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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Kirchenbücher; Kirchenbuße

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Kirchenbücher - Kirchenbuße

Grundsätze der evang. Kirche entwickelten zuerst die erzgebirgischen Kirchen um 1500 (Annaberg, Schneeberg, Joachimsthal u. a.), später die Schloßkapellen der Renaissance, ferner im 18. Jahrh. der Theoretiker Leonhard Sturm (geb. um 1669 zu Altdorf, gest. 1729 zu Blankenburg) in seinen Werken: "Architektonische Bedenken von prot. kleiner Kirchen Figur und Einrichtung" (Hamb. 1712) und "Vollständige Anweisung alle Arten von K. wohl anzulegen" (Augsb. 1718), und die Praktiker George Bähr (Erbauer der Frauenkirche in Dresden) und Ernst Georg Sonnin (Erbauer der Michaeliskirche in Hamburg), endlich in neuerer Zeit L. Catel, Grundzüge einer Theorie der Bauart prot. Kirchen (Berl. 1815); Chr. K. J.^[Christian Karl Josias] Bunsen, Die Basiliken des christl. Rom (Münch. 1842); G. Semper, Über den Bau evang. Kirchen (Lpz. 1845); Lechler, Das Gotteshaus im Lichte der deutschen Reformation (Heilbr. 1883); Der K. des Protestantismus, hg. von der Vereinigung Berliner Architekten (Berl. 1893); Archiv für kirchliche Baukunst und Kirchenschmuck (hg. von Prüfer, Berlin).

IV. Reformierte Kirchen sind den evangelischen ähnlich, doch einfacher und nüchterner, aber konsequenter durchgebildet. Die Stelle des Altars vertritt ein Tisch, die Kanzel steht hinter ihm; für die Kirchenvorstände ist ein Raum im Schiff abgegrenzt.

Über die Geschichte des K. vergleiche die Kunst der einzelnen Länder und die einzelnen Baustile.

Kirchenbücher, die Bücher, in welche die Geistlichen die von ihnen verrichteten Amtshandlungen eintragen. Der Ursprung der Tauf- und Sterberegister geht in das 1. Jahrh. zurück. Doch ward bei den erstern kein gleichmäßiges Verfahren beobachtet, auch wurden in den letztern (Diptychen) nur die Kleriker der Kirche und hervorragende Gläubige aufgenommen, deren Namen an bestimmten Tagen zum Gedächtnis öffentlich in den Kirchen verlesen wurden. Der Anfang der heutigen K. führt auf das Laterankonzil von 1139 zurück; dann hat das Konzil von Trient die regelmäßige Führung von K. den Pfarrern zur Pflicht gemacht. Auch die evang. Pfarrer hatten K. zu führen, jedoch nur für Taufen, Trauungen und Sterbefälle. Diese K. waren bis zum Erlaß des Reichsgesetzes vom 6. Febr. 1875 für den weitaus größten Teil von Deutschland die öffentlichen Urkunden der Bewegung der Bevölkerung und mit öffentlichem Glauben von Staats wegen ausgestattet. Seit der gesetzlichen Einführung der staatlichen Civilstandsregister (s. d.) im Deutschen Reiche haben die kirchlichen Eintragungen keine rechtliche Bedeutung mehr für das bürgerliche Leben; doch werden sie gemäß kirchenregimentlicher Anordnung soweit als möglich in der frühern Weise weiter geführt und sind die amtlichen Urkunden für den kirchlichen Status der betreffenden Personen.

