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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Karl Eduard (Prinz von Großbritannien)
starkem Gegensatz zu dem sehr einseitig staatskirch-
lich gesinnten Parlament, und um sich von diesem
unabhängiger zu machen, verkaufte K. wie schon
irüher den Besitz von Dünkircken, so jetzt seine
Freundschaft mit Holland an Ludwig XIV. sür
300000 Pfd. St. Weitere 200 000 Pfd. St. erhielt
er für sein Versprechen, gegen die bestehenden Staats-
gesetze eine für die engl. Katholiken günstige Er-
klärung zu erlassen. Seine Nätc bei diesem schmach-
vollen Beginnen waren die fünf Männer, die das
berüchtigte Cabalministerium (s. d.) bildeten. 1672
begann er als Frankreichs Söldling den Krieg
gegen Holland und erließ die Indulgenzcrklärung
für die Nonkonformisten. Den Krieg, dessen eigent-
liche Ursache dem Parlament verschleiert blieb,
nahm dieses hin, nicht so die Anmaßung K.s,
von Landesgesetzen zu dispensieren, die in dem
Indulgenzerlaß lag. März 1673 erzwäng es den
Erlaß der Testakte (s. d.), nach der niemand ein
öffentliches Amt bekleiden durfte, der nicht den
kirchlichen Supremat des Königs anerkannte und
die kath. Abcndmahlslehre der Transsubstantiation
abschwur. Der Herzog von ?)ork (s. Jakob II.), der
offen zum Katholicismus übergetretene Bruder K.s
und mutmaßlicher Thronfolger, legte darauf seine
Würde als Großadmiral nieder. K. mußte den
Krieg gegen Holland vor dem sich erhebenden Wider-
stand aufgeben (1674) und die Männer des Cabal-
miuisteriums entlassen. Der anderen Stelle berufene
Thomas Osborne, Graf von Danby (s. Lceds),
suchte nun wieder die königl. Prärogative in ihrer
Verbindung mit der prot. Staatskirche zu sördern.
Jedoch wurde die damit sich lockernde franz. Freund-
schaft nicht ganz aufgegeben, durch neue Zahlun-
gen erkaufte Ludwig Englands Neutralität, wäh-
rend K. nach der andern Seite mit dein nicdcr-
lä'nd. Statthalter Wilhelm von Oranien anknüpfte.
In England schloß sich eine starke katholikenfeind-
liche Bewegung an die Aufdeckung einer angeb-
lichen Papistenverschwörung gegen den König durch
einen gewissen Titus Oates. Äls das von der Er-
regung ergriffene Parlament sich gegen den katb.
Thronfolger und gegen Danby wandte, löste es K.
24. Jan. 1679 nach nahezu achtzehnjährigem Be-
stände auf. Aber auch das neue Parlament zeigte
sich Jakob feindlich und erzwang die Entfernung
desselben nach Brüssel, den Sturz und die Anklage
Danbys. K. mußte Männer der Opposition, wie
Shaftesbury und Russell, in den Geheimen Rat
ausnehmen und die zum Schutz gegen die willkür-
lichen Verhaftungen bestimmte Habeas-Corpus-
Akte (s. d.) bewilligen. Erst der offene Angriff ge-
gen Jakobs Thronfolgcrecht bewog ihn zur Auf-
lösung (Mai 1679). Der Kampf sür oder gegen die
Ausschließung des kath. Thronfolgers erfüllte das
ganze öffentliche Interesse: im neuen Parlament
wurde sofort die Ausschlußbill gegen Jakob einge-
bracht Okt. 1680), von den Genieinen angenom-
men, von den Lords jedoch verworfen. In diesem
wild erbitterten Kampfe begann zuerst die Schei-
dung des Parlaments in die zwei großen Parteien
der Zukunft, der Tories und Whigs (f. Tory). Auck
dies und ein wieder neu gewähltes Parlament wur-
den aufgelöst. K. fühlte sich finanziell gedeckt durck
reiche Bewilligungen Ludwigs XIV., der Herzog
von Jork kehrte zurück an den Hof, die vollste toryi-
stische Reaktion herrschte. Man ging gegen die Frei-
heit der Gerichte und der städtischen Korporationen
