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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Java

Die Tierwelt ist in allen Klassen sehr reich an Arten. Sie trägt einen entschieden kontinental-ind. Charakter. Von Säugetieren kommen 90 Arten vor, darunter eine Rhinocerosart (Rhinoceros javanicus Cuv.), eine wilde Ochsenart (Bos Bantengg Raffl.), der gestreifte Tiger und eine Pantherart (Felis pardus L.), Hirsche, Rehe, wilde Schweine, verschiedene Affenarten, unter denen ein Gibbon (Hylobates leuciscus Kuhl) der merkwürdigste, und viele kleinere Formen aus den meisten Säugetierfamilien. Die Pferde sind klein, aber stark und dauerhaft. Ein noch wichtigeres Haustier ist für die eingeborene Bevölkerung der Büffel, wegen seiner Nützlichkeit bei dem Landbau. Rindvieh wird hauptsächlich des Fleisches wegen gezüchtet, Ziegen und Schafe finden sich nur in geringer Anzahl. Unter den ungefähr 270 Arten von Landvögeln, von denen sich viele durch Farbenpracht auszeichnen, sind die ihre eßbaren Nester an verschiedenen Stellen, hauptsächlich aber in den Höhlen des Kalkvorgebirges Karang-Bolong an der Südküste bauenden Segler (Collocalia esculenta Gray) hervorzuheben. In allen Flüssen und Flußmündungen sind Kaimans (Crocodilus biporcatus Cuv.) häufig, und das Meer ist längs der ganzen Küste außerordentlich fischreich. Die Insekten-, namentlich Käferfauna von J. ist eine der reichsten und schönsten der Erde.

An Erzeugnissen des Mineralreichs ist J. arm. Von Metallen kommt nur Eisen in geringer Menge und Güte sowie etwas Flußgold vor. In den Kratern der Vulkane findet sich Schwefel und Schwefelarsenik, von den Salzquellen enthalten mehrere Jodium. Auch Bergöl kommt vor.

Bevölkerung und Kulturzustand. J. hat mit Madura (1891) 23 862 820 E., darunter 23 559 727 Eingeborene, 42 504 Europäer, 243 006 Chinesen, 14 047 Araber, 3 536 Hindu. Die Eingeborenen, der malaiischen Rasse angehörig, teilen sich in Sundanesen im Westen, eigentliche Javaner in der größten Osthälfte, und Maduresen auf der gleichnamigen Insel. (S. Javanische Sprache.) Die Bevölkerung ist überaus dicht (180 E. auf 1 qkm); am stärksten sind außer Madura (274 E.) die mittlern Landschaften Bagelen, Kedu und Pekalongan sowie Surabaja besiedelt. Europäer und Chinesen verteilen sich ziemlich gleichmäßig über die Insel. Hauptstadt ist Batavia (99 729 E.), wichtig sind auch Surabaja (107 868 E.), Surakarta (91 368 E.) und Samarang (57 276 E.). - Das Christentum ist unter den Eingeborenen wenig verbreitet. Mit dem Mohammedanismus, welcher auf J. fast allgemein ist, aber dort einen sehr äußerlichen Charakter hat, haben sich in der eigentümlichsten Weise Hinduistische Vorstellungen, am meisten aber ein tief eingewurzelter Glaube an Geister und Gespenster aus der heidn. Vorzeit verbunden. Der Sundanese ist im allgemeinen etwas gröber, der Madurese etwas gewaltsamer als der Ostjavaner, der nicht selten als von sanfter Natur geschildert wird. Reis ist das Hauptnahrungsmittel.

Die Landwirtschaft wurde bis auf kurze Zeit großenteils durch das sog. Kultursystem beherrscht (s. unter Geschichte), welches jetzt bis auf den Kaffee eingeschränkt ist. Auch Chinarinde wird, freilich ohne Zwangsarbeit, auf Staatsländereien angebaut. Der Javane hat sowohl Privat- wie Kommunalgrundbesitz der Desas (Dörfer). Seit dem Gesetz vom 9. April 1870 können nicht urbar gemachte Gründe von der Regierung auf 75 Jahre in Erb-

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pacht verliehen werden, wenn das Zustandekommen größerer Landbauunternehmungen einigermaßen gesichert ist. Sehr bedeutend ist die Zuckerindustrie, welche von der starken Zuckerkrisis in den achtziger Jahren sich wieder ziemlich erholt hat; doch wird sie durch die sog. Serehkrankheit des Zuckerrohrgewächses bedroht.

Handel und Verkehr. J. ist der Hauptsitz des niederländ. Handels in Indien. Die bedeutendsten Häfen sind an der Nordseite Batavia, Samarang, Surabaja; an der Ostseite Panarukan; an der Südseite Tjilatjap. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind folgende: Baumwollwaren (1891 im Werte von 29,88 Mill. Fl.), Petroleum (93,61 Mill. l), Reis, geschält (54,8 Mill. kg), Eßwaren (3,4 Mill. Fl.), Fische (18,73 Mill. kg), Mehl, Butter, Bier, Eisen und Stahl, Gold- und Silbermünzen. - In der Ausfuhr steht Zucker (1890: 367,77, 1891: 463,54 Mill. kg) obenan, dann folgt Kaffee (15,5 und 28,8 Mill. kg), Tabak, Zinn (5,3 Mill. Fl.), Reis (27,6 Mill. kg), Indigo, Thee, Häute, Chinarinde, schwarzer Pfeffer, Muskat und Zimmet. - Lange Zeit war die von Daendels 1808 quer durch ganz J. gebaute Heerstraße der bedeutendste Verkehrsweg zu Lande. Am 1. Jan. 1893 befanden sich 1502 km Eisenbahnen im Betriebe, darunter 914 km Staatsbahnen, 343 km Privatbahnen und 245 km Dampftramways; außerdem waren 173 km Staatsbahnen (Tjibatu-Tjilatjap) im Bau, durch welche eine direkte Verbindung zwischen Batavia und dem Osten der Insel (Surabaja) geschaffen wird. Die erste Bahn war die von Privaten erbaute und 1867 eröffnete Linie von dem Hafen Samarang nach Tangveng (79 km); ihre Fortsetzung nach Dschokschakarta wurde mit der Zweigbahn Kedveng Djati-Ambarawa (Fort Willem 1.) 1873 eröffnet (zusammen 205 km). Als zweite Bahn folgte die Strecke Batavia-Buitenzorg, 1869 begonnen und 1873 vollendet. An neuern Privatbahnen sind nur die kurzen Linien Tegal-Balapulang und Vatavia-Bekassi-Kedong-Gede, welche zwei verschiedenen Gesellschaften gehören, vorhanden. Von Staatsbahnen wurde die erste Linie Surabaja-Passuruan mit der Zweigbahn nach Malang 1875, die Bahnen Sido-Ardjo-Madiun mit Abzweigung nach Blitar und Buitenzorg-Tjitjalcngka 1878, Madiun-surakarta 1880, Passuruan-Probolinggo 1881, Surabaja-Udjong und Dschokschakarta-Tjilatjap 1884 u. s. w. eröffnet. Die Dampfstraßenbahnlinie Samarang-Djuwana (Ioana)-Stoomtram-Maatschappij (171 km) beförderte (1890) 1 085 362 Reisende, 8891 t Zuckerrohr und 108351 t andere Güter und erzielte bei 518 420 Fl. Roheinnahme eine Verzinsung des Anlagekapitals mit 7,50 Proz.

Verwaltung. J. hat 21 Residentschaften (mit Madura 22). Jede Residentschaft umfaßt mehrere Regentschaften, jede Regentschaft mehrere Distrikte, jeder Distrikt mehrere Dorfgemeinden (Desas). Regenten sind von der Kolonialregierung ernannte hochadlige Eingeborene, welche das Zwischenglied zwischen der vom Residenten und seinen Untergeordneten (Assistent-Residenten, Kontrolleurs) vertretenen niederländ. Regierung und der Bevölkerung ausmachen. Die Häupter der Distrikte und Desas, ebenfalls ansehnliche Eingeborene, werden erstere von der Regierung auf Antrag der Regenten ernannt, letztere von den Gemeinden gewählt unter Gutheißung des Residenten. In jedem der beiden sog. Fürstenländer Dschokschakarta und Surakarta