Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Konstantinopel'
der Rumelischen Eisenbahn, angesessen waren, Galata zur Niederlassung angewiesen, die es zu einer stark befestigten Handelsfaktorei machten. Der
Palast ihres Oberhauptes, des Podestà, ist noch zum Teil erhalten. Von den alten genuesischen Kirchen und Klöstern bestehen noch zwei. San Francisco
hat der Moschee Jeni-Dschami den Platz räumen müssen; die Arab-Dschami war früher eine Kirche des Goten Areobindos, St. Benoit ist jetzt eine franz.
Klosterschule mit Pensionat. Lange Zeit blieb Galata auf das noch jetzt durch Fundament kenntliche Dreieck beschränkt, dessen bis zum Rande des
Plateaus von Pera sich bergaufwärts erstreckende Spitze vom Galataturm (50 m) überragt wird, von dem aus man ganz K. überblickt. Im 16. und 17. Jahrh.
vergrößerte es sich um das Dreifache.
Zwischen Top-Hane, Galata und Kassim-Pascha, über diesen Vorstädten auf der Höhe des Hügels liegt Pera, das
eigentliche Franken- und Fremdenquartier. Hier hat die Modernisierung die größten Fortschritte aufzuweisen. Seit dem großen Brande vom 5. Juni 1870 ist
Pera eine wesentlich europ. Stadt mit zum Teil gut gepflasterten Straßen, darunter die große Perastraße. An ihr liegen die meisten Botschaftshotels, von
denen das englische, russische und französische am ansehnlichsten sind. Unter den neuern Bauwerken (zum Teil aus Marmor) zeichnen sich die
ursprünglich zur Kaserne bestimmte Schule, Lycée Imperial de Galata-Serail, die Cité de Pera und das deutsche Botschaftspalais (oberhalb Fündüklü)
hinter der großen Artilleriekaserne aus. Prachtbauten sind auch namentlich die großen Hotels am «Piccolo Campo» und in der Rue Cabristan; von den
Gärten sind der Taximgarten und der Municipalgarten zu nennen.
Verwaltung. K. bildet unter dem Titel Schehir-Emaneti unter einem
Stadtpräfekten (Schehir Emini) einen eigenen Verwaltungsbezirk; dieser wird in 10 Bezirke
(Daïre) geteilt, an deren Spitze ein Unterpräfekt (Müdir) steht (1.–3. Stambul,
6. Pera und Galata, 4., 5. und 7. europ. Seite des Bosporus, 8. anatolische Seite, 9. Skutari, 10. Kadiköi). Zu polit. Zwecken giebt es eine Einteilung in 3
Mutessariflikts. Stambul steht unter dem Polizeiminister.
Infolge der vielfachen Umgestaltung auch der innern Stadtteile seit den großen Feuersbrünsten von 1865 und 1866 ist K. auch gesünder geworden. Auch
trotz der finanziellen Bedrängnisse seit 1875 ist die Regierung um Verbesserungen bemüht. Eine der wohlthätigsten Einrichtungen der neuesten Zeit ist
die Versorgung durch laufendes Wasser aus dem See von Derkos (in der Nähe des Schwarzen Meers), obwohl das Wasser demjenigen der durch die
alten Leitungen von Belgrad (am Bosporus) her und dem neuerdings von Gök-su aus dem Thale der «Süßen Wasser Asiens» zur Versorgung der am
asiat. Bosporusufer gelegenen Ortschaften (einschließlich Kadiköi) hergeleiteten Quellwasser an Güte nachsteht. (Vgl. Karte:
Bosporus beim Artikel Bosporus.)
Jene Wasserleitungen, wie die meisten derartigen Anlagen, liegen in den Händen fremder Unternehmer. Seit 1870 ist die Feuerwehr gänzlich reorganisiert
(s. Feuerlöschwesen, Bd. 6, S. 737a). Die Beleuchtung geschieht durch Gas (die
Gasometer bei Dolma-Bagdsche versorgen Pera, Galata u.s.w., die zu Jedikule Stambul), läßt aber, besonders in Stambul, noch viel zu wünschen übrig.