vor und ergriff nur noch strengere Maßregeln nach
der Entdeckung einer whiggistischen Verschwörung,
des sog. Rye-House-Komplotts (s. d.). K. schie/t seme
Wünsche erreicht, bei völliger Ruhe im Innern
und nach außen, bei steigendem Wohlstand des
Landes seine persönliche Politik zum Siege geführt
zu haben. Da traf ihn 1. Febr. 1685 ein Schlagfluß,
dem er am 6. erlag. Auf dem Sterbebett, als ihm die
Fähigkeit der Selbstbestimmung schon fehlte, ist ihm
das Bekenntnis zur kath. Kirche entlockt worden,
doch war er noch viel weniger gläubiger Katholik
als Protestant. Der durch die schmachvollste Er-
niedrigung Englands vor Ludwig XIV. erkaufte
Sieg seiner beanspruchten königl. Prärogative über
das Parlament war nur ein '^cheinsteg, der prot.-
parlamentarische Charakter des engl. Staates hat
auch unter ihm sich nur mehr befestigt. K. war nicht
ohne gute Seiten, leutselig, witzig, von hohem Kunst-
sinn und Interesse für den Auffchwung der Natur-
wissenschaften in seiner Zeit; aber leichtfertig als
Mensch und als Politiker, hat er viel dazu beige-
tragen, das Königtum der Stuarts in England un-
möglich zu machen. - Vgl. außer den ältern Wer-
ken von Kennet, Hume und Macpherson besonders
Ranke, Engl. Geschichte vornehmlich im 17. Jahrh.,
Bd. 4 u. 5 (3. Aufl., Lpz. 1877-79).
Karl Eduard, engl. Thronprätendent, gewöhn-
lich "Der junge Prätendent" genannt, geb. 31. De,;.
1720 in Rom, wo sein Vater Jakob Eduard, der
^ohn des 1688 vertriebenen Königs Jakob II. von
Großbritannien und Irland, als Flüchtling
lebte. Dessen Herstellungsversuche 1715 und 1727
waren mißglückt. K. E. unternahm 1742 mit Hilfe
Frankreichs, das den Prätendenten und seine An-
sprüche gegen England benutzte, von ueuem einen
^andungsversuch, den aber Stürme und der Wider-
stand einer engl. Flotte vereitelten. Bedeutender
war der zweite Vorstoß nach Schottland, wo K. E.
2. Aug. 1745 mit wenigen Begleitern landete und
sofort beträchtlichen Anhang unter den Hochlän-
dern fand. Er nahm Pcrth, und nachdem er sich
zum Regenten, seinen Vater zum König hatte aus-
rufen lassen, zog er 19. Sept. 1745 in Edinburgh
ein. Am 21. Hept. schlug er bei Preston-Pans ein
engl. Korps, nahm Carlisle, rückte nach Manchester
und bedrohte London. Seine anfangs mißachtete
Erhebung rief jetzt großen Schrecken hervor, aber
schon begannen Zwistigkeiten in K. E.s eigenem
Lager", bei Falkirk errang er 23. Jan. 1746 noch
einen Vorteil, wurde jedoch 27. April bei Culloden
(s. d.) durch den Herzog von Cumberland völlig ge-
schlagen. Erst nach fünf Monate langer abenteuer-
reicher Flucht fand er in Frankreich sichere Zuflucht.
Von Frankreich und Spanien erhielt er beträchtliche
Jahrgelder, wurde aber nach dem Aachener Frieden
i1748) aus ersterm ausgewiefen. Er ging nach
Spanien, besuchte heimlich einmal London und lebte
dann in Rom, das er nur vorübergehend nach sei-
nes Vaters Tod (1766) mit Florenz vertauschte.
Mit der Welt zerfallen, ergab er sich dem Trunk;
seine 1772 geschlossene Ehe mit einer Prinzessin
^tolbcrg (s. Albany, Louisa) wurde 1780 wieder
getrennt. Er starb 30. Jan. 1788 und wurde zu
Frascati mit königl. Ehren beigesetzt, wobei sein
Bruder, der Kardinal von Jork (gest. zu Frascati
13. Juli 1807), das Totenamt hielt. >^eine natür-
liche Tochter, Charlotte Stuart (geb. 1753, gest.
17. Nov. 1789), hatte er 1785 aus Frankreich zu sich
gerufen, aus königl. Machtvollkommenheit legiti-
miert und zu seiner Erbin erklärt. - Vgl. Pichot,
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.