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Italienische Litteratur
der Neapolitaner Achille Vertunni durch großartige Farbenspiele und scharf pointierte Effekte gelten kann. Hervorragend sind ferner Pio Joris, Carlandi, Sassi. Besondern Aufschwung nahm die Landschaft in Mailand, wo teilweise durch Vermittelung des in Paris thätigen Alberto Pasini franz. Einflüsse sich geltend machen. Filippo Carcano, Leonardo Bazzaro, Adolfo Feragutti, P. Mariani, G. Sartori zeichnen sich durch kraftvolle Malweise und Entschiedenheit der Darstellung aus. Ihnen verwandt sind die Turiner, an deren Spitze Gastaldi steht, ferner Enrico Gamba, Mosso, Viotti, Delleani, Quadroni u. a. Ein durchaus eigenartiger, durch feine Lichtwirkungen und den Ernst seiner Kunst überraschender Maler ist der Mailänder G. Segantini.
Die moderne ital. Malerei befindet sich sichtlich in einer Wandlung. Die von Fortuny und Passini gegebenen Anregungen sind zum Ende geführt, die Technik hat einen außerordentlich hohen Rang erreicht. Das Streben geht nach innerer Vertiefung des Wahrheitsstrebens, welches in den siebziger und achtziger Jahren als "verismo" die Köpfe vorzugsweise beschäftigte. Wenn die ital. Malerei sich gleich nicht ebenso vielseitig zeigt, wie die der drei nördlichern Kulturländer, so behauptet sie doch immer eine höchst beachtenswerte Stellung.
Vgl. außer den obengenannten Werken insbesondere: Rumohr, Ital. Forschungen (3 Bde., Berl. 1827-31); Lanzi, Storia pittorica dell' Italia (3 Bde., Bassano 1789 u. ö.; deutsch von Quandt, 3 Bde., Lpz. 1830-33); Rosini, Storia della pittura italiana (2. Aufl., 7 Bde., Pisa 1848-54); Crowe und Cavalcaselle, History of painting in Italy (Lond. 1864 fg.; deutsche Ausg. von Max Jordan, 6 Bde., Lpz. 1869-76); W. Lübke, Geschichte der ital. Malerei (2 Bde., Stuttg. 1878); Lermolieff, Kunstkritische Studien über ital. Malerei (3 Bde., Lpz. 1890-93); J.^[Jacob] Burckhardt, Der Cicerone (6. Aufl. von W. Bode, ebd. 1893); A. Stella, Pittura e scultura in Piemonte 1842-91 (Tur. 1893).
Italienische Litteratur. In der Geschichte der I. L. unterscheidet man am einfachsten und natürlichsten fünf Hauptepochen. Die erste umfaßt das Erwachen der Poesie, anfänglich unter provençal. Einfluß, und das Auftreten der ersten großen Dichter und Schriftsteller; die zweite bezeichnet die Herrschaft der klassischen Studien; die dritte zeigt die glückliche Verschmelzung echt ital. Bildung mit der antiken; die vierte umfaßt die Zeiten des Verfalls unter franz. Einfluß; die fünfte endlich ist die Epoche des allmählichen Aufschwungs im Dienste patriotischer und revolutionärer Ideen und reicht bis zur Gegenwart.
