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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kirchenstrafen - Kirchenverfassung
Umgestaltung erfahren. Die kath. Kirche hat das Recht, K. von ihren Angehörigen zu erheben, stets als ein ihr unbedingt zustehendes behauptet und dasselbe nach Bedürfnis zur Anwendung gebracht, ohne jedoch dafür allgemeine Rechtsgrundsätze auszubilden. Das Preuß. Landrecht hat diesen Standpunkt anerkannt und die neueste Gesetzgebung (preuß. Gesetz vom 20. Juni 1875, §. 21, Z. 8) dies festgehalten, doch bestimmt, daß hierfür ein Beschluß der vereinigten Gemeindeorgane (Kirchenvorstand und Gemeindevertretung) erforderlich sei, sowie Vollstreckbarkeitserklärung des Regierungspräsidenten, welche bei Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit der Auferlegung, die Angemessenheit des Beitragsfußes, die Leistungsfähigkeit der Pflichtigen versagt werden kann. Ein erheblicher Gebrauch scheint in der kath. Kirche von diesen Vorschriften nicht gemacht zu werden; außerhalb Preußens, z. B. in Sachsen, werden K. von der kath. Kirche in nicht unbeträchtlichem Umfang erhoben. - Für die evangelische Kirche hat die Frage der K. in neuester Zeit eine erhöhte Bedeutung gewonnen, speciell im Zusammenhang mit der auf Beseitigung der Stolgebühren (s. d.) gerichteten Bewegung. Für die evang. Kirche in Preußen gelten gleichfalls die obigen Vorschriften, dazu eine Reihe autonom-kirchlicher Vollzugsanordnungen. Die K. sind zu berechnen in Zuschlagsprozenten zur staatlichen Klassen- und Einkommensteuer, während Zuschläge zur Grund- und Gebäudesteuer ausgeschlossen sind. Die Heberolle ist zu publizieren; Reklamationen entscheidet in erster Instanz der Gemeindekirchenrat, in höherer Instanz der Regierungspräsident; der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Provinzialkirchensteuern bedürfen in gleicher Weise der Genehmigung durch den Oberpräsidenten. Steuern für die gesamte Landeskirche bedürfen der Form des Kirchengesetzes (s. Kirchengesetzgebung) und müssen zweimal beraten werden; als Maximum des Gesamtbetrages der provinziellen und landeskirchlichen K. sind 4 Proz. der von der evang. Bevölkerung des betreffenden Bezirks aufzubringenden Klassen- und Einkommensteuer festgesetzt; ein höherer Betrag könnte nur auf Grund einer durch Staatsgesetz erteilten Genehmigung erhoben werden. Durch Kirchengesetz vom 2. Sept. 1880 ist von diesen 4 Proz. der Betrag bis zu 3 Proz. der Landeskirche, der Betrag bis zu 1 Proz. den Provinzialsynoden Zugewiesen worden. Die Verteilung auf die Provinzen ist gemeinsam durch Generalsynode und Oberkirchenrat zu bewilligen und bedarf der Placetierung durch das Staatsministerium.
Kirchenstrafen, Strafen, welche die Kirche ausgebildet hat und welche von den kirchlichen Organen wegen Übertretung kirchlicher Rechtsvorschriften verhängt werden. Das kanonische Recht teilte sie in medizinales (s. Censurae ecclesiasticae) und vindikative, d. h. solche, die eine objektive Genugthuung für das verletzte Gebot enthalten (Suspension der Kleriker auf bestimmte Zeit, Amtsentsetzung, Versagung des kirchlichen Begräbnisses). Auch in der evang. Kirche waren Nachbildungen der kath. Strafarten gebräuchlich geworden. Heute kann man sowohl in der kath. wie in der evang. Kirche nur von einer Disciplinargewalt über die Geistlichen und von Kirchenzucht über sämtliche Glieder sprechen. (S. Kirchenzucht und Gerichtsbarkeit, geistliche.)
