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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Italien (Verkehrswesen. Verfassung)

der Erhöhung der franz. Zolle einen kleinen Rückgang. Der wichtigste Hafen ist Genua. Auf die 12 Haupthandelshäfen verteilt sich die Warenbewegung (1881) folgendermaßen:

^[Tabelle]

Häfen t

Ancona 219501

Bari 174875

Brindisi 297697

Cagliari 369742

Catania 463549

Genua 3750297

Livorno 838524

Messina 385361

Neapel 771036

Palermo 663186

Savona 539277

Venedig 1204870

Mittelpunkte des Binnenhandels sind Mailand, Turin, Neapel und Palermo. Besonders Mailand hat sich seit dem Bau der Gotthardbahn schnell entwickelt.

Verkehrswesen. Zur Zeit der polit. Zerstückelung des Landes war das Straßennetz besonders in den bourbonischen Gebieten gänzlich vernachlässigt; jetzt bestehen drei Arten von Landstraßen: die vom Staate erbauten und unterhaltenen Nationalstraßen (1890: 7891 km), die Provinzialstraßen (34778 km) und die Kommunalwege, zu deren Instandhaltung die Gemeinden verpflichtet sind (36965 km). Sehr rasch und mit ungeheuern Kosten infolge der physik. Bodengestaltung und der unzureichenden geolog. technischen Vorarbeiten ist das Eisenbahnnetz ausgebaut worden. (S. Italienische Eisenbahnen.) In Oberitalien sind auch die Straßenbahnen ein wichtiges Verkehrsmittel geworden. Von den Flüssen sind 1540 km schiffbar (Po 543, Etsch 212, Tiber 144, Arno 106 km). Schiffahrtskanäle sind 1055 km vorhanden. - Die Handelsflotte zählte (Jan. 1892): 6624 Fahrzeuge, darunter 6308 Segler mit 609821 t und 316 Dampfer mit 201443 t. Für lange Fahrt waren 572 Segler und 77 Dampfer bestimmt. Letztere befahren 15 überseeische Linien, davon 2 nach Ostindien und China, 4 nach Ostafrika, 3 nach Nordafrika, 2 nach Argentinien und 4 nach dem Orient. Die allgemeine Schiffahrtsbewegung für Eingang und Ausgang der internationalen und der Küstenschiffahrt (ohne Hochseefischerei) zeigt (1892) 175012 Segler, 65882 Dampfer mit 6,769 und 39,570 Mill. t, das ist im ganzen ein Rückgang von 9974 Schiffen mit 559458 t gegen 1891. 222087 Schiffe mit 31,479 Mill. t waren ital. Nationalität, 18907 mit 14,863 Mill. t trugen fremde Flagge, und zwar sind die wichtigsten die britische (8421 Schiffe), österreichisch-ungarische (3668), griechische (1320), deutsche (1170), französische (1132), amerikanische (34 Schiffe). Die Hälfte des Tonnengehalts ital. Dampfer gehört der Gesellschaft Florio-Rubattino (s. d.). Andere Reederfirmen sind: La Veloce, Carlo Raggio, Dufour e Bruzzo. - Post und Telegraph sind noch nicht sehr entwickelt. 1892 bestanden 5917 Bureaus, darunter 2 in San Marino, 4 in Erythräa, je eins in Tunis, Goletta, Susa und Tripoli und 1288 Poststellen zweiter Klasse. Befördert wurden (1891/92): 131 Mill. Briefe, darunter 410971 mit Wertangabe, 51 Mill. Postkarten, 198 Mill. Warenproben und Drucksachen und 7,69 Mill. Postanweisungen. Mit der Post in Verbindung stehen 4594 Postsparkassen mit 2312323 Einlegern und einem Bestand von 333,681 Mill. Lire, während die andern 393 Sparkassen mit 1415308 Einlegern einen Bestand von 1177,213 Mill. Lire aufweisen. Die Telegraphenleitungen hatten (1892) 145539 km, die unterseeischen Kabel 1820 km Länge. Der Staat besaß 2816, die Eisenbahnen und andere Gesellschaften 1980 Bureaus. Es wurden bearbeitet 7,456 Mill. interne, 736416 internationale, 597075 amtliche, 308082 dienstliche und 130261 durchgehende Depeschen. Fernsprecheinrichtungen bestanden (Juni 1892) in 73 Städten mit 12055 Abonnenten; außerdem waren 715 Konzessionen für den Privatgebrauch innerhalb der Gemeinde oder benachbarter Gemeinden verliehen. Die Materie ist durch Gesetz vom 7. April 1892 geregelt.

Verfassung. Die Staatsverfassung ist konstitutionell-monarchisch und beruht auf dem bereits dem vormaligen Königreiche Sardinien verliehenen Grundgesetze vom 4. März 1848, welches auf alle mit demselben vereinigten Länder ausgedehnt worden ist. Danach übt der König, dessen Thron im Mannsstamme des Hauses Savoyen erblich ist, die gesetzgebende Gewalt in Gemeinschaft mit zwei Kammern aus. Der König führt den Titel "Von Gottes Gnaden und durch den Willen der Nation König von I."; er sanktioniert die Gesetze und übt die vollziehende Gewalt aus. Er bekennt sich mit seinem Hause zur röm.-kath. Kirche, wird mit vollendetem 18. Jahre großjährig und legt bei seiner Thronbesteigung in Gegenwart beider Kammern einen Eid ab. Residenz ist Rom seit dem 3. Febr. 1871. Die Erste Kammer, der Senat, ist aus einer unbestimmten Anzahl von Mitgliedern über 40 Jahre zusammengesetzt (Ende 1892: 390), die der König auf Lebenszeit aus 21 Kategorien von Staatsbürgern ernennt. Zu diesen gehören Bischöfe, hohe Staatsbeamte, Deputierte (nach drei Legislaturen), Personen, welche sich um das Vaterland verdient gemacht haben, solche, die seit 3 Jahren 3000 Lire direkte Steuern zahlen u. s. w. Die Prinzen haben mit 21 Jahren Sitz, mit 25 Jahren Stimme im Senat. Der König ernennt den Präsidenten und Vicepräsidenten und kann den Senat beauftragen, über Verbrechen des Hochverrats und über Staatsminister, die von der Zweiten Kammer angeklagt wurden, zu richten. Die Zweite Kammer (Camera dei Deputati) besteht aus 508 Mitgliedern (1 für 57000 E.), welche nach dem Wahlgesetz vom 24. Sept. 1882 (modifiziert 5. Mai 1891 und 28. Juni 1892) von Wahlkollegien auf die Dauer von 5 Jahren gewählt werden. Die Wähler müssen 21 J. alt sein, lesen und schreiben können und an direkten Staats- und Provinzialsteuern jährlich mindestens 19,80 Lire oder als Pächter bäuerlicher Gründe einen Jahrespacht von 500 Lire zahlen, oder aber für ihr Wohnhaus, Handels- oder Industrieetablissement einen Mietzins von 150 bis 400 Lire zahlen, oder endlich der Klasse der Kapacitäten angehören. Die Deputierten müssen das 30. Lebensjahr zurückgelegt haben. Nicht wählbar sind Seelsorger und Mitglieder geistlicher Kapitel, Staats- und Hofbeamte (mit Ausnahme der Minister, der Generalsekretäre in den Ministerien, der Präsidenten und Räte des Staatsrats, der hohen Gerichte, der höhern Offiziere, der obern Räte für Unterricht, Sanität, Bauten und Bergwerke, der ord. Professoren an Universitäten, höchstens aber 40 Personen), ferner Bürgermeister und Provinzialdeputierte, Personen, die von Industrie- und Handelsgesellschaften, welche vom Staate subventioniert oder garantiert sind, Gehalt oder Vergütung beziehen, endlich solche, welche vom Staate Konzessionen erhalten oder mit demselben Arbeitsverträge eingegangen sind. Die Deputiertenkammer ernennt selbst den Präsidenten und die Vicepräsidenten. Ihr müssen zuerst alle Finanzgesetze