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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Landeshut - Landeskulturrentenbanken
unabhängige, mit beinahe allen Attributen der
Staatsgewalt ausgestattete Besitztümer regierender
Familien verwandelt. Über der L. stand nur die
Macht des Kaisers, welcher staatsrechtlich Träger
der Souveränität war. Dieses Verhältnis, welches
gleichermaßen, die Erblichkeit abgerechnet, in den
geistlichen Ländern Platz griff, pflegt man, im Ge-
gensatz zu der frühern bloß amtsmähigen Stellung
der Beteiligten, als L. und Landesherrlichkeit zu
bezeichnen. Hauptsächlich seit dem 13. Jahrh, hat
sich die L. ausgebildet und nach und nach die Ein-
heit des Reichs zerbröckelt, bis dann der West-
fälische Friede (Art. 8, ß. 1) sie als das Recht der
Reichsstände verfassungsmäßig anerkannte. Nach
den Revolutionskriegen zu Anfang des 19. Jahrh,
ist ein großer Teil dieser Landesherrschaften durch
die Säkularisation der geistlichen Fürstentümer und
die Mediatisierung vieler Dynastien untergegangen,
während die übrigbleibenden die Souveränität er-
langten, sich dann aber 1866 und 1871 wieder zu
dem Norddeutschen Bunde und dem neuen Deutschen
Reiche vereinigten, in welchem die Souveränität
nicht wie im alten Reiche vom Kaiser, sondern von
der jurist. Einheit der "verbündeten Regierungen"
getragen wird. - Vgl. Verchtold, Die Entwicklung
der L. in Deutschland (Tl. 1, Münch. 1863), und
für das frühere Reichsstaatsrecht I. I. Moser, Von
der L. der deutschen Reichsstände (Stuttg. 1773).
Landeshut. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bcz.
Liegnitz, hat 397,27 hkm und (1890) 48831 (22564
männl., 26 267 weibl.) E., 3 Städte, 57 Land-
gemeinden und 20 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt
im Kreis L., am Vober, der hier den Ziederbach auf-
nimmt, am Fuße des Landesbuter Kamms und an
der Linie Ruhbank-Liebau der Preuß. Staatsbahnen,
Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Land-
gericht Hirschberg), einerHandelskammerund Reichs-
banknebenstelle, hat (1890) 7572 E., darunter 2659
Katholiken und 147 Israeliten, Postamt erster Klasse,
Telegraph, evang. Gnadenkirche (1709 - 20), eine
der sechs Gnadenkirchen, welche Kaiser Joseph I. den
schles. Protestanten zu errichten gestattete, mit der
Wallenberg-Bibliothek (6000 Bände), eine kath.
Kirche (1294), ein Standbild des ehemaligen Ober-
präsidenten Grafen Eberhard zu Stolberg-Wernige-
rode, 1879 vom Johanniterorden errichtet, ein Real-
gymnasium, eine Wasserleitung, einen Schlachthof
und im nahen Leppersdorf ein Kreiskrankenhaus. -
1292 erhielt L. Stadtrecht; im Dreißigjährigen und
in den Schlesischen Kriegen hatte es sehr zu leiden.
Am 23. Mai 1745 schlug Winterseldt mit 3300 Preu-
hen 7000 Österreicher unter Nadasdy; besonders
bekannt aber ist die Stadt durch den Überfall vom
23. Juni 1760, bei dem Fouque' von Laudon ge-
schlagen wurde. - Vgl. Perschke, Beschreibung und
Geschichte der Stadt L. (Bresl. 1829); von Sodcn-
stern, Feldzug des Generals Fouque' 1760 (2. Aufl.,
Cassel 1867).
Landeskirche, evangelische, in Deutsch-
land die durch die Landesgrenzen umschriebene und
mit dem Staat verwachsene Religionsgemeinschaft
der Evangelischen, die unter Leitung des Staats-
oberhauptes und der von ihm eingefetzten kirchlichen
Behörden steht. Der Begriff erklärt sich aus der Ge-
schichte der kirchlichen Reformation, wie sie nach dem
Reichstag zu Speyer 1526 von den Landesherren und
in den Freien Städten durchgeführt wurde mit dem
Erfolg, daß in ihren Gebieten die evang. Religion
die einzig geltende war und die oberste Kirchengewalt
in die Hände der Regenten kam. Unter der Herr-
schaft der Toleranzidee, durch die gesetzliche Ge-
währung der Religionsfreiheit, den Zuwachs kath.
