Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

939
Johannes V. (Paläolögos) - Johannes (der Presbyter)
Johannes V. Paläolögos, byzant. Kaiser
(1341-91), geb. 1330, Sohn des Andronikos III.,
folgte seinem Vater 15. Juni 1341, doch führten
während seiner Minderjährigkeit seine Mutter Anna
nebst Johannes Kantakuzenos die Reaentschaft.
Letzterer ließ sich 26. Okt. 1341 selbst als Johan-
nes VI. (s. d.) zum Kaiser ausrusen, konnte aber
erst nach längerm Kampfe 1347 seine Anerken-
nung durchsetzen. I. wurde mit Helena Kantaku-
zenos, der Tochter seines Gegners, vermählt,
doch geriet er bald wieder mit seinem Schwieger-
vater in offenen Kampf und nötigte ihn endlich
Ende Dez. 1354 zur Abdankung. Auch nach Jo-
hannes' VI. Beseitigung wurde der Kampf von
dessen Sohn Matthäus bis Ende 1358 fortgeführt.
Unter I. machten die Türken große Fortschritte in
den europ. Ländern des Byzantinischen Reichs und
eroberten 1360 selbst Adrianopel, das Murad I.
zu seiner Residenz erwählte, sodaß I. gezwungen
war, sich 1370 dem Sultan für tributpflichtig zu
erklären, um den Rest feiner europ. Besitzungen
zu erhalten. Am 12. Aug. 1376 wurde I. von
seinem Sohne, dem spätern Andronikos IV., ent-
thront und gefangen genommen; doch gelang es
ihm, 1379 aus seiner Haft zu entkommen und sick
wieder in den Besitz der Herrschaft zu setzen. Noch
einmal wurde er auf kurze Zeit (April bis Sept.
1.390) von Johannes VII. verdrängt. Er starb
16. Febr. 1391.
Johannes VI. Kantakuzenos,byzant.Kaiser
(1341-54), übte schon unter Andronikos II. und III.
als Feldherr und Staatsmann großen Einfluß aus
und übernahm nach Andronikos' III. Tode (15. Juni
1341) die Vormundschaft über desfen unmündigen
Sohn Johannes V. (s. d.). Durch Intriguen der
verwitweten Kaiserin Anna und des Finanzmini-
sters Avokaukos, die ihn zu verdrängen suchten,
wurde I. dahin getrieben, die ihm von seinen An-
hängern angebotene Krone 26. Okt. 1341 anzuneh-
men. Aber erst nach einem mehrjährigen, für das
ohnehin durch Angriffe der Serben, Bulgaren und
Türken allseitig erschütterte Reich höchst verderb-
lichen Bürgerkriege erlangte I. das Übergewicht
derart, daß er 8. Febr. 1347 auf 10 Jahre als
Alleinherrscher anerkannt wurde; dann aber sollte
er dem jungen, 21. Mai 1347 mit seiner Tochter
Helena vermählten Johannes V. Anteil an der Re-
gierung gewähren. Namentlich von Serbien her
schwer bedrängt, führte I. eiue wenig glückliche
Regierung, bis ihn sein seit 1351 völlig mit ihm
verfeindeter Schwiegersohn zu Ende Dez. 1354 mit
genucs. Hilfe in Konstantinopel überrumpelte und
zur Abdankung nötigte. I. wurde Mönch im Klo-
ster Mangana und schrieb unter dem Namen Christo-
dulos eine apologetische Geschichte seiner Zeit (hg.
von Schopen, 3 Bde., Bonn 1825-32). Auch ver-
faßte er einen Kommentar zur Ethik des Aristoteles
und schrieb gegen die Juden, gegen Mohammed
und den Koran. I. starb 15. Juni 1383 im Pelo-
ponnes und wurde zu Misithra begraben. - Eine
von Johannes Komnenos 1699 verfaßte Lebens-
beschreibung I.' veröffentlichte Lopareo (Petersb.
1888). Vgl. außerdem Parisot, ^HutÄcu^kuß,
ii0miu6 ä'etHt 6t kiLtorißii (Par. 1845).
Johannes VII. Paläolögos, byzant. Kaiser
(1398-1402), Sohn des Usurpators Andronikos IV.
und Neffe des Kaisers Manuel II., entriß April
1390 seinem Großvater Johannes V. die Herrschaft,
wurde aber schon im September wieder gestürzt.