Kirchenbuße, Bezeichnung der Genugthuungen und Strafen, welchen Christen, die wegen grober Vergehungen aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen waren, sich unterwerfen mußten, um wieder absolviert und in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen zu werden (s. Absolution). Im 3. Jahrh. hatten die Gefallenen, bevor sie die Wiederaufnahme erhalten konnten, vier Bußgrade (Bußstationen) zu bestehen: 1) Das Weinen und Flehen (proclausis), wobei die Gefallenen in Trauerkleidern an den Eingängen der Kirche stehen und die Ein- und Ausgehenden um Verzeihung und um Wiederaufnahme anflehen mußten. 2) Das Zuhören in der Kirche (acroasis), wobei die Gefallenen zwar in der innern Vorhalle der Kirche stehen und das Vorlesen biblischer Abschnitte und die Predigt mit anhören konnten, beim Gebete aber die Kirche verlassen mußten, eine Buße, die gewöhnlich drei Jahre dauerte. 3) Das Knien beim Gebet (hypotosis). Diese Buße dauerte oft noch länger; das Nicänische Konzil bestimmte sie sogar auf sieben Jahre. Die Gefallenen durften hier zwar dem Gottesdienste mit Ausschluß des Abendmahls beiwohnen, mußten aber beim Gebet und bei der Austeilung des Segens niederknien. Durften sie endlich wieder bei der Feier der Sakramente gegenwärtig sein (systasis), so erfolgte 4) mit dem öffentlichen Ablegen des Sündenbekenntnisses die Absolution durch den Bischof, gewöhnlich in der Karwoche.

Außer den sittlichen Vergehungen wurde seit der Ausbildung des kirchlichen Dogmas auch die Abweichung von der "rechten Lehre" als Todsünde betrachtet und mit strenger K. geahndet. Auch im Abendlande, besonders in der angelsächsisch-irischen und dann durch Columban in der fränk. Kirche, gewann diese Bußdisciplin Verbreitung und wirkte anfangs sehr segensreich gegen die sittliche Verwilderung und den heidn. Aberglauben. Bald aber entartete die ganze Einrichtung in bedenklichster Weise und geriet dann gänzlich in Verfall. An ihrer Stelle bildete sich im Abendlande allmählich die Praxis, daß alle Sünden ohne Unterschied dem Priester insgeheim gebeichtet und als Zeichen der Reue gewisse Leistungen übernommen werden mußten, wie Gebet, Fasten, Almosen u. s. w. (S. Buße.) Als sich das Klosterwesen entwickelte, gehörte auch der Eintritt in ein Kloster und die Übernahme klösterlicher Übungen zur K. Bald genug wurden diese Kirchenstrafen als förmliche Genugthuung für die begangene Schuld und als Bedingung der göttlichen Sündenvergebung betrachtet. (S. Ablaß und Absolution.) Seit dem 11. Jahrh. wurden zu den härtern K. besonders Wallfahrten nach Rom oder Palästina gerechnet. In der Lehre der kath. Kirche vom Bußsakrament bildet die Übernahme der K. das dritte Stück, die sog. satisfactio operis, welche von dem Priester auferlegt wird und in den schon erwähnten äußern Leistungen besteht, zu denen noch allerlei andere Pflichten, wie die Verehrung der geweihten Hostie zu gewissen Tagen, Geschenke an Kirchen und Klöster u. s. w. treten. Für Geistliche besteht die K. meist in Klosterhaft, verbunden mit strengen Fasten, eine Strafe, die dort, wo der Katholicismus durch die Staatsgewalt unterstützt wird, namentlich den der Hinneigung zu ketzerischen Meinungen verdächtigen Priestern auferlegt wird.

Die protestantische Kirche verwarf zwar die Buße im Sinne der kath. Kirche, behielt aber die K. mit Ausschließung vom Abendmahl oder aus der kirchlichen Gemeinschaft (s. Kirchenbann) bei; die reform. Kirche handhabte sie unter dem Einflusse Calvins viel strenger als die lutherische. Namentlich unterlagen ihr fleischliche Vergehen. Während der, welcher K. thun mußte, am Altar kniete, wurde sein Vergehen der versammelten Gemeinde bekannt gemacht. Dann mußte er sich öffentlich als einen Sünder bekennen, und nun erst empfing er die Absolution, worauf er das Abendmahl meist allein feierte. Diese Art der K. besteht noch in Schweden,

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