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Jagstfeld – Jahn (Friedr. Ludw.)
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Jagstbahn'
(38 km, 1869 eröffnet), und eine Obere J., von Crailsheim nach Goldshöfe (30,5 km,
1866 eröffnet).
Jagstfeld, Dorf im Oberamt Neckarsulm des württemb. Neckarkreises, an der Mündung der Jagst in den Neckar, in 150 m Höhe, an
den Linien Heidelberg-J. (56,1 km), Neckarelz-J. (17,6 km) der Bad. und Osterburken-Heilbronn
der Württemb. Staatsbahnen, hat (1890) 1000 E., Post. Telegraph, mehrere Bohrlöcher (170 m tief) mit Sole (27 Proz. Salz), zwei Badeanstalten und eine
Kinderheilanstalt Bethesda. Nahebei die Saline Friedrichshall (s. d.).
Jagsthausen, Dorf im Oberamt Neckarsulm des württemb. Neckarkreises, an der Jagst, hat (1890) 807 E., Post, Telegraph und drei
Schlösser, in deren einem Götz von Berlichingen geboren wurde. Sein Stammschloß Berlichingen in der Nähe ist verschwunden. Sein steinernes Grabmal steht im
Kreuzgang des ehemaligen Cistercienserklosters beim nahen Dorfe Schönthal an der Jagst, in dem sich seit 1810 ein evang. Seminar befindet.
Jagstkreis, Kreis im Königreich Württemberg, umfaßt die früher reichsunmittelbaren geistlichen Stände: Das Deutschmeistertum
Mergentheim, die gefürstete Propstei Ellwangen, das Cistercienserkloster Schönthal, die Benediktinerabtei Neresheim und das Ritterstift Komburg bei Hall,
ferner die weltlichen Gebiete: Fürstentum Hohenlohe, die Öttingischen Lande, Grafschaften Limpurg und Rechberg und grenzt im O. an Bayern und im N. an
Baden. Die Hauptflüsse sind Kocher und Jagst, die mit Rems und Tauber zum Rheingebiet, während Brenz und Eger zum Donaugebiet gehören. Der Kreis bildet
eine von tiefen Thälern durchzogene Hochebene, die sich im Süden im Kochberg zu 750 m erhebt und dort von ausgedehnten Waldungen bestanden ist,
während im nördl. Teile Landbau vorwiegt; ferner findet sich Weinbau und bedeutende Rindviehzucht. Der Bodenbenutzung nach sind 42 Proz. Acker- und
Gartenland, 1 Proz. Weinberge, 20 Proz. Wiesen und Weiden und 31 Proz. Waldungen. Der Kreis hat (1890) 5138,92 qkm, 427
Gemeinden, 402991 (194256 männl., 208735 weibl.) E., darunter 1340 Militärpersonen, 62453 bewohnte Gebäude, 77957 Familienhaushaltungen, 7833
Einzelhaushalte und 154 Anstalten. Dem Religionsbekenntnis nach sind 275073 Evangelische, 123696 Katholiken, 722 sonstige Christen und 3494 Israeliten.
Hauptstadt ist Ellwangen (s. d.).
Der Kreis zerfällt in die 14 Oberämter:
Oberämter | qkm | Bewohnte | Ein- | E. auf | Evan- | Katho- | Israe- |
| | Gebäude | wohner | 1 qkm | gelische | lische | liten |
Aalen | 307,52 | 4289 | 29 425 | 96 | 12 223 | 17 194 | 5 |
Crailsheim | 337,93 | 3900 | 26 445 | 78 | 22 735 | 3 278 | 340 |
Ellwangen | 547,71 | 5127 | 30 881 | 56 | 3 070 | 27 649 | 159 |
Gaildorf | 374,10 | 3579 | 24 158 | 65 | 22 522 | 1 610 | 1 |
Gerabronn | 471,23 | 4802 | 30 125 | 64 | 28 495 | 1 086 | 485 |
Gmünd | 263,95 | 4785 | 36 836 | 140 | 9 992 | 26 725 | 97 |
Hall | 335,87 | 3749 | 29 548 | 88 | 27 302 | 2 020 | 189 |
Heidenheim | 458,90 | 7044 | 38 788 | 85 | 36 334 | 2 412 | 4 |
Künzelsau | 383,92 | 4577 | 29 295 | 76 | 16 921 | 11 698 | 607 |
Mergentheim | 424,74 | 4578 | 29 258 | 69 | 17 818 | 10 524 | 912 |
Neresheim | 427,63 | 4099 | 21 283 | 50 | 4 618 | 16 274 | 380 |
Öhringen | 357,69 | 4580 | 31 072 | 87 | 29 645 | 1 005 | 311 |
Schorndorf | 192,84 | 4289 | 25 578 | 133 | 25 218 | 217 | 1 |
Welzheim | 254,89 | 3055 | 20 299 | 50 | 18 180 | 2 004 | 3 |
Jagŭar, Unze, Onze oder
amerikanischer Tiger (Felis onca L., s.