Um die Sicherheit ist es im allgemeinen nicht minder gut bestellt als in andern Großstädten. Die ↔ Polizei
(Sabtïe) besteht fast nur aus Türken, sehr zahlreich sind die Wachen. Der Fremde genießt ziemlich weitgehende
Rechte und untersteht beinahe ausschließlich der Gerichtsbarkeit seiner eigenen Konsularbehörde.
Bildungs- und Vereinswesen. Für das Schulwesen ist unter der Regierung Abd ul-Hamids II. viel geschehen, doch
liegt der Elementarunterricht noch sehr im argen. Es giebt Kinderschulen (Subjân Mektebleri) für Knaben 162, für
Mädchen 169; Elementarschulen (Mekiâtib-i-Ibtidâije) für Knaben 18, für Mädchen 3; Privatschulen für Knaben 10, für
Mädchen 5; höhere Bürgerschulen für Knaben 19, für Mädchen 8; je eine Gewerbeschule, ein türk. Waisenhaus
(Dâr-ul-Schafakat), und von höhern Schulen: das Lycée Imperial de Galata-Serail
(Mekteb-i-Sultani), je eine Civil-Medizinschule, höhere Schule für Civilbeamte
(Mekteb-i-milkijê), Lehrerseminar (Dar-ul-Muallimin), Lehrerinnenseminar,
Schule für Rechtswissenschaften, kaiserl. Kriegsschule (Mekteb-i-harbijê), Medizinschule, 10 militär.
Vorbereitungsschulen, Marineschule auf der Insel Chalki (Mekteb-i-bahrijê). – Unter den fremden Nationen haben die
Griechen in K. und den Vorstädten 56 Schulen (eine Handelsschule auf der Prinzeninsel Chalki), die von etwa 12000 Schülern und Schülerinnen besucht
werden; darunter eine große Kommunalschule im Quartier Fener; die Mädchenschule Zappion und die Knabenschule Zographion in Pera sind wohlthätige
Stiftungen; die Erhaltung der Schulen kostet über 5 Mill. Piaster jährlich. Die Armenier haben 40 mit den Kirchen zusammenhängende Schulen, die kath.
Armenier sechs. Außerdem sind in erster Linie die Österreicher, dann die Franzosen, Engländer, Italiener, Bulgaren, Amerikaner
(Robert-College am Bosporus), Israeliten u.a. durch eigene Schulen vertreten. Die Deutsche und Schweizer-Schule,
eine höhere Bürgerschule für Knaben und Mädchen in Pera, wird auch von Nichtdeutschen besucht. Einige franz. Theater sind untergeordneten Ranges.
Sehr beliebt bei den Türken sind die Schattenspiele (s. Karagöz). Das Vereinsleben ist bei der einheimischen Bevölkerung
einschließlich Griechen und Armenier nicht entwickelt; doch besitzen letztere einen wissenschaftlichen Verein «Syllogos». Den Mittelpunkt des geselligen
Lebens der Deutschen und Schweizer bilden die «Teutonia» und der Handwerkerverein. Von Bedeutung ist auch der Deutsche Exkursionsklub.
Zahlreich sind wohlthätige Anstalten; die türk. Armenküchen (Imarets), meist Dependenzen von Moscheen, speisen
täglich etwa 30000 Arme; außerdem haben alle fremden Nationen besondere Wohlthätigkeitsvereine und Krankenhäuser; unter den letztern ist das
deutsche Krankenhaus in Fündüklü das angesehenste.
Zeitungen erscheinen in zehn Sprachen, die bedeutendsten sind: «Tarik» und
«Saedet» (türkisch), «Levant Herald» (französisch und englisch),
«La Turquie»«Journal de la Chambre de Commerce» und «Konstantinupolis»
(griechisch); doch herrschen strenge Censurverhältnisse.
Industrie und Handel. Großindustrie fehlt fast völlig; wichtig sind Dampfmühlenbetriebe, Fesfabrikation,
Tabakindustrie, Gießerei, Druckerei und die kaiserl. Werkstätten und Werfte für Heer und Flotte. Dagegen ist das Kleingewerbe hoch entwickelt. Den
einzelnen Handwerken sind meist
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 588.
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