I. Periode. Die Bekanntschaft mit der provençal. Lyrik reizte einzelne Italiener, sich in ähnlichen Gesängen, anfangs zum Teil sogar in provençal. Sprache, zu versuchen, so namentlich den Marchese Alberto Malaspina, Meister Ferrarino aus Ferrara, Lanfranc Cigala aus Genua, Bonifacio Calvi von ebendort, Bartolommeo Zorzi aus Venedig, Rambertino Buvalello aus Bologna u. a. Der berühmteste unter allen aber ist Sordello von Mantua. Gleichzeitig wurden die Italiener mit der altfranz. Litteratur bekannt, besonders mit den Chansons de geste, und manche, wie Rusticiano aus Pisa, Brunetto Latini, Aldobrandino von Florenz, Niccolò von Verona, bedienten sich in Romanen, Chroniken u. s. w. der altfranz. Sprache. Bald aber, seit dem Anfang des 13. Jahrh., traten zuerst in Sicilien, dann in Toscana und im röm. Gebiete Dichter auf, die zwar noch im Geiste und in der Form der Provençalen, aber doch in einheimischer Sprache dichteten. Der Hof Friedrichs II. zu Palermo war der erste Mittelpunkt, von wo sich Poesie und nationale Bildung über Italien verbreiteten. Friedrich II. selbst, sein Kanzler Petrus de Vineis, sein natürlicher Sohn König Enzio traten als Dichter auf, daneben Guido und Odo delle Colonne, Jacopo da Lentini, Mazzeo Ricco, Jacopo und Rinaldo d'Aquino, Arrigo Testa, Tommaso di Sasso, Ruggerone von Palermo, Rugieri d'Amici, Rugieri Apugliese, Stefano di Pronto Notaro und wenige andere. Zu den ältesten Gedichten gehört das vielbesprochene Liebesgespräch aus der Zeit Friedrichs II., einem unbekannten Dichter, Ciullo (Cielo?) dal Camo, zugeschrieben. In Mittelitalien folgten dann unter andern Guittone d'Arezzo, Bonaggiunta Urbiciani aus Lucca, Folcacchiero de Folcacchieri aus Siena und Dante da Majano. Diese Dichter ergehen sich fast ohne Ausnahme in konventionellen kalten Liebesklagen, ohne daß ein tieferes religiöses oder polit. Gefühl zum Ausdruck käme; sie haben daher beinahe nur noch sprachwissenschaftliches Interesse. In Bologna beginnt mit Guido Guinicelli eine neue, vom provençal. Einfluß sich befreiende Richtung, die der mystisch-philos. Liebespoesie, die sich in der florentin. Schule, vor allem in Guido Cavalcanti (gest. 1300), Dantes Freund, fortsetzte. Nebenher entwickelte sich in mundartlicher Form eine mehr volkstümliche religiöse Dichtung in moralischen Mahnungen und Legenden, in Oberitalien besonders bei Pietro di Barségapè, Bonvesin da Riva, Giacomino von Verona, und in geistlicher Lyrik (Laudes) in Umbrien beim heil. Franz von Assisi und Jacopone von Todi (gest. um 1306). Durch höhere polit. und wissenschaftliche Bildung zeichnet sich der Kanzler von Florenz, Brunetto Latini (gest. 1294) aus. Über alle die genannten aber erhebt sich einsam ohne Vorgänger und Nachfolger der Riesengeist Dante Alighieris (1265-1321). Außer durch die "Divina Commedia" hat er durch lyrische Gedichte, vorzüglich in der "Vita nuova" und im "Convivio", alle Vorgänger weit überflügelt und zugleich im "Convivio" das erste großartige Beispiel wissenschaftlicher Prosa in Italien aufgestellt. In der allegorisch-didaktischen Dichtung folgt ihm Francesco da Barberino (gest. 1348) mit den "Documenti d'amore" und "Del reggimento e costumi di donna". Besonders aber reizte der von Dante in der "Divina Commedia" angeschlagene Ton zur Nachahmung; aber Fazio degli Ubertis (gest. nach 1367) "Dittamondo" ist eine geistlose Erfindung und Federico Frezzis (gest. 1416) "Quadriregio" enthält zwar originelle und tiefe Gedanken, ist aber abstrakt und arm an poet. Zügen. Nicht besser steht es mit den vielen Nachahmungen späterer Zeiten, wie Matteo Palmieris "Città di vita" (1455), Fra Tommaso de Sardis "Anima peregrina" (1509) u. s. w. Gegner Dantes war Cecco d'Ascoli, dessen Lehrgedicht "L'Acerba" um 1326 entstand.
Nach Dante folgte als der zweite große Dichter dieser Periode Petrarca (1304-74), den man nur den Liebesdichter zu nennen gewohnt ist, da er dieser Gattung der Poesie für die folgenden Jahrhunderte Sprache, Ton und Farbe gegeben hat; er selbst aber gründete seinen Ruhm auf seine lat. Schriften. Unter den Zeitgenossen und ersten Nachahmern Petrarcas sind außer Boccaccio etwa zu nennen: Antonio da