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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Konsul (in der Neuzeit)
barkeit, sind übrigens auch in den andern Staaten
den K. zugestanden (s. unten).
Die völkerrechtlichen Befugnisse der K.
überhaupt und die ihnen zustehenden persönlichen
Vorrechte sind neuerdings unter den meisten Staa-
ten durch besondere Konsularv er träge sorg-
fältig bestimmt. Gleichzeitig ist auch die staats-
rechtliche Stellung der K. und der Umfang
der ihnen allgemein zustehenden oder besonders zu
übertragenden Befugnisse durch die Staatsgesetz-
gebung und Vcrwaltungsvorschriften sorgfältig ge-
ordnet. Für das Deutsche Reich erging 8. Nov.
1867 ein Gesetz über die Organisation der Bundes-
konsulate, 4. Mai 1870 ein Gesetz, betreffend die
Eheschließung und Beurkundung des Personen-
standes durch die K.; 6. Juni 1871 eine allgemeine
Dienstinstruktion für die K. und dazu 22. Febr. 1873
einen Nachtrag, 10. Juli 1879 ein Gesetz über die
Konsulargerichtsbarkeit; ergänzende Bestimmungen
enthalten besonders das Deutsche Handelsgesetzbuch
und die Scemannsordnung von 1872.
Nach der Entstehung des heutigen Amtes der
K. wurde dasselbe einem im Konsularbezirk an-
sässigen Angehörigen des Heimatstaates, aushilfs-
weise einem Angehörigen des Tcrritorialstaates,
regelmäßig Kaufleuten, übertragen (sog. Wahl-
konsuln, Oon8ui63 6lscti). Die stetige Steigerung
der Konsulargeschäfte und das immer sichtbarer
hervorgetretene Erfordernis jurist. und verwal-
tungstechnischer Kenntnisse hat jedoch neuerdings
dahin geführt, an die wichtigern Stellen Berufs-
konsuln aus dem Heimatstaate zu entsenden (da-
her t^0ll3ul68 Nii88i), welche die richterliche oder eine
besonders für den Beruf vorgeschriebene Vorbildung
haben. Der Amtsstufe nach werden Generalkon-
suln, K. und Vicekonsuln unterschieden. Die
letzten sind teils den K. als Hilfsarbeiter beigegeben,
teils für besondere Bezirke von geringerer Bedeu-
tung bestellt. Generalkonsuln werden für ein ganzes
Staatsgebiet oder Teile desselben ernannt, beson-
ders wenn diese eine gewisse völkerrechtliche (wie
Ägypten, früher auch Serbien und Rumänien) oder
staatsrechtliche (wie Ungarn) Selbständigkeit haben,
und führen die Dienstaufsicht über die in ihrem
Amtsbezirke bestehenden Konsulate und Vicekonsu-
late. Alle K. bedürfen zur Führung ihres Amtes
außer der Bestallung des Staates, für welchen sie
es führen, der Zulassung (des Exequatur, Placet)
des Territorialstaates. Die Zulassung hängt, wo
sie nicht durch Handels- oder Konsularvertrag im
voraus zugesagt und geordnet ist, von der Bewilli-
gung des Territorialstaates ab, deren Versagung
ohne besondern Grund jedoch eine Verletzung der all-
gemeinen völkerrechtlichen Beziehungen sein würde.
K., welchen zugleich eine diplomat. Vertretung über-
tragen ist, haben die sog. Exterritorialität (s. d.)
der Gesandten: den übrigen sind nur bestimmte
Exemtionen von der Gerichts- und Polizeigewalt,
seltener von öffentlichen Abgaben und Leistungen
in den Handels- und Konsularverträgen zugestan-
den, welche in dieser Beziehung auch häufig die
Klausel der Meistbegünstigung enthalten. Selbst die
Unverletzlichkeit der Konsulararchive ist nicht all-
gemein, wenn auch überwiegend anerkannt.
