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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Karl I. (König von Großbritannien)
tion ad. Bei der Rückkehr Napoleons I. von Elba
ging er mit der königl. Familie nach Gent. Nack
der zweiten Restauration trat er in die Pairskammer
ein und bildete als das Haupt der Ultras eine förm-
liche Nebenregierung, die man nach dem ibm zuge-
wiesenen Teil der Tnilerien den "Pavillon Marsan"
nannte. Sein Einfluß war nm so größer, da er den
Oberbefehl über die Nationalgarde sührte und an
der Spitze der Kongregation stand.
Nach dem Tode seines Brndcrs, Ludwigs XVIII.,
bestieg K. 16. Sept. 1824 den Thron. Anfangs
suchte er durch populäres Betragen und Aufhebung
der Censur die Gemüter für sich zu stimmen: aber
nack der Krönung, die 29. Mai 1825 zu Reims
mit mittelalterlicher Förmlichkeit vollzogen wurde,
und wobei K. aufs neue die Charte beschwor, brack
die Reaktion unverhüllt hervor. Unter dem Mini-
sterium Villele wurden die öffentlichen ^lmter an
die Anhänger der Iesniten, der öffentliche Unter-
richt in die Hände der Pricstcrsckaft gegeben. Die
Kammer mußte den Emigranten die Entschädigung
einer Milliarde bewilligen, und die Preftfrcihcit
wurde beeinträchtigt. Bei den Kammerwahlen im
Nov. 1827 verlor das Ministerium Villele die Ma-
jorität der Wahlkammer. Dies führte zunächst im
Jan. 1828 zur Ernennung des Versöhnungsmini-
fteriums Martignac. Als es auf Betrieb der Hof-
partei fiel, ernannte der König 8. Aug. 1829 ein
neues Kabinett, an dessen Spitze Fürst Polignac,
der engste Verbündete der Jesuiten, trat. Dieser ent-
fesselte durch den Erlaß dersog. Ordonnanzen 27. Inli
1830 die Iulirevolution. K. hob zwar die Ordonnan-
zen ans, ernannte ein ncnes Ministerium unter dem
Herzog von Montcmart und berief die Kammern
zum 3. Aug.; allein die Revolntion ging ihren
Gang und seine Krone war verloren. (S. Frank-
reich, Bd. 7, S. 101 d.) Da jeder Widerstand ver-
geblich war, verzichtete K. in Rambonillet, wohin
cr sich geflüchtet hatte, 2. Aug. nebst dem Herzog
von Angonleme zu Gunsten seines Enkels, des Her-
zogs von Bordeaux (s. Chambord, Graf von), auf
den franz. Thron und reiste nach England und von
da nach Edinbnrgh. Mit seiner Familie wurde er
10. April 1831 vom franz. Boden verbannt. Er
ging im Sept. 1832 nach Prag, 1835 nach Schloß
Kirchberg, 1836 nach Görz, wo er 6. Nov. 1836 starb.
- Vgl. N6N0ir63 86"'6t3 6t t6M01FNH303 llntlioil-
tl<iu63i (Hut0 ä6 0kari03 X (Par. 1875); Vedrenne,
Vie äs ^1iÄi'l63 X (3 Bde., ebd. 1879); Petit,
HiLwiro O0nt6m^or3>in0 äs 1^ I?i'Huc6, Bd. 9:
ciiHrl63 X (ebd. 1886): Marqnis de Villeneuvc,
l'1ilN'l03X ot l^ouiFXIX 6n 6x11 (ebd. 1889); Imbert
de Saint-Amand, 1^ conr 60 ^imi-163 X (ebd. 1891).
Karl I., König von Großbritannien und
Irland (1625-49), geb. 19. Nov. 1600 in Dun-
fcrmline als Sohn Jakobs I., wurde durch den Tod
seines ältern Bruders Heinrich (1612) Prinz von
Wales. Sein erstes polit. Auftreten geschah in feiner
Vrantfahrt an den Madrider Hof (1623), die völlig
mißglückte und zur Folge hatte, daß K.s Begleiter,
der Herzog von Buckingham (s. d.), mit des Prinzen
Einvernehmen den König zu einer Spanien feind-
lichen Haltung drängte. Diese Haltung behielt K.
