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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Krankenhaus

werden; vorteilhafter ist das elektrische Glühlicht, welches bereits in mehrern neuern K. eingeführt ist.

Weiterhin ist für jedes K. eine ausreichende Wasserversorgung von sehr wesentlicher Bedeutung. Da der tägliche Wasserbedarf eines Hospitals zum Trinken, Kochen, Waschen, zu den Bädern, Klosettanlagen u. dgl. sehr beträchtlich ist (durchschnittlich pro Bett täglich 4-500 l), so muß schon bei der Errichtung eines K. hierauf Rücksicht genommen werden. Was die Badeeinrichtungen anlangt, so soll jeder Pavillon, jede Baracke seinen eigenen Baderaum für Wannen- und Douchebäder besitzen: daneben ist für größere K. noch ein möglichst in der Mitte gelegenes Badehaus für Reinigungsbäder, Dampf- und irisch-röm. Bäder unerläßlich; für die chirurg. Abteilungen sind auch Vorrichtungen zu permanenten Wannenbädern erforderlich, in denen der Kranke wochen-, selbst monatelang ununterbrochen zubringt und ein fortwährender Wechsel des gleichmäßig erwärmten Wassers ermöglicht ist. Derartige permanente Wannenbäder kommen bei schweren Verletzungen und Verbrennungen, bei gewissen chronischen Hautkrankheiten, bei Knochenvereiterungen und Pyämie mit Erfolg zur Anwendung.

Weiterhin gehören zu den Erfordernissen eines K. eine genügend geräumige, gut ausgestattete Kochküche, die in größern Hospitälern meist für Dampfbetrieb eingerichtet ist, eine Waschanstalt mit Waschküche, Centrifugaltrockenmaschine, Roll- und Plättstube und Wäschemagazin, ein Desinfektionsraum, wo Kleider, Wäsche, Matratzen u. dgl. desinfiziert und entseucht werden (s. Krankenwäsche und Desinfektion), ferner ein Eiskeller, eine vollständige Apotheke mit Laboratorium oder, für kleine K., wenigstens eine Dispensieranstalt (s. d.) sowie ein Leichenhaus (s. d.). Für größere K. ist auch die Beschaffung eines besondern Operationssaales (s. d.) notwendig, wo alle größern Operationen ausgeführt und die chirurg. Instrumente aufbewahrt werden. Er muß so liegen, daß die Überführung der Kranken in denselben und zurück bequem und geschützt geschehen kann. Schließlich muß jedes K. eine genügende Anzahl abgesonderter Räume für unruhige, tobende, übelriechende, syphilitische und ansteckende Kranke besitzen; die letztern werden am besten in abgesonderten Baracken, sog. Isolierbaracken, untergebracht.

Das erforderliche ärztliche Heilpersonal besteht aus einem, an größern K. auch aus zwei Chefärzten, deren einer sodann der mediz., der andere der chirurg. Abteilung vorsteht, und einer entsprechenden Anzahl ordinierender Arzte und Hilfsärzte (Assistenzärzte). Man rechnet auf je 50-80 Kranke einen Arzt; einige Ärzte müssen im K. selbst wohnen, damit bei plötzlichen Erkrankungen schnell Hilfe zur Hand ist. Die Krankenwartung erfordert ein sehr zuverlässiges, opferfreudiges, geschultes Personal und wird teils durch religiöse Genossenschaften (Barmherzige Schwestern, Diakonissinnen u. dgl.), teils durch Wärter und Wärterinnen aus dem Laienstande besorgt. Im allgemeinen eignen sich Krankenpflegerinnen besser als Krankenwärter, geistliche Pflegerinnen besser als weltliche; auf je 10 Kranke soll durchschnittlich eine Pflegerin kommen.