Der Beruf des K. ist nach der Deutschen Reichs-
gesetzgebung, das Interesse des Reichs, namentlich
in Bezug auf Handel, Verkehr und Schiffahrt, zu
schützen und zu fördern, die Beobachtung der
Staatsverträge zu überwachen und den Angehöri-
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
gen des Reicks sowie anderer befreundeter Staa-
ten in ihren Angelegenheiten Rat und Beistand zu
gewähren. Berufs konsuln können nur solche
Personen werden, welche das Neichsindigenat be-
sitzen und entweder die besondere, für die Bekleidung
des Amtes vorgeschriebene oder die zum übertritt
in die jurist. Praxis der einzelnen Bundesstaaten
erforderliche Prüfung bestanden haben, darauf min-
destens drei Jahre im innern Dienste oder in der
Advokatur und wenigstens zwei Jahre im deutschen
Civildienst beschäftigt gewesen sind. Sie dürfen
keine kaufmännischen Geschäfte betreiben, erheben
die Konsulatsgebühren für Rechnung der Reichs-
kasse und sind besoldet. Zu Wahlkonsuln sollen
vorzugsweise Kaufleute ernannt werden, welche
das Neichsindigenat besitzen. Sie beziehen statt der
Besoldung die Konsulatsgebühren für sich: neben
ihnen kann ein besoldeter Kanzler angestellt werden.
Alle K. können aber nur zu Geschäften, welche keine
obrigkeitliche Autorität verlangen, in ihrem Amts-
bezirke konsularische Privatbevollmächtigte (Kon-
sularagcnten) bestellen. Die Städte der Erde,
in denen Deutschland durch K. vertreten ist, sind
im Artikel Deutsche Konsulate zusammengestellt.
Die durch internationale Verträge gesicherten
Amtsrechte und Pflichten der Reichskonsuln
sind: 1) Führung einer Matrikel über die im Be-
zirke wohnenden Reichsangehörigen; 2) Eheschlie-
ßungen, Beurkundung der Heiraten, Geburten und
Sterbefälle der Reichsangehörigen nach dem Gesetze
über Eheschließung u.s.w. von Bundesangehörigen
im Auslande vom 4. Mai 1870 und, kraft beson-
derer Ermächtigung, auch der Schutzgenossen nach
dem Gesetze über Beurkundung des Personenstandes
vom 6. Febr. 1875; 3) Legalisation der in ihrem
Amtsbezirke ausgestellten oder beglaubigten Ur-
kunden; 4) Ausstellung mit ihrem Siegel und Unter-
schrift versehener Zeugnisse über ihre Amtshand-
lungen; 5) Notariatsrechte innerhalb ihres Amts-
bezirks für von Reichsangehörigen unter sich oder
mit Fremden eingegangene Rechtsgeschäfte; 6) die
nichtstreitige Justiz bei in ihren Amtsbezirken liegen-
den Verlassenschaften verstorbener Neichsangehö-
riger wegen Abwesenheit der nächsten Erben oder
aus ähnlichen Gründen; 7) Bewirkung von Zu-
stellungen jeder Art innerhalb des Amtsbezirks an
sich dort aufhaltende Personen; 8) Abhörung von
Zeugen und Eidesabnahme, jedoch nur kraft be-
sonderer Ermächtigung durch den Reichskanzler;
9) Vergleichsvermittelung und Schiedsrichteramt
in Rechtsstreitigkeiten von Reichsangebörigen; 10)
volle Civil- und Strafgerichtsbarkeit in Ländern,
wo es durch Herkommen oder Staatsverträge ge-
stattet ist, über die im Iurisdiktionsbezirk des K.
sich aufhaltenden Neichsangehörigen und Schutz-
genossen nach dem Reichsgesetz über die Konsular-
gerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879; 11) Ausstellung
und Visierung von Pässen für im Amtsbezirk sich
aufhaltende Reichsangehörige; 12) Gewährung von
Mitteln zur Milderung augenblicklicher Notstände
oder zur Rückkehr in die Heimat an Reichsangehö-
rige; 13) Unterstützung der Schisse der M^chslriegs-
marine und ihrer Besatzung, auch Einschreiten bei
den Orts- und Landesbehörden zur Wiederhabhaft-
werdung desertierter Mannschaften; 14) Inan-
spruchnahme des Beistandes der Kriegsschiffsbe-
fehlshaber zum Schutze der von ihnen dienstlich zu
vertretenden Interessen; 15) Überwachung der Be-
obachtung der wegen Führung der Neichsflagge