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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Krankenhaus

einheitliche Bauart dieses Systems für Verwaltung, zweckmäßige Einteilung der Krankenräume, der Wärterzimmer u. dgl. darbietet, so hat sie doch zahlreiche schwere Übelstände zur Folge, welche dem Hauptzweck eines jeden K., der Erzielung günstiger Heilerfolge, hinderlich entgegenstehen. Schon die Anhäufung so vieler Kranker unter einem Dache muß eine beträchtliche Luftverderbnis zur Folge haben; dazu kommt, daß der Dunst aus der Küche und den Waschräumen sich leicht den Korridoren und Krankenräumen mitteilt, sodaß eine zweckmäßige Lüftung nur schwierig zu bewerkstelligen ist, daß das Licht gewöhnlich nur beschränkten Zutritt zu den Krankensälen besitzt und daß es bei der übermäßigen Anhäufung von Kranken leicht zur Entwicklung und Weiterverbreitung von ansteckenden Krankheiten, z.B. von Hospitalfiebern, Hospitalbrand und Pyämie kommt. Aus diesem Grunde pflegt man jetzt beim Neubau von K. nach den Grundsätzen der örtlichen Decentralisation die Anstalt in mehrere Gebäude zu trennen. Das Decentralisationssystem findet seinen besten Ausdruck in dem System der isolierten Pavillons, das kurzweg auch Pavillonsystem genannt wird. Bei diesem System gruppieren sich mehrere kleinere Hospitäler (sog. Pavillons) um ein gemeinschaftliches, für die Verwaltung bestimmtes Hauptgebäude, wodurch eine Sonderung aller Wirtschaftsräume von den Krankenabteilungen und unter diesen eine Trennung der chirurg. Kranken von den innerlich Kranken, der Frauen von den Männern, der Wöchnerinnen, Irren und der an ansteckenden Krankheiten Leidenden ermöglicht wird. Ein solcher Pavillon besteht aus einem Stockwerk mit einem, höchstens zwei Sälen (10-30 Betten), den zugehörigen Bädern, Aborten, Wärterstuben und einigen Nebenräumen (eigentlicher Pavillon), oder aus einem Gebäude mit mehrern Stockwerken (sog. Block), in dem sich, durch einen Korridor verbunden, Kraukenzimmer mit 1-6 Betten und Räume für Bäder, Wärter u. dgl. befinden. (S. Tafel: Krankenhäuser II, Fig. 1 [Pavillon im Stadtkrankenhaus zu Dresden] und Fig. 2 [Zweistöckiger Pavillon des K. im Friedrichhain zu Berlin].) Dem Pavillonsystem nahe verwandt ist das in England hier und da für den Krankenhausbau angewendete Cottagesystem, bei dem man in einzeln stehende, kleinere, oft nur sechs Betten zählende Häuser wenige Kranke unterbringt. Für gewisse Zwecke gewährt dasselbe auch manche Vorteile, wiewohl es wegen der Zersplitterung ärztlicher und pflegender Kräfte kostspielig ist.

Neuerdings wird in vielen K. das Pavillonsystem durch das sog. Barackensystem (s. Baracke und Barackensystem) ersetzt.

Da sowohl das Korridor- wie das Pavillonsystem besondere Vorzüge besitzen, so finden sich bei vielen größern K. Kombinationen beider Bauarten vor, durch welche die Vorteile beider Systeme vereinigt werden. So sind z. B. bei dem städtischen K. zu St. Jakob in Leipzig beide Systeme in sehr zweckmäßiger Weise verbunden, indem das ältere massive Korridorgebäude durch verdeckte Gänge mit festen in Stein gebauten Baracken in Verbindung steht und außerdem eine Reihe ganz frei stehender Baracken und Pavillons für die Krankenpflege vorhanden sind. (S. Tafel: Krankenhäuser I.)

