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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Konstitutionen von Clarendon – Konsul (im alten Rom)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Konstitionelles System'

England seit dem frühen Mittelalter bestehend, in Frankreich nach der großen Revolution eingeführt und von dort nach Deutschland und in die meisten andern civilisierten Staaten verpflanzt worden ist. Als das eigentliche Wesen derselben sah man, veranlaßt durch die von Montesquieu aufgestellte Theorie der engl. Verfassung, die Teilung der Staatsgewalt in die gesetzgebende, vollziehende und richterliche an, und man glaubte in der engl. Staatsverfassung diese Teilung verwirklicht. Der Grundgedanke des K. S. ist aber vielmehr darin zu suchen, daß das Volk durch seine Vertreter an dem ganzen Wirkungskreise des Staates lebendigen und thätigen Anteil nimmt, sodaß ein geistiger Kontakt zwischen Regierung und Volk erhalten wird. Die Staatsgewalt steht ganz und vollkommen dem Monarchen zu, aber er kann kein Gesetz erlassen, zu dessen Inhalt nicht die Volksvertretung zugestimmt hat, und er kann keine Verwaltungsmaßregel durchführen, zu welcher nicht die Volksvertretung die erforderlichen Geldmittel bewilligt hat. (S. Gesetz, Budget.) Die Grundpfeiler, auf denen der Ausbau des K. S. beruht, sind einerseits das Wahlrecht, durch welches der einzelne Staatsbürger zur Beteiligung am staatlichen Leben gelangt, und andererseits die Ministerverantwortlichkeit, durch welche gegen die Regierung ein rechtlicher Zwang zur Befolgung der Staatsgesetze ausgeübt werden kann. (S. Gegenzeichnung.) über das K. S. hinaus geht der sog. Parlamentarismus, d.h. das Princip, daß die jedesmalige Majorität des Parlaments für die Ernennung der Minister und der andern politisch bedeutsamen Staatsbeamten maßgebend ist, wie dies in England, Italien, Belgien und einigen andern kleinern Staaten der Fall ist.

Konstitutionen von Clarendon, s. Clarendon Castle und Heinrich II. von England.

Konstitutionisten, kirchliche Partei, s. Jansenisten.

Konstitutionsanomalie, s. Disposition.

Konstitutionsbuch, Verfassungsurkunde, Grundverfassung, das die Verfassung einer Korporation enthaltende Buch, besonders das einer Freimaurerloge.

Konstitutionsformeln, s. Chemische Formeln.

Konstitutionskrankheiten,s. Konstitution und Krankheit.

Konstitutīv (vom lat. constituere, ausmachen) heißt das, was zu einer Sache unerläßlich gehört (sie ausmachen hilft); so heißen in der Logik konstitutive Merkmale diejenigen, welche zusammen das Wesen (s. d.) eines Dinges ausmachen; eine konstitutive (konstituierende) Bedingung eine solche, welche zu dem bestimmten Ergebnis unerläßlich ist.

Konstrikteur (frz., spr.-töhr), s. Konstriktion.

Konstriktion (lat.), Zusammenschnürung, in der Chirurgie ein operatives Verfahren, das hauptsächlich zur Abtragung gestielter Geschwülste benutzt wird. Man umzieht bei der K. den Stiel der Geschwulst mit einem Draht und schnürt diesen mit Hilfe eines eigenen Apparats (Konstrikteur) so stark zusammen, daß er langsam den Stiel durchschneidet. Die auf diese Weise vollführte Abtrennung ist eine unblutige, weil durchquetschte Blutgefäße nicht bluten. (S. Ecraseur.)

Konstringieren (lat.), zusammenziehen, binden.

