gründung neuer Orden. Gegen Ende seines Lebens
(1215) hielt er eine glänzende Lateransynode (s. d.,
die vierte). I. starb 16. Juni 1216 in Perugia. Die
Schriften I.' erschienen 1552 und 1557 in Köln,
seine Briefe gab Valuze (2 Bde., Par. 1682), feine
Schrift "Über das Elend des menfchlichen Lebens"
Rudolf (Arnsb. 1887) heraus. - Vgl. I. Hurter,
Gefchichte Papst I.' III. und seiner Zettgenossen
(4 Bde., Hamb. 1841-43); Vöhringer, Die Kirche
Christi und ihre Zeugen (neue Ausg., Stuttg.
1874-79; 16. Bd.); Gasparin, Innocent III (Par.
1873); Fr. Deutsch, Papst I. III. und sein Einfluß
auf die Kirche (Vresl. 1876); Schwemer, I. III.
und die dcutfche Kirche während des Thronstreits
1198-1208 (Strahb. 1883); Vrischar, Papst I. III.
(Freib. i. Br. 1883); Deniflc, 1^68 i-e^ti-s" ä'Imio-
cent III (Par. 1885); Davidsohn, Philipp II. August
von Frankreich und Ingeborg (Stuttg. 1888).
I. IV. (1243 - 54), vorher Sinibald, aus
dem Geschlecht der Fieschi in Genua, hatte in
Bologna die Nechte studiert, ward Vicekanzler der
röm. Kirche, sodann Kardinal und nach fast zwei-
jähriger Sedisvakanz nach Cölestins IV. Tode
Papst. Als solcher führte er mit dem ihm früher
befreundeten Kaiser Friedrich II. einen erbitterten
Kampf. Er floh vor diefem nach Frankreich und
veranstaltete 1245 das erste Lyoner oder 13. ökume-
nische Konzil, auf dem er Friedrich des Kirchen-
raubs und Meineids anklagte, ihn beschuldigte,
von Christus als einem der drei großen Betrüger
gesprochen zu haben, was schon Gregor IX. gethan
hatte <s. ImpoZtoi-), und ihn unter feierlichen Bann-
flüchen entsetzte. Aber umsonst versuchte er durch
Aufstellung der Gegenkönige Heinrich Nafpe (1246)
und Wilhelm von Kolland (1247) Friedrich zu
stürzen. Erst nach dessen Tode kehrte er nach Nom
zurück (1251) und setzte nun den Kamps gegen Kon-
rad IV., Manfred und Konradin fort. Seine Ver-
fuche, auf dem Lyoner Konzil die griech. Kirche mit
der römischen zu vereinigen, waren erfolglos. Die
Kardinäle zeichnete er zuerst durch rote Hüte aus.
Westpreußen teilte er ein in die Bistümer Culm,
Pomesanien, Ermland und Samland. Wegen sei-
ner Kenntnisse des Kirchenrechts nannte man ihn
I^ter et organum veritHtis. I. starb 7. Dez. 1254
in Neapel. Er schrieb auch einen Kommentar zu den
Tckretalen Gregors IX. (Strahb. 1478). - Vgl.
Berger, I.03 i^istr^ ä'IiiQ(ic6iit IV (Par. 1882 fg.);
Rodenberg, I. IV. und das Königreich Sicnien
1245-54 stalle 1892).
I. V. (21.Jan. bis 22. Juni 1276), vorher Peter
von Tarantasia, geb. zu Moutier in Savoyen,
Dominikaner-Provinzial, dann Erzbischos von Lyon
und 1275 Kardinalbischos von Ostia, war bemüht,
einen Kreuzzug zu stände zu bringen und die zu
Lyon 1274 beschlossene Union mit der griech. Kirche
zu verwirklichen. Er schrieb " ^ommeutaria in IV
1idro8 86nt6ntiai'uirl" (3 Bde., Toulouse 1652) und
einen Kommentar zu den Paulinischen Briefen
(Köln 1478).
I. VI. (1352 - 62), vorher Stephan Aubert,
geb. zu Mons im Limousin, Bischof von Noyon,
dann zu Clermont, 1342 Kardinal und Großpöni-
tentiar, residierte als Papst zu Avignon, war rechts-
kundig und sittenstreng, beseitigte manchen Miß-
brauch am Hofe wie in der Verwaltung der Kirche,
ließ Karl IV. von Deutschland durch den Kardinal
Albornoz zum Kaiser krönen und brachte einen Teil
des Kirchenstaates unter seine Oberhoheit zurück.
Er stard 12. Sept. 1362 zu Avignon.
I.VII. (1404-6), vorher Cosmo Meliorati,
geb. zu Sulmona in den Abruzzen, Bischof von
Bologna, päpstl. Schatzmeister und 1389 Kardinal,
wurde während des Avianonensischcn Schismas von
der ital. Kardinalsparter gewählt, hatte den von den
Franzosen begünstigten Benedikt XIII. als Gegen-
papst. Im Äug. 1405 mußte er vor einem Aus-
stände der Römer nach Viterbo flüchten und konnte
erst 1406 nach Nom zurückkehren. Um die Beilegung
des Schismas hat er sich nie ernstlich bemüht. Er
starb 6. Nov. 1406.
I. VIII. (1484 - 92), vorher Giovanni Bat-
tista Cibo, aus Genua, Bischof von Porto, 1473
Kardinal, schändete den röm. Stuhl durch Sitten-
losigkeit und Nepotismus; der Volksmund nannte
ihn wegen seiner 16 Kinder Vater des Vaterlandes
(pkter pati-ike). Die Christenheit forderte er zu
einem Kreuzzuge gegen die Türken auf. Er erneuerte
auch durch die Bulle "8umiui8 ä68iä6i-ant68" (1484)
die Gefetze gegen die Zauberei und Hexerei und be-
stellte die Inquisitoren Heinrich Krämer und Jakob
Sprenger als Herenrichter für Oberdeutschland. Die
Fortschritte der Hussiten in Böhmen suchte er zu
hemmen und verdammte 900 Sätze des Pico Miran-
dola als ketzerisch. - Vgl. Gregorovius, Geschichte
der Stadt Nom im Mittelalter, Bd. 7 (3. Aufl.,
Stuttg. 1880).
I. IX., vorher Antonio Facchinetti, aus
Bologna, Papst vom 29. Okt. bis 30. Dez. 1591.
I. X. (1644-55), vorher Joh. Baptist Pam-
sili, ein Römer, Nuntius von Neapel, dann päpstl.
Datarius (f. Dataria) in Frankreich, hieraus Pa-
triarch von Antiochia und Kardinal, zerstörte den
röm. Ackerbau durch das päpstl. Kornmonopol, ver-
dammte 1651 den Westfälischen Frieden und 1653
fünf Sätze von Cornelis Iansen (s. Iansenisten).
I. XI. (1676 - 89), vorher Benedikt Odes-
calchi, aus Como, zuerst Soldat, dann Geistlicher,
apostolischer Protonotar und Geh. Sekretär, Kar-
dinallegat von Ferrara und Bischof von Novara,
streng in seinen sittlichen Grundsätzen, Feind der
Icsuiten, aus deren Schriften er 65 Sätze als
unmoralifch verdammte, mildthätig und human,
suchte die Finanzen durch Sparsamkeit zu verbessern,.