Die Krankensäle sollen die ganze Breite des Pavillons oder der Baracke einnehmen, womöglich von drei Seiten Licht und Luft erhalten und an der vierten Seite durch eine Treppe mit dem Freien oder durch einen verdeckten Gang mit den übrigen Pavillons in Verbindung stehen. Jeder Krankensaal enthält am zweckmäßigsten 20, höchstens 30 Betten und soll für den einzelnen Kranken durchschnittlich 80-100 cbm Luft pro Stunde oder 40-50 cbm Luftraum gewähren; kleinere Säle schaffen unnötig viel Winkel, wodurch Reinlichkeit, Lufterneuerung und Aufsicht erschwert wird. (S. auch Krankenzimmer.)

Über die Einrichtung des Krankenbettes s. d. Die Bettstellen werden am zweckmäßigsten mit dem Kopfende gegen die Wand gestellt, sodaß zwischen Bett und Wand ein Zwischenraum von 50 cm, zwischen je zwei Betten ein solcher von mindestens 80 cm verbleibt. Am Kopfende befindet sich eine Tafel, auf der Name und Alter des Kranken, der Tag seiner Aufnahme, seine Kostklasse und häufig auch lateinisch die Diagnose seiner Krankheit bemerkt ist; neben dem Bett steht ein Tischchen für das Nachtgeschirr, Spuckschale, Arzneien und die für den Handgebrauch bestimmten Gegenstände. Die Einrichtung der Fenster, der Anstrich der Wände und Fußböden in den Krankensälen erfordert besondere Aufmerksamkeit; die Dielen müssen geölt, Wände und Decken aus einem Material (am besten Gips mit Wasserglas oder Kalktünche) hergestellt sein, das für die Luft möglichst durchgängig ist und leicht mit desinfizierenden Mitteln gereinigt werden kann.

Sehr wichtig ist die ausgiebige Ventilation der Krankensäle. Dieselbe geschieht entweder nur durch die natürliche Lufterneuerung durch die Poren der Wände und durch Öffnen der Thüren und Fenster, bei den Baracken durch sog. Dachreiter, oder durch künstliche Vorrichtungen (s. Ventilation). Die einströmende Luft muß behufs Reinigung von organischen und unorganischen Staubteilchen erst durch eine zwischen Drahtgeflechten verpackte Wattelage oder durch Feuer geleitet werden, ehe sie in die Krankenzimmer gelangt. Freilich darf von der Ventilation allein nicht alles Heil erwartet werden; es ist vielmehr in jedem Krankenzimmer das Hauptaugenmerk darauf zu richten, daß Unreinigkeiten jedweder Art (unreine Bett- und Leibwäsche, gebrauchte Stechbecken, Spuckschalen, Uringläser und Verbandstücke) unverzüglich aus dem Krankenzimmer entfernt werden, daß das Reinigen der Zimmer und das Abwischen des Staubes nur mit feuchten Tüchern erfolge und daß allenthalben Sauberkeit und Reinlichkeit herrscht. Aus diesem Grunde erfordert die Anlage der Aborte (am besten mit Wasserspülung) und Senkgruben, die niemals in unmittelbarer Nähe der Krankensäle sich befinden dürfen, besondere Sorgfalt; die Exkremente müssen sofort desinfiziert und aus den Latrinen entfernt werden.

Die Heizung der K. geschieht entweder durch Öfen oder durch Zentralheizung (s. Heizung); immer soll die Beheizung derart eingerichtet und betrieben werden, daß die Temperatur in allen Krankensälen nebst den zugehörigen Badezimmern auch bei strengster Kälte bis auf 20° C., in den Vorräumen und Aborten auf 18° C. und in den Verbindungsgängen auf 15° C. gebracht und je nach Bedarf leicht reguliert werden kann. Für größere K. haben sich Dampfheizungsanlagen am besten bewährt. Zur Beleuchtung wird, wenn irgend möglich, seiner Billigkeit und Bequemlichkeit wegen das Leuchtgas verwendet, doch muß dafür Sorge getragen werden, daß die Verbrennungsprodukte direkt nach außen geleitet

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