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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Karlsbader Beschlüsse
und dessen Porzellanfabrik, nach Dallwitz mit seinen
uralten, von Theodor Körner besungenen Eichen
und dem Hans Heilingfelsen an der Egcr.
Von den zahlreichen Mineralquellen, denen
K. seinen Weltruf verdankt, wird der kalte (12,5° 0.)
Säuerling hinter der Dorothcenau sowie die Eisen-
quelle (8,5^ (^.) am Abhang des Dreikreuzberges
nur zur Erfrischung getrunken und zu Bädern ver-
wendet. Die warmen Quellen (40-72,5° 0.) brechen
sämtlich ans einer Thermalsftalte im Granit hervor.
Die älteste und bekannteste wie auch ergiebigste
Quelle, die bis zum 16. Jahrh, allein angewendet
wurde, ist der Sprudel (72,5° ('.) mit 1,298 Pro-
millo kohlensaurem, 2,105 schwefelsaurem Natron,
1,042 Kochsalz, 0,i86 schwefelsaurem Kali, 0,ic.6 kohlen-
saurer Magnesia, 0,??6 halbgebundener und 0,i8i>
sreier Kohlensäure. Dieser liefert, fast mannsdick
1 m hoch aufwallend und ausströmend, ans sechs
Mündungen in der Minute über 2200 1. Aus den
Ablagerungen seines Wassers bildet sich die Sprudel-
schale, ein kalkartiges Sediment, das im Lause der
Zeit sich zum sesten Stein, dem Sprudelstein, er-
härtet, der geschliffen und poliert zu allerlei uied-
lichen Arbeiten verwendet wird. Außer dem Spru-
del wird uoch an 16 andern Quellen getrunken. Die
beliebtesten darunter sind: die Kaiser-Karlsquelle
(44,8° ().), der Marktbrunnen (44,2°) mit 1,27, 2,38"'.,
1,030, 0,181, 0,166,0,768 und 0,555 Promille der oben-
erwähnten Bestandteile, der Neubrunnen (57,?"),
der Bernhardsbrunnen (68,7°), der Mühlbrunnen
(51,4°) von ähnlicher Zusammensetzung, die Felsen-
quelle (59°), der Schlohbrunnen (52,9°), der Theresien-
brunnen (59,i°) und der Kaiserbrunnen (48,?°). Das
Wasser ist klar, sarblos, ohne charakteristischen Geruch,
mit schwachsäucrlich-salzigem Geschmack und hat ein
spec. Gewicht von 1,0053 bei 18° ^. Das Wasser des
Sprudels und der Hygieaquclle (1809 bei einer
mächtigen Sprudeleruption entstanden) wird vor-
zugsweise zu den Bädern in vier großen öffentlichen
Badeanstalten benutzt. Die warmen Quellen ge-
hören sämtlich in die Klasse der heißen alkalischen
Glaubersalzquellen, sind in Hinsicht ihrer chem.
Bestandteile einander gleich und üben eine fast
gleiche, nur durch die Verschiedenheiten der Tem-
peratur modifizierte Wirkung aus den Organismus.
Das Karlsbader Wasser wirkt hauptsächlich auf-
lösend in den Verdauungswerkzeugen, reizend in
den Organen der Aufsaugung, umändernd und ver-
flüssigend in den Säften überhaupt, besonders aber
bewirkt es vermehrte und öftere Harnausscheidung,
regelt die Gallensekretion sowie die anormale
Zuckerproduktion und übt Einfluß auf die Ne-
forption der Fettgebilde. Die Quellen gehören zu
den kräftigsten und durchdringendsten, die man
kennt, und können bei zweckmäßigem Gebrauche
von größtem Erfolge fein, und zwar Vorzugsweife
in allen jenen zahlreichen Krankheitszuständen,
welche aus allzu reicher Ernährung bei ungenügen-
dem Stoffwechsel entstehen. Von besonderer Wirk-
samkeit erweisen sie sich bei chronischen Magen- und
Darmkrankheiten, namentlich bei Magengeschwüren
und chronischem Katarrh, bei Milz- und Leber-
leiden, insbesondere Gelbsucht und Gallensteinkolik,
Fettleber, bei Gicht, Fettleibigkeit, sowie bei Nieren-
steinen und Zuckerharnruhr. Die Karlsbader Mine-
ralquellen werden als Getränk (3-6, höchstens
8 Becher täglich), als Bad, nach gehöriger Abkühlung
zu 35-30° (^., als Douchebäder und zu Einspritzun-
gen benutzt. Auch Moorbäder und örtliche Moor-
umschläge werden gegeben. Ein weiteres Hilfsmittel
ist die strenge Diät in K. in Verbindung mit einer
angemessenen Bewegung im Freien. Die Eisen-
quelle außerhalb der Stadt, erst 1853 aufgedeckt
und mit einem Vadehaus verfehen, enthält als
Hauptbestandteile phosphorsaurcs und kohlensaures
Eifenoxydul. Diese Quelle kommt innerlich nnd
äußerlich zur Verwendung, ist aber wenig im Ge-
brauche. Besondere Erwähnung verdient noch das
Karlsbader Salz oder Sprudel salz (8n1
(^i-()Uni6N86), welches sowohl in krystallisierter als
in pulverförmigcr Form gewonnen wird. Das kry-
stallisierte Sprudelsalz besteht zum größten Teil aus
schwefelsaurem Natron, das pulverformige dagegen
enthält sämtliche im Wasser löslichen Bestandteile des
Sprudelwassers. Man benutzt dasselbe in krystalli-
sicrter oder in Pulverform teils an Ort und Stelle,
mit dem Mineralwasser vermischt, zur Verstärkung
der Wirkung desselben, teils wird es versendet.