Kirchentag, Evangelischer, eine 1848 begründete, jährlich an wechselnden Orten zusammentretende freie Versammlung evang. Laien und Geistlichen aus verschiedenen deutschen Landeskirchen zu gemeinsamer Beratung kirchlicher Angelegenheiten. Die erste Versammlung zu Wittenberg unter Leitung von Bethmann-Zollweg und Stahl wollte einen Kirchenbund aufrichten, der die auf dem Grund der reformatorischen Bekenntnisse stehenden Kirchen, die lutherische, reformierte, unierte und die Brüdergemeine, unbeschadet ihrer innern und äußern Eigenart zu einer Konföderation, nicht aber zu einer die Sonderbekenntnisse aufhebenden Union zusammenführen sollte. Strenge Lutheraner und entschieden Freisinnige hielten sich fern. Seit 1857 zogen sich die preuß. Lutheraner Zurück. Seit 1872 hat keine Versammlung mehr stattgefunden.
Kirchentöne, in der Musik diejenigen Tonarten, welche vor der Ausbildung der modernen Dur- und Moll-Tonleiter im Gebrauch waren. Sie heißen K., weil sie in der kunstvollen Kirchenmusik des 15. bis 17. Jahrh. besonders zur Geltung gekommen und in dauernden Kunstwerken erhalten sind; im übrigen hatten sie für die weltliche Musik der damaligen Zeit dieselbe Geltung. Bei den Tonarten der K. hielt man sich nur an diejenigen Töne, welche durch die untern (weihen) Tasten des Klaviers dargestellt werden und begann die Reihe mit v, welche deshalb auch der erste Kirchenton oder die Dorische Tonart genannt wurde; die Töne hießen also aufsteigend: D e f g a h c. Der zweite Kirchenton (E f g a h c d) wurde Phrygische Tonart genannt; der dritte (F g a h c d e) Lydische Tonart; der vierte (G a h c d e f) Mixolydische Tonart; der fünfte s. A h c d e f g) Äolische Tonart; der sechste (C d e f g a h) Ionische Tonart. Diese Oktavenreihen nannte man auch die authentischen Töne (s. Authentisch) und stellte ihnen sechs andere als plagale oder von den erstern abhängige gegenüber, die mit jenen zwar dieselben Töne besitzen, aber die Melodien mehr in den untern Lagen halten; deshalb erhielten sie die Namen Hypodorisch (d. i. Unterdorisch), Hypophrygisch, Hypolydisch u. s. w.
Kirchentrennung, s. Schisma.
Kirchenväter (lat. patres ecclesiae), nach prot. Sprachgebrauch die Träger der Rechtgläubigkeit der alten Kirche, vom 2. bis ins 6. Jahrh. Die griech.-kath. Kirche erstreckt ihre Reihe bis zu Johannes Chrysorrhoas (gest. um 754); die röm.-kath. bis zu Gregor d. Gr. (gest. 604). Von den griech. K. sind die wichtigsten: Athanasius, Basilius, Gregor von Nazianz, Chrysostomus; von den lateinischen: Ambrosius, Hieronymus, Augustinus, Gregor d. Gr. Von den K. unterscheidet der kath. Sprachgebrauch die Kirchenschriftsteller (s. d.) und Kirchenlehrer (s. d.) im engern Sinn. (S. auch Patrologie und Patristik.) Die reichhaltigsten Sammlungen von Schriften der K. sind: Maxima bibliotheca patrum et antiquorum scriptorum ecclesiasticorum (27 Bde., Leid. 1677); Gallandius, Bibliotheca graeco-latina veterum patrum (14 Bde., Vened. 1765-81); Migne, Cursus completus patrologiae (383 Bde., Par. 1844-66). Auszüge und Übersetzungen enthält Röslers Bibliothek der K. (10 Bde., Lpz. 1776-86), neuere Übersetzungen Thalhofers Bibliothek der K. (Bd. 1-419, Kempten 1869-86).
Kirchenvereinigung, s. Union.
Kirchenverfassung, die rechtliche Organisation der Kirche als Anstalt. In der katholischen Kirche haben die röm. Bischöfe seit dem 5. Jahrh. das Bestreben gehabt, dieser Verfassung den Cha-^[folgende Seite]
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