Die Herstellungskosten eines K. schwanken nach Art und Durchführung der Anlage, den nach Zeit und Ort wechselnden Boden-, Material- und Arbeitspreisen beträchtlich. Ohne die Kosten für Grund und Boden stellen sich gegenwärtig die Baukosten eines K. ohne Inventar (dessen Kosten etwa 1000 M. pro Bett betragen) auf 3-4000 M. pro Bett; so betrugen die Herstellungskosten (ohne Grunderwerb und Inventar) der K. zu Osnabrück 3408, München 3426, Göttingen 3534, Hamburg-Eppendorf 3783, Frankfurt a. M. 4284, Heidelberg 5111, Oldenburg 5154 M. pro Bett. Erheblich höher stellen sich allerdings die Baukosten in manchen Großstädten; so kostet das Bett im Thomashospital zu London 20 000 M., wovon etwa die Hälfte als Kosten des Bodens, im Hospital Lariboisière zu Paris 13 789 M., wovon 4211 M. Kosten des Bauplatzes, im K. Berlin-Friedrichhain 8750 M., wovon 1250 M. Bodenwert, im Israelitenhospital in Wien 4000 Fl. Was endlich die provisorischen Barackenlazarette anlangt, so sind deren Herstellungskosten nach den im Kriege 1870/71 in Deutschland gemachten Erfahrungen einschließlich der innern Einrichtung auf etwa 1000 M. pro Bett zu veranschlagen.

Geschichtliches. Die ältesten Krankenanstalten wurden schon vor Christi Geburt von buddhistischen Herrschern in Kaschmir und Ceylon errichtet. Die Griechen und Römer kannten K. im jetzigen Sinne nicht, ihre Valetudinarien waren nur für verwundete Soldaten und für erkrankte Sklaven bestimmt. Erst das Christentum schuf eine geregelte Armen- und Krankenpflege und führte die K. ein. Zu den ältesten christl. Wohlthätigkeitsanstalten gehören die vom heil. Basilius, Bischof von Cäsarea, um 370 vor den Thoren von Cäsarea errichtete Basilias, welche, aus Armenhäusern, Herbergen (Xenodochien), Asylen für gefallene Mädchen und K. (für die Hieronymus zuerst das Wort nosokomeion gebraucht) bestehend, eine kleine Stadt für sich bildete, und das Orphanotropheum in Konstantinopel, von Kaiser Alexios I. (1081-1118) um die Paulskirche errichtet und von 10000 Hilfsbedürftigen und Kranken bewohnt. Während der Kreuzzüge entstanden auch die ritterlichen Krankenpflegeorden, besonders die Johanniter- und der Deutsche Orden, welche viele K. errichteten. Zu den ältesten Spitälern des Abendlandes zählen das Hôtel-Dieu in Paris, urkundlich bereits 660 erwähnt, das St. Bartholomäus-Hospital in London (1102 gegründet), die K. zu Angers (1153), Tonnère (1293), Chartres, das Hospital San Spirito in Rom, von Papst Innocenz III. 1204 errichtet; dasselbe gab Anlaß zur Gründung ähnlicher Heiligengeist-Spitäler, des Johannesspitals zu Brügge (13. Jahrh.), des Hospitals St. Nicolas zu Cues bei Trier, der Hospitäler namentlich der Hansestädte. Es sind dies meist an Kreuzgängen gelegene große dreischiffige Saalanlagen. Die zu Tonnère mißt 88 zu 18,6 m Grundfläche.

Im Mittelalter wurden auch besondere Aussatzhäuser (s. Aussatz) errichtet, welche, zumeist dem heil. Georg gewidmet, ausschließlich der Absonderung und Pflege der Aussätzigen dienten und nach dem Erlöschen des Aussatzes in Siechenhäuser und Pfründneranstalten, nur zum kleinern Teil in eigentliche K. umgewandelt wurden. Mit den ausbrechenden kirchlichen und polit. Wirren verfiel gegen den Ausgang des Mittelalters das Hospitalwesen; die meisten K. boten infolge der Zusammenhäufung von Kranken aller Art, ihrer licht- und luftlosen Räume, ihres Schmutzes und ihrer großen Sterblichkeit trostlose Zustände dar. Doch bestanden, namentlich in Italien, auch besser angelegte stattliche K., so der Prachtbau des Francesco Sforza in

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