Konstruieren (lat.), zusammensetzen, errichten; das Abhängigkeitsverhältnis der Wörter eines Satzes angeben; davon das Substantivum Konstruktion. ↔

Konstruktion (lat.), im Maschinenwesen die zweckentsprechende, nach bestimmten Regeln erfolgende Formengebung und Größenbestimmung von Maschinenteilen und ganzen Maschinen. Konstrukteur (frz., spr.-töhr), ein technischer Beamter, der die K. berechnet und aufzeichnet.

Konstruktīver Totalverlust wird im Seeversicherungsrecht im Gegensatz zu dem absoluten (wirklichen) Totalverlust der Fall genannt, wo ein Totalverlust nicht nachweislich stattgefunden hat, sondern durch Fiktion geschaffen wird. Das geschieht im allgemeinen dann, wenn der Verlust der versicherten Sache zwar nicht gewiß, aber im höchsten Grade wahrscheinlich ist. Das deutsche Recht kennt als Fälle des K. T. nur diejenigen des Art. 865 des Handelsgesetzbuches, in denen es den Abandon zuläßt. Die meisten fremden Rechte nehmen K. T. auch dann an, wenn ein so erheblicher Schaden eingetreten ist, daß derselbe dem gänzlichen Verlust sich nähert. Insbesondere liegt nach engl. Recht K. T. auch dann vor, wenn der in dem betreffenden Gegenstand befindlich gewesene Wert unmittelbar oder mittelbar durch die Wirkung des Unfalls vertilgt worden ist. Dabei wird zu den mittelbaren Ursachen der Entwertung ein hoher Belauf der für die Rettung, Wiederherstellung oder Fortschaffung des Gegenstandes erforderlichen Aufwendungen gerechnet. (S. Abandon.)

Konsubstantiation (mittellat.), eine von den luth. Theologen abgelehnte Bezeichnung der luth. Lehre, wonach im Gegensatz zur Traussubstantiationslehre das Brot im Abendmahl Brot bleibt, aber so, daß «in, mit und unter» demselben der Leib Christi dargereicht und genossen wird.

Konsul (lat. consul), in der Römischen Republik der Titel des obersten ordentlichen Magistrats, welcher nach dem Sturze der Monarchie die alten Könige mit der Beschränkung ersetzte, daß diese Würde (das Konsulat) nur von zweien zugleich und bloß ein Jahr lang bekleidet werden und daß die Träger des Amtes nach Ablauf ihrer Amtszeit zur Rechenschaft gezogen werden konnten. In der ältern Zeit war der offizielle Name des K. Prätor (s. d.), und nur Mitglieder der patricischen Familien hatten Zutritt zu dem Amte. Jahrhundertelang bemühten sich die Plebejer vergebens, gleiche Berechtigung mit den Patriciern zu erlangen, erst 366 v.Chr. durch die Annahme der Licinisch-Sextischen Gesetze erreichten sie ihr Ziel. Dafür ward auf Betreiben der Patricier ein neues rein patricisches Amt geschaffen durch Wahl eines dritten Prätors allein für die Rechtspflege. An ihm blieb der Name haften, während für die zwei leitenden Prätoren der vielleicht von vornherein als Beiwort vorhandene Name K. allein gebräuchlich wurde. Die Bewerber zum Konsulat mußten im Besitz der vollen Bürgerrechte, nach spätern Gesetzen wenigstens 43 J. alt und insbesondere auch schon Prätoren gewesen sein. Die Wahl erfolgte zu den Zeiten des Freistaates durch die Volksversammlung (s. Komitien), in der letzten Zeit der Republik gewöhnlich im Juli. Sie gewährte den Consules designati zunächst nur Ehrenrechte, denn die Führung der Geschäfte kam ihnen erst nach dem feierlichen Amtsantritt zu, der, nachdem der Termin anfangs wiederholt gewechselt hatte, seit den Zeiten des zweiten Punischen Krieges regelmäßig am 15. März vor sich ging, seit 153 v.Chr. auf den 1. Jan. des nächsten Jahres festgestellt wurde. Die K. zogen hierbei in Begleitung

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 593.

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