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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Italienische Litteratur

Ferrara, Francesco degli Albizzi, Sennuccio del Bene, Marco Piacentini und Cino Rinuccini (gest. 1407). Daneben setzte sich die volkstümliche Dichtung fort, besonders in Antonio Pucci, dem Glockengießer aus Florenz. Der dritte große Schriftsteller dieses Zeitraums ist Boccaccio (1313-75). Er zuerst behandelte die Prosasprache künstlerisch mit größtem Erfolge in dem berühmten "Decamerone" durch ihn ist die Novelle eine Lieblingsdichtung der Italiener geworden. Unter seinen Nachfolgern sind Giovanni Sercambi aus Lucca, Franco Sacchetti und Ser Giovanni ("Pecorone") zu nennen. Wichtig für die Ausbildung der Prosa waren ferner die zahlreichen religiösen und moralischen Schriften, teils Originale, teils Übersetzungen aus dem Lateinischen, die "Ammaestramenti degli antichi" des Dominikaners Bartolommeo da San Concordio (gest. 1347), die Traktate des Dominikaners Domenico Cavalca (gest. 1342), die "Fioretti di San Francesco", der "Specchio di vera penitenza" des Dominikaners Jacopo Passavanti (gest. 1357) und die ascetischen Schriften der heil. Caterina von Siena. Moralische Tendenz hat auch der "Avventuroso siciliano", eine Art histor. Romans, der wahrscheinlich irrtümlich Bosone de Raffaelli aus Gubbio (gest. nach 1349) beigelegt wird. Die Geschichtschreibung in ital. Sprache, die im 13. Jahrh. kaum einen schwachen Anfang genommen hatte, ist seit Beginn des 14. Jahrh. vertreten durch das große Werk des Giovanni Villani, das sein Bruder Matteo und dessen Sohn Filippo fortsetzten. Andere histor. Schriften dieser Zeit von geringerer Bedeutung giebt es von Paolino Pieri, Donato Velluti, Coppo Stefani u. s. w. In Oberitalien schrieb man die Geschichte, die Alten nachahmend, lateinisch, vor allen Albertino Mussato aus Padua (gest. 1329) und Ferreto von Vincenza (gest. 1337). Der berühmte Marco Polo aus Venedig (gest. 1323) ließ die Beschreibung seiner Reise in franz. Sprache aufzeichnen, und erst später erschien davon eine ital. Übersetzung.