nach Jakobs Tode (1625) bei und zeigte sie offen
durck feine Vermählung mit der franz. Prinzefsin
Henriette Marie. Obgleich seine polit. Haltung den:
Parlament gegenüber anfangs durchaus versöhn-
lich war, so brach dennoch der von seinem Vater
er?Me Hader sofort aus und zeigte sich in der Ver-
kürzung des bisher auf Lebenszeit des Herrschers
bewilligten Tonnen- und Pfundgeldes ss. d.j, das
K. nur auf ein Jahr gewährt wurde. Der König,
der von den Ansprüchen seiner königl. Prärogative
nicht minder erfüllt war wie fein Vater, nahm den
Fehdehandschuh auf und fchritt zu schwerer Rechts-
verletzung, indem er unbewilligte Zölle erhob. Als
die Expedition, die Buckingham zum Schutze der
franz. Hugenotten 1627 nach der Insel Re vor La
Nochelle nnternommen hatte, mißglückte, gingen
die Gemeinen gegen den verhaßten Minister vor.
Das Parlament wurde aufgelöst, aber die nicht
zu hebende Finanznot zwang K. vor einem nenen,
dem dritten feiner Regierung, (1628) zur Nach-
giebigkeit; für die in der "Bitte nm Recht" (s. ?e-
tition ok i-i^dt) znsammengefasiten Befchwerden,
vornehmlich übcr die willkürlichen Steuererhebun-
gen und Verhaftungen, versprach er seierlich Ab-
hilfe (7. Juni 1628). Als kurz darauf Vuckingham
durch Mörderband gefallen war (Okt. 1628) und
der König in der Hoffnung auf günstigere Stim-
mung den: ncuberufenen Parlament (Jan. 1629)
entgegenkommende Erklärungen gab, war doch fchon
mancherlei geschehen, die Stimmung zu reizen. K.
begünstigte gleich seinem Vater die engl. Bischofs-
tirche, sein künstlerischer Sinn liebte und mehrte
ihren Prunk, während die puritanische Parla-
mentsopposition darin nur Anfänge zur Wieder-
einführung des Katholicismus sah, von dem in
Wahrheit K. weit entfernt war. Dazu kamen Be-
schwerden über Verletzungen der Bitte um Recht,
und als K. den böchst erbitterten Redekampf im
Unterhans durch Vertagung beenden wollte, wieder-
setzten sich die Gemeinen dein Befehl (2. März 1629).
In bellem Zorn fchickte K. sie 10. März nach Hause
und vcrsuckte es mit einem königl. Despotismus
ohne das Parlament. Es wurde von 1629 bis
1640 nickt mebr berufen.
Die gegen Frankreich und Spanien begonnenen
Unternehmungen wurden 1629 und 1630 durch Frie-
densschlüsse beendet, im Innern suchte K. sich un-
abhängige Finanzquellen zu erschließen dnrch Fort-
erhebung der unbcwilligten Zölle, durch Wieder-
cinfnbrung alter Feudallasten fowie dnrch Monopol-
vcrgcbung. Ein ncnes Mittel zur Geldbeschaffung
fand man in der Erhebung des Schiffsgeldes (f.d.);
aber nach einem ersten Erfolg (1634) erstand durch
die Zablungswcigcrung John Hampdcns (s. d.) ein
entscheidender allgemeiner Widerstand. K.s vor-
nehmster Helfer bei allen diefen Maßregeln war
der frühcre Oppositionsmann Thomas Wentworth,
der später zum Grafen Strafford erhoben wurde.
Dabei stand ibm, wo die ordentlichen Gerichte ver-
sagten, die Eternkammer (s. d.) zur Verfügung,
ebenso wie dem ErzbischofLaud bei feinen kirchlichen
Verfolgungen die Hohe Kommifsion(s.d.). Der erste
größere Ausbruch gegen K. kam aus Schottland,
als Land an Stelle der Prcsbyterialkirche Schott-
lands den glänzenden Kultus und das Bekenntnis
der engl. Bischofskirche setzen wollte. In Edinbnrgh
erhob sich Tumult (Juli 1637), und als K. alle
Proteste abwies, traten die Schotten im Covenant
ls. d. und Sckottiscke Kirche), einem religiös-polit.
Bunde, zum Widerstand zusammen. Der erste sog.
Bischofskrieg brach aus, K. mnßte weichen und
nach elfjähriger Pause sich an ein Parlament um
Hilfe wenden. Aber in diesem "Kurzen Parla-
ment" des I. 1640 war nicht von Bewilligungen,
nur von Befchwerden die Rede. Nach seiner Äuf-
Artikel, die man unter K vermint, sind unter C aufzusuchen.