Landesteile und die Einwanderung Andersgläu-
biger ist im Laufe der Zeiten der Begriff der aus-
schließlich geltenden L. durchbrochen worden, in-
dem der kath. Kirche Gleichberechtigung und andern
Kirchen Anerkennung oder doch Duldung gewährt
wurde. Doch genießt die evangelische L. überall noch
gewisse Vorrechte von feiten des Staates, wie sie
auch demselben gegenüber noch mancherlei beson-
dere Pflichten und Beschränkungen zu tragen hat.
Den von Preußen 1866 annektierten Provinzen ist
der Vorzug geblieben, ihre landeskirchliche Abgren-
zung und Besonderheit zu behalten, sodaß sie von
der preußischen L. unabhängige Kirchenkörper bilden,
obwohl auch ihr oberstes Regiment in den Händen
des Königs ruht. So giebt es eine hannoverische,
schleswig-holsteinische ebenso wie eine preuh^che,
hessische, mecklenburgische, sächsische, altenburgische,
hamburgische u. s. w. L.
Landeskokarde, s. Kokarde.
Landeskreditkaffen, die durch den Staat oder
die Provinz unterhaltenen Kreditinstitute, welche
gewöhnlich in erster Linie dem Vodenkredit gewid-
met sind, zuweilen aber auch noch andere Kredit-
geschäfte pflegen. Damit unterscheiden sie sich von
den soq. Landeskulturrentenbanken (s. d.), welche
lediglich Meliorationskredit gewähren. In Deutsch-
land hatten die L. sich insbesondere in den kleinern
Staaten entwickelt, wie namentlich die herzogt.
Landesbank in Sachsen-Altenburg (von 1792), die
Landesbank in Wiesbaden (von 1840), die land-
ständische Bank des königlich sächs. Markgrafentums
Oberlausitz in Bautzen (von 1844), dieL. in Sachsen-
Gotha, Oldenburg, Sachsen-Meiningen, Sachsen-
Weimar, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-
Sondershausen und Hessen. Der Umstand, daß der
Staat für diefe Institute die Haftung übernimmt,
bewirkt regelmäßig, daß sie ihre Geschäfte auf das
eigene Staatsgebiet befchränken. In Osterreich
haben in neuerer Zeit zahlreiche Kronländer ähnliche
Institute ins Leben gerufen, welche unter Haftung
und Leitung des Landes Kreditgeschäfte betreiben
und namentlich Immobiliardarlehen gewähren, so
Böhmen (Landesgefetz von 1867), Schlesien (1867),
Niederösterreich (1889) u. a. - Vgl. Schiff, Orga-
nifation des landwirtfchaftlichen Kredits in Deutsch-
land und Osterreich (Lpz. 1892); Handwörterbuch
der Staatswissensckaften, Bd. 4 (Jena 1892).
Landeskrone, Berg bei Görlitz (s. d.). ftung.
Landeskulturgesetzgebung, s. Agrargesetzge-
Landeskulturrat, im Königreich Sachsen ein
aus 26 Mitgliedern bestehendes, dem Ministerium
des Innern beratend zur Seite stehendes, technisch-
landwirtschaftliches Kollegium.
Landeskulturrentenbanken, Bodenkultur-
ren tenbanken, öffentliche Anstalten mit dem
Zwecke, den Grundbesitzern behufs Durchführung
größerer kostspieligerer Bodenmeliorationen einen
geeigneten, d. h. langfristigen, auf Seite des Gläu-
bigers unkündbaren Kredit zu gewähren. Der Staat
fördert oder vermittelt diese Kreditgewährung, weil
die Durchführung solcher Kulturunternehmungen
(Urbarmachung unproduktiver Flächen, Bewässe-
rungs- und Entwässerungsanlagen u. s. w.) auch
dem öffentlichen Interesse dient und ohne be-
sondere Unterstützung vielleicht schwer zu stände
käme. Die Mittel, welche dem Staate hier zu Ge-