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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Landsknecht (Kartenspiel) - Landstände
nach allen Seiten. Eigentümlich war auch ihre
Rechtspflege. Um einen Übelthäter zu richten, kam
die Gemeine an einem "nüchternen Morgen" zu-
sammen. Der Profoß erhob die Anklage, dem Ver-
brecher wurde ein Fürsprecher bestellt und, wenn die
Sacke erhärtet, von 41 Knechten, dreimal gewählt,
das Urteil gesprochen. Lautete es auf Tod, so wurde
eine Gasse gebildet, in deren gefällte Spieße der
Verurteilte sich stürzen mußte. So groß der Kriegs-
ruhm der L., so übel berufen waren sie sonst wegen
ihrer Zügellosigkeit, besonders im Trinken und
Spielen. Das bekannte Hasardspiel L. oder I^n8-
hU6N6t (s. d.) rührt von ihnen her. Ein gewaltiger
Troß folgte ihren Zügen; über das Weibsvolk und
die Buben war ein Hurenweibel gesetzt, der mit
seinem Lieutenant und Fähnrich nebst Stockmeister,
Steckenkncchten und Scharsrichter unter dem Pro-
foß stand. In solcher Kriegsverfassung dienten sie
auch im Auslande, zuweilen sogar gegen das Reichs-
oberhaupt, wie die Schwarzen Fahnen im franz.
Solde. Im 17. Jahrh, verlor sich der Name.
Vgl. Wessely, Die L., eine kulturhistor. Studie
(31 Faksimiledrucke nach alten Meistern, mit Tert,
Görlitz 1877); Blau, Die deutschen L. (ebd. 1882);
gute Abbildungen nach H. S. Beham, Fr. Brunn,
Hans Rud. Manuel genannt Deutsch und Daniel
Hopser finden sich auch im "Handwörterbuch der ge-
samten Militärwissenschaften", hg. von Poten, Bd. 6
(Vieles. 1878).
Landsknecht, Kartenspiel, s. I^an3^u6N6t.
Landskron. 1) Bezirkshauptmannschaft in
Böhmen, hat 657,86 qkm und (1890) 62845 (29883
männl., 32962 weibl.) E., 59 Gemeinden mit 70 Ort-
schaften und umfaßt die Gerichtsbezirke L. und Wil-
denschwert. - 2) Stadt und Sitz der Bezirkshaupt-
mannschast sowie eines Bezirksgerichts (281,9? hkin,
32809 meist deutsche E.), an der Zweigbahn Rudels-
dorf-L. (5 km) der Östcrr.-Ungar. Staatsbahn, hat
(1890) 1282, als Gemeinde 5843 deutsche E., ein
Schloß, ein deutsches Staatsobcrgymnasium, eine
staatliche Webeschule; Leinwand- und Kattunfabri-
kation, eine ärarische Tabakfabrik (über 1000 Ar-
beiter), Brauerei nebst Malzfabrik, und in der Nähe
die Ruinen der Burg L. - 3) L., poln. I^neko
i-ona, Stadt im Gerichtsbezirk Kalwarya der österr.
Bezirkshauptmannschaft Wadowice in Galizien, hat
(1890) 1110, als Gemeinde 1662 poln. E., Post
und Trümmer eines Felsenschlosses, welches nebst
der Stadt von Deutschen im Mittelalter gegründet
und später von poln. Starosten besetzt wurde.
Landskron, Burgen, s. Brück (an der Mur) und
Heppingen.
Landskrona, Stadt und ehemalige Festung in
dem schwed. Län Malmöhus, am Suud und an den
Bahnen Billeberga-L. (111<m) und Engelholm-L.
(48 km), mit einem 10-12 m tiefen Hafen, dem
besten von Schonen, hat (1892) 12633 C'.; Fabrika-
tion von Leder, Tabak, Zucker, Eisengießerei und
Schiffswerfte, namentlich aber Ausfuhr von Ge-
treide, Meiereiprodutten, Mehl (nach England) und
Holz. Das 1543 vollendete Schloß dient jetzt als
Magazin und Gefängnis. 7 km davor im Sunde
die Insel Hvcn (s. d.). Am 14. Juli 1677 erlitten bei
L. die Dänen eine Niederlage durch die Schweden.
Landskrone, Basaltberg im Ahrgau der Eifel.
Landsmannschaften, eine Art der studentischen
Verbindungen. Seit dem Bestehen von Universi-
täten haben sich die Landsleute zu sog. Nationen
vereinigt. Später fand sich dieser landsmannschaft-
liche Charakter auch in den Vursen (s. d.), und nach
deren Aufhören vereinigten sich die Landsleute zu
freien Nationen oder L. Diese L. traten insbesondere
nach dem Dreißigjährigen Kriege hervor und maßten
sich Rechte an, was ihr Verbot als sog. Nationalismus
zur Folge hatte. Diese L. haben unter zeitgemäßen
Modifikationen bis in unser Jahrhundert bestanden
und sind unmerklich zu den heutigen Korps (s. d.)
geworden. Der früher ziemlich lose Zusammenhang
der Mitglieder der L., die man bisweilen auch
Kränzchen nannte, wurde gefestigt durch das Bei-
spiel der Orden, welche sich um 1760-70 inner-
halb der L. bildeten und die Elite darstellten, in-
dem sie gleichzeitig die landsmannschaftliche Be-
grenzung fallen ließen und ihre Mitglieder nach
Maßgabe der Würdigkeit aufnahmen. Im Laufe
der Zeit, namentlich um 1800, als die Orden zer-
fielen, nahmen die L. jene Vorzüge der Orden an,
es kam die Trennung in weitere und engere Ver-
bindung in Aufnahme, der landsmannfchaftliche
Charakter schwand im Laufe der nächsten 20 Jahre,
und so wurden die L. zu Korps. - Um 1840 ent-
standen in Göttingen aus Opposition gegen die
Korps Kncipgescllschaften, die sich "Wilde L." nann-
ten, bald aber zu Korps wurden. In den folgenden
Jahren thaten sich an mehrern Orten studentische
Verbindungen mit den: Namen L. auf, deren Wesen
von dem der Korps nicht principiell verschieden ist.
Diese neuen L. haben sich 1862 zu einem Verband
nach dem Muster des Kösener Senioren-Konvent-
Verbandes (s. Korps) in Coburg vereinigt, welcher
0.1^. 0., d. h. Coburger Landsmannschaften-Konvent,
heißt. Gegenwärtig bestehen auf deutschen.Hoch-
schulen 27 L., die aber keine landsmannschaftliche
Beschränkung haben. Das (interne) Organ der L. ist
die Coburger 1^. <Ü.-Zeitung. - Vgl. Fabricius, Die
Studentenordcn des 18. Jahrh, und ihr Verhältnis zu
den gleichzeitigen L. (Jena 1891).
Landspitzen, s. Kap.
Landstammrolle, s. Landsturm.
Landftände, die nach ständischer Gliederung
(Rittergutsbesitzer, Stadtobrigkeit oder städtische
Verwaltung, bisweilen auch