Tafel: Katzen II, Fig.4), das größte und gefährlichste katzenartige Raubtier Amerikas, das ohne den
Schwanz etwa 1,5 m ↔ lang, rostgelb, am Bauche weiß und an den Seiten mit vier bis sechs Längsreihen großer
schwärzlicher Ringflecken mit einem Mittelfleck gezeichnet ist. Bei einer Abart, der schwarzen Onze, werden die Flecken
und Ringe nur bei unter gewissen Winkeln auffallenden Lichtstrahlen wahrgenommen. Der J. findet sich von Paraguay an durch ganz Südamerika und in
manchen Teilen des südlichsten Nordamerika, wie in Texas und Mexiko; hier aber selten. Er hält sich am liebsten in der Nähe großer Ströme auf, denn er
schwimmt ebenso geschickt, als er auf Bäume klettern kann. Es ist daher kein Tier vor ihm sicher, und er wird selbst dem Menschen gefährlich. Die Indianer töten
ihn gewöhnlich mit kleinen, aus Blaserohren abgeschossenen, stark vergifteten Pfeilen, welche von dem J. nicht beachtet werden, da sie beim Eindringen kaum
stärker als ein Dorn stechen, ihn aber bereits binnen einer Viertelstunde töten. Die europ. Tiergärten besitzen fast durchweg diese Katze, die in der Regel viel
bösartiger ist als ihre altweltlichen Verwandten. Sie wird ebenso wie diese gehalten und ausgewachsen mit etwa 800 M. das Stück bezahlt.
Jahn, Friedr. Ludw., der «Turnvater», geb. 11. Aug. 1778 zu Lanz in der Priegnitz, studierte 1796–1802 in Halle, Göttingen und
Greifswald Theologie und Philologie. Im Herbst 1806 wollte er in das preuß. Heer eintreten, erreichte dasselbe aber erst nach der Schlacht von Jena. Während
der nächsten Jahre unternahm er mehrere Reisen durch verschiedene Gegenden Deutschlands, um Sprachforschungen zu machen. Im Herbst 1809 ging er nach
Berlin, 1810 wurde er daselbst Lehrer am Gymnasium zum Grauen Kloster und an der Plamannschen Erziehungsanstalt. In dem Schmerze über die Demütigung
Deutschlands, insbesondere Preußens, faßte er den Entschluß, die Wiederherstellung des Volksgeistes durch die Entwicklung der physischen und moralischen
Volkskraft zur Aufgabe seines Lebens zu machen. Das Mittel dazu glaubte er besonders in der Turnkunst gefunden zu haben; daher eröffnete er 1811 einen
Turnplatz in der Hasenheide. Gleichzeitig wirkte er auch als Schriftsteller für Belebung des deutschen Nationalsinns unter der Jugend, wodurch er nicht wenig für
Erhebung des Volks in dem großen Kampfe von 1813 beitrug. Im Febr. 1813 eilte er nach Breslau, trat als einer der ersten in das Lützowsche Korps, an dessen
Gründung J. lebhaft beteiligt war, wurde Führer eines Bataillons, jedoch gleichzeitig auch mehrfach von seiner Regierung zu geheimen Sendungen verwendet.
Nach den Feldzügen hielt er 1817 und 1818 in Berlin Vorlesungen über deutsches Volkstum und wurde vom Staate als Turnlehrer angestellt. Wie weit J. mit Wort
und That bei Begründung der Burschenschaft in Jena teilnahm, ist nicht genau festzustellen, daß er aber dabei nicht ohne wesentlichen Einfluß war, ist gewiß.
Durch sein freies und derbes Wesen der herrschenden Reaktionspolitik gegenüber geriet er in den Verdacht eines Demagogen, und es erfolgte die Schließung der
Turnplätze. J. selbst wurde 14. Juli 1819 verhaftet, zuerst nach Spandau, dann nach Cüstrin gebracht und hierauf 1820 vor eine Immediatkommission in Berlin
gestellt. Bis zur Entscheidung als Festungsgefangener in Kolberg unter
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 832.