Außerdem kommen auch (^> prudelpa st illen (gegen
übermäßige Säurebildung im Magen) sowie S p r u -
delseife (gegen Hautausschläge und als Zusatz zu
Bädern) und Sprudellaugensalz in den Handel. <^eit
1843 kommen die Wässer sämtlicher Quellen zum
Versand. 1892 wurden nahezu 1,0 MM. Flaschen,
50000 K3 Sprudelscch, 6530 Schachteln Sprudel-
Pastillen und 568 1i^ ^>prudelseise versendet.
Geschichte. Der Sage nach soll Kaiser Karl IV.
auf einer Jagd 1347, nach andern 1358, die heißen
Quellen entdeckt haben; doch steht fest, daß diese schon
lange vorher benutzt wurden. Die älteste Urkunde
über K. ist ein vom König Johann 1325 ausgestellter
Lehnbrief. Wahrscheinlich legte Kaiser Karl IV. den
Grund zur künftigen Bedeutung des Ortes, indem
er ein Jagdschloß K. daselbst errichtete und 1370
den Flecken, der ursprünglich Van) (der Sprndel)
hieß, mit bedeutenden Vorrechten begabte. 1520
begann man das Wasser zur Trinkkur zu gebrauchen.
Kaiser Joseph I. erhob K. 1707 zur königl. Freistadt.
1711 wurde das erste Kurhaus auf der Alten Wiese
erbaut. In K. fand 1819 eine Konferenz der leiten-
den deutschen Minister statt, die zu den reaktionären
Karlsbader Beschlüssen (s. d.) führte. 1891 litt K.
bedeutend durch Überschwemmung.
Litteratur. Lenhart, K.s Memorabilien von
1325-1839 (Prag 1840); Mannl, (^i-i^äk auä
it3 miiiLi^I 8^rinF8 (Lpz. 1850); Hochstetter, K., seine
gcognost. Verhältnisse und seine Quellen (Karlsb.
1856); Semler, Karlsbad (Nürnb. 1870); Löw,
Chronik von K. (Karlsb. 1874); Hertzka, K. in lopogr.,
histor., Physik.-chem. Hinsicht (Wien 1879); Fleckles,
Die Thermalbehandlung der Gicht in K. (2. Aufl.,
Lpz. 1879); ders., Der Karlsbader Kurgast (2. Aufl.,
Karlsb. 1880); Kallay, Neuester Führer durch K. und
Umgebungen (Wien 188l); Kraus, Ratgeber beim
Kurgebraüch in K. (9. Aufl., Karlsb. 1882); Sorger,
Über die wichtigsten Punkte der Diätetik während
einer Karlsbader Kur (9. Aufl., ebd. 1884); Kafka,
X., 868 80ui'ck8 etc. (ebd. 1884); Hlawaeek, K. in ge-
schichtlicher, mediz. und topogr. Beziehung (14. Aufl.,
ebd. 1884); derf., Wegweiser für K. und Umgegend
(6. Aufl., ebd. 1884); Cartellicri, K. als Kurort
(ebd. 1888); ders., K., die Stadt und ihre Um-
gebung, der Kurort und seine Heilmittel (ebd. 1888);
Stephanides, K., seine Thermen und Heilfaktoren
(2. Aufl., ebd. 1889); Sipöcz, K., seine Quellen und
Quellenprodukte (ebd. 1891).
Karlsbader Beschlüsse, die im Sommer 1819
auf dem zu Karlsbad abgehaltenen deutschen Mi-
Artilcl, die man unter K vormißt, sind unter C anfznsnchen.