II. Periode. Das 15. Jahrh. ist die Zeit der Wiedererweckung der klassischen Studien in Italien. Die Bemühungen Boccaccios und Petrarcas, dieKenntnis der antiken Welt wieder zu erschließen, trugen damals reiche Früchte. Sie hatten besonders auch nach der Erwerbung des Griechischen gestrebt, und dieses Verlangen wurde nun den Gelehrten durch die Wirksamkeit der zahlreichen Griechen erfüllt, die vor und nach dem Falle von Konstantinopel nach Italien kamen, wie Chrysoloras (1396), Georg von Trapezunt (1420), Bessarion (1436), Theodor Gaza, Konstantin Laskaris, Demetrius Chalkondylas. Unter den Italienern selbst ragten als Gelehrte hervor: Leonardo Bruni aus Arezzo, AMbrogio Traversari, Poggio Bracciolini, Lorenzo Valla, Francesco Filelfo, Guarino von Verona, Giovanni Aurispa, Flavio Biondo, Pomponius Lätus und der als Pädagog berühmte Vittorino von Feltre. Die Platonische Philosophie, die der Grieche Gemistos Plethon in Florenz gelehrt hatte (1439), fand eifrige Schüler in Marsilio Ficino, Cristoforo Landino und Pico von Mirandola. Unter denen, die lateinisch dichteten, galt in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. als der bedeutendste Antonio Beccadelli, genannt Panormita, und in der zweiten Hälfte erreichte die lat. Poesie eine bewunderungswürdige Vollkommenheit durch Angelo Poliziano und Giovanni Pontano, neben denen auch Tito Vespasiano Strozzi und der Grieche Michael Marullus genannt zu werden verdienen. Die Wissenschaft nahm einen außerordentlichen Aufschwung, die Universitäten wurden gefördert, Bibliotheken errichtet und die ersten Akademien gegründet. Die heimische Litteratur ward allerdings anfangs vernachlässigt, die Gebildeten schrieben vorzugsweise lateinisch, dagegen blühten in jener Zeit gewisse volkstümliche Gattungen der Dichtung, die Tanzlieder (Ballata), die geistlichen Gesänge (Laudes), das geistliche Schauspiel (Rappresentazione sacra) und der Ritterroman in Vers und Prosa. Zahllose lange Rittergedichte in Ottaven sind damals entstanden und dem Volke von Bänkelsängern öffentlich vorgetragen worden. Von den Prosaromanen blieben beliebte Volksbücher bis auf den heutigen Tag die "Reali di Francia", der "Guerino il Meschino", beide von Andrea dei Magnabotti aus Barberino. Die Lyriker ahmten Petrarca nach, besonders Giusto de Conti (gest. 1449), dessen "Bella mano" schon 1409 entstand. Die burleske Poesie fand einen Vertreter an Burchiello. Gegen Ende des Jahrhunderts ward die ital. Dichtung auch wieder in den höhern Schichten der Gesellschaft mit Eifer angebaut. Auch diesmal ging die erste Anregung wieder von Florenz aus und zwar von der Umgebung des Lorenzo de' Medici (gest. 1492), der die Volkspoesie liebte und gern nachahmte, indem er sie klassisch verfeinerte, namentlich bildete er die Canti carnascialeschi aus. Obgleich mit Staatsgeschäften belastet, fand er doch noch Muße, einige anmutige Dichtungen zu schreiben. Viel zierlicher sind die berühmten Stanzen des Angelo Poliziano (gest. 1494). Auch dichtete derselbe das erste unabhängige dramat. Werk mit weltlichem Gegenstande, die "Favola d'Orfeo". Früher hatte man nur die Stücke des Plautus und des Terenz, zuerst in lat. Sprache, dann in Übersetzungen dargestellt. Die populäre Ritterdichtung der Bänkelsänger nachahmend, schuf Luigi Pulci seinen "Morgante maggiore", wogegen Bojardo mit seinem "Orlando innamorato" dem romantischen Rittergedichte seinen aristokratischen Charakter verlieh. Nur teilweise zeigt diesen der danach entstandene "Mambriano" von Francesco Cieco da Ferrara. Die Lyrik verfiel an den Höfen zu Ende des 15. Jahrh. in gesuchte Galanterie und künstliche Spielereien bei Serafino aus Aquila, Antonio Tebaldeo aus Ferrara (gest. 1537), Bernardo Accolti aus Arezzo, genannt l'Unico, Francesco Cei u. a., und umgekehrt liebte man auch die derben Späße der burlesken Dichter, wie Bellincioni aus Florenz (gest. 1492) und Antonio Cammelli (gest. 1502), genannt Pistoja.

Die Prosa mußte die Vernachlässigung der Muttersprache noch mehr empfinden als die Poesie, und so hat sie für diesen Zeitraum keinen hervorragenden Prosaiker aufzuweisen, nur einige Novellendichter und Historiker sind zu nennen. Unter die erstern gehören Gentile Sernini aus Siena, Giov. Sabadino aus Bologna ("Novelle Porretane"), vorzüglich Masuccio Salernitano, von dem man 50 Novellen ("Novellino") hat, zu den letztern Pandolfo Collenuccio (gest. 1504), der eine Geschichte Neapels schrieb, und Bernardino Corio (gest. 1519), der eine Geschichte von Mailand verfaßte. Eine größere Zahl histor. Werke finden sich in lat. Sprache, darunter die ausgezeichnete Geschichte jener Zeit und des Baseler Konzils von Äneas Sylvius Piccolomini (Pius II.), die erste bedeutende Geschichte von Venedig von Marcantonius Sabellicus (gest.