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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Italien (Geschichte 1700-92)

jedoch führte zu Unruhen, von denen namentlich die Erhebung Masaniellos (s. d.) sich ernstlich gestaltete und das Eingreifen der Franzosen unter dem Herzog von Guise veranlaßte. Frankreich hatte außerdem schon vorher an der Nordgrenze I.s dem weitern Anwachsen der Macht Spaniens einen Damm gesetzt, indem es unter Richelieus Leitung der gesuchten Verbindung der habsburg. Länder in Graubünden und im Veltlin mit Erfolg entgegengetreten war. Es versuchte dann während des Krieges, welcher in Savoyen und Piemont ausgebrochen war, auch hier, wie schon in Mantua, festen Fuß zu fassen. Durch den Pyrenäischen Frieden (1659) kam jedoch Karl Emanuel in den unbestrittenen Besitz seiner Lande, während Ludwig XIV. durch Ankauf des wichtigen Casale (1681) seine Stellung in Oberitalien verstärkte. Gegen diesen, der außer Genua namentlich die Päpste Alexander VII. und Innocenz XI. seine Übermacht hatte fühlen lassen, schloß sich Victor Amadeus II. der europ. Allianz an (1690). Der hierauf folgende schwankende Krieg mit den Franzosen unter Catinat, in welchem Piemont hart mitgenommen wurde, fand seinen Abschluß in dem durch den Frieden von Ryswijk (1698) bestätigten Vertrag vom 30. Mai 1696, welcher Victor Amadeus II. seine Lande einschließlich des wichtigen Pinerolo zurückgab. Gleichzeitig drang Venedig, das nach erbittertem Kampfe Kreta an die Osmanen verloren hatte, gegen diese an der Seite Österreichs vor und eroberte seit 1684 Gebiete in Dalmatien, die Inseln Egina und Santa Maura sowie Morea zurück, Erwerbungen, welche der Frieden von Karlowitz 1699 bestätigte.

7) Einmischung Österreichs in I., Erhebung der Savoyer und Herstellung des Königreichs Neapel; Aufklärungszeit (1700-1792). Von maßgebendem Einfluß auf die Weiterentwicklung war der Spanische Erbfolgekrieg (s. d.) und das Erlöschen mehrerer ital. Fürstenhäuser während und kurz nach Beendigung desselben. Victor Amadeus, der sich anfangs auf seiten Ludwigs XIV. und seines Enkels, des von Karl II. zum Erben von Spanien, Sicilien, Unteritalien, Sardinien und Mailand eingesetzten Philipp V., gestellt hatte, trat bei dem siegreichen Vordringen Österreichs unter dem Prinzen Eugen in Oberitalien 7. Okt. 1703 zu den gegen Frankreich und Spanien verbündeten Mächten über gegen Zusicherung namhafter Gebietserweiterungen. Während die Franzosen nach der Schlacht bei Turin (7. Sept. 1706) ganz Oberitalien räumen mußten, erhob sich Unteritalien für die Österreicher, wogegen von der Erbschaft Karls IV. Gonzaga (1708) nur Mantua an Österreich kam, Montferrat aber an Savoyen fiel. Als aber nach dem Tode Kaiser Josephs I. (1711) die Wiedervereinigung der span., ital. und österr. Länder unter dem Habsburger Karl VI. drohte, wendete sich Savoyen, wie England, Unterhandlungen mit Frankreich zu, welche denn auch zu dem Frieden von Utrecht (April 1713) führten, der, 1714 auch von Österreich anerkannt, diesem außer Mantua Mailand, Neapel und Sardinien zusprach, während Savoyen außer Montferrat Alessandria, Valenza, die Lomellina und das Val di Sesia sowie Sicilien als Königreich erlangte. Eine Veränderung dieser Verteilung I.s und zwar nochmals zu Gunsten Österreichs hatte der von Alberoni (s. d.) ins Werk gesetzte Handstreich Spaniens gegen Sardinien (Aug. 1717) und Sicilien (Juni 1718) zur Folge. In dem Frieden vom 17. Febr. 1720 sah sich Philipp V. von Spanien zum erneuten Verzicht auf die Inseln gezwungen, die nun zwischen Österreich und Savoyen getauscht wurden. In dem Kriege, den gleichzeitig Venedig seit 1714 gegen die Türken zu führen hatte, wurde zwar Korfu von Graf J. M.^[Johann Matthias] von der Schulenburg glänzend verteidigt, im Frieden von Passarowitz (21. Juli 1718) aber doch das erst kürzlich eroberte Morea wieder verloren. Neue Veränderungen brachte das Aussterben der Medici und Farnese im Verein mit dem Polnischen Thronfolgekrieg, dessen Schauplatz wieder großenteils I. bildete. Frühern Abmachungen gemäß wurde kaiserlicherseits Parma und Piacenza nach dem Tode Antonio Farneses (10. Jan. 1731) besetzt für den Infanten Don Carlos von Spanien. Diesem wurde aber dann bei Ausbruch des Polnischen Thronfolgekrieges von Frankreich Neapel und Sicilien zugesichert gegen Abtretung von Parma und Piacenza an seinen Bruder Don Philipp, nachdem schon vorher Savoyen mit der Aussicht auf Mailand gewonnen worden war. Den Krieg in Ober- und Unteritalien beendigte 19. Nov. 1735 der Wiener Vorfriede zwischen Frankreich und Österreich, nach welchem Maria Theresias Gemahl, Franz Stephan, für das verlorene Lothringen durch die Anwartschaft auf Toscana entschädigt wurde, während Don Carlos, der mit Freuden in Unteritalien und Sicilien aufgenommen worden war, im Besitze Elbas, des Stato dei Presidii und des wiederhergestellten unterital.-sicil. Königreichs bestätigt wurde; letzteres wurde jedoch für dauernd unvereinbar mit Spanien erklärt. Parma und Piacenza kamen ungeachtet der päpstl. Einsprachen an Österreich, während Karl Emanuel III., der König von Sardinien, sich mit der Erwerbung von Tortona und Novara begnügen mußte. Dem folgenden kurzen Frieden machte der Österreichische Erbfolgekrieg ein Ende, in welchem Sardinien wieder zuerst Österreichs Gegnern beitrat, dann aber durch den Wormser Vertrag vom 13. Sept. 1743 zur Bundesgenossenschaft mit Maria Theresia überging. Das Ergebnis des Krieges in Oberitalien war die Anerkennung Franz Stephans im Aachener Frieden (s. d.) als Großherzogs von Toscana, das nach dem Tode des letzten Medici 1737 an ihn gekommen war, und die Einsetzung einer zweiten span. Sekundogenitur in Parma und Piacenza unter Don Philipp, sowie die Erweiterung Piemonts um kleinere Gebietsteile und die Bestätigung Genuas im Besitze des umstrittenen Finale. Unruhe herrschte nun nur noch in Corsica, dessen sich Genua schließlich durch den Verkauf an das zu Hilfe gerufene Frankreich entledigte. Für die Halbinsel selbst sowie Sicilien und Sardinien begann mit dem Frieden von Aachen ein vierzigjähriger Friede, der verderblich war durch die erneute Verminderung der Wehrhaftigkeit und äußern polit. Thatkraft, zunächst aber als eine Periode reinen Aufschwungs erschien unter der Regierung aufgeklärter Fürsten, welche mit veralteten kirchlichen und feudalen Vorrechten aufräumten, die Gesetzgebung reformierten und die Verwaltung centralisierten. Am vorsichtigsten schritt auf dieser schon von Victor Amadeus II. eingeschlagenen Bahn Karl Emanuel III. weiter, um so rücksichtsloser König Karl in Unteritalien unter Tanuccis Beirat und die toscan. Regierung unter Richecourt und nach Kaiser Franz' I. Tod unter Großherzog Leopold selbst, welchem das Land entsprechend frühern Bestimmungen als österr. Sekundogenitur zufiel. Von den