Am 4. Dez. 1398 zwang er dann mit türk. Unter-
stützung seinen Oheim, mit ihm den Thron zu teilen,
doch dauerte die Mitregentschaft nur bis 13. Sept.
1402, worauf ihn Manuel nach der Insel Lemnos
schickte; 1407 wurde er mit einem Landstrich an der
Küste von Thessalien und Macedonien abgefunden,
den ihm die Türken bald darauf wieder entrissen.
Er trat in den geistlichen Stand und starb wahr-
scheinlich bald nach 1408.
Johannes VIII. Paläo log os,byzant. Kaiser
(1425-48), geb. 21. Juli 1391, Sohn des Kaisers
Manuel II., folgte seinem Vater 19. Juli 1425,
zwei Tage vor desfen Tode, auf dem Thron. Vom
türk. Sultan Murad II. hart bedrängt, faßte I. den
Plan, sich durch die Vereinigung der griech. mit der
röm. Kirche den Schutz des Abendlandes zu er-
werben, und beteiligte sich zu diesem Zwecke 1437
-39 persönlich an dem Ferrara-Florenzer Konzil
(s. d.). Infolge seines Einverständnisses mit Papst
Eugen IV. bestimmte letzterer den König Wladislaw
von Polen und Ungarn zum Krieg gegen die Türken.
Durch den Sieg Murads II. bei Varna (11. Nov.
1444) und den Tod des Wladislaw bei der Belage-
rung dieser ^tadt sah sich I. jedoch auf Konstanti-
nopel beschränkt und zur Tributzahlung an die Tür-
ken gezwungen. Des ungar. Kriegshelden Hunyady
Niederlage auf dem Amselfeld (19. Okt. 1448) be-
fchleunigte den Fall Konstantinopels, doch erlebte
ihn I. nicht mehr, da er schon 31. Okt. starb. Sein
Bruder Konstantin XI. wurde fein Nachfolger.
Johannes der Presbyter, Erzbifchof
oder Priester I., ein sagenumwobener, rätsel-
hafter Pricsterkömg des Morgenlandes. Die Sage
über ihn hat drei Entwicklnngsstufen. 1) Um die
Mitte des 12. Jadrh. verbreitete sich in Europa
das Gerücht, in Asien existiere ein christl. König,
der den Kreuzfahrern zu Hilfe ziehe. Otto von
Freising erzählt zuerst 1145, daß der Bischof von
Gabala (in Syrien) Papst Eugen III. über jenen
Priesterkönig berichtet habe. 1105 erwähnt der
Chronist Alberick einen langen Brief desselben an
die abendländ. Fürsten, der die Wunder seines Reichs
schilderte, wohl durch den bekannten angeblichen
Brief Alexanders d. Gr. an Aristoteles angeregt
war und mit der fechsten Reise des Sindbad in
"Tausend und eine Nacht" vielfach übereinstimmt.
Papst Alexander 111. sandte 1177 seinen aus Asien
zurückkehrenden Leibarzt Philipp, der ihm über den
König näher berichtet hatte, mit einem Brief an
ihn: "Inäoruin i'6^i, LHoeräotum Ln^tigLiiiw", um
I. zum Eintritt in die apostolische Kirche zu veran-
lassen. Philipp blieb verschollen; längere Zeit wird
der Priesterkönig nickt mehr erwähnt. 2) Bei Grün-
dung der ostasiat. Missionen der Franziskaner und
Dominikaner 1245 beauftragte Innocenz IV. diese,
darunter Giovanni Piano Carpini und später Wil-
helm Rubruk, nach dem Reiche des Presbyters I.
zu forschen. Nach des letztern Bericht, der Grund-
lage der neuern Forschung, existierte zur Zeit der
Eroberung Antiochiens ein Fürst in jenen Gegen-
den, Corchan genannt, Fürst der Caracatai (Cor
und Catai oder Chatai, Eigennamen, Chan ^ Fürst,
Cara - schwarz). Ein nestorianischer Hirt Nayman
wurde sein Nachfolger; ihn nannte das Volk I.
Der Erzbifchof von Peking und der berühmte Rei-
sende Marco Polo berichten um 1300 von einem
nestorianischen König in Indien, Georg, sechstem
Herrscher seit dem Priester I., und er gilt als Pres-
byter I. 3) Die Sage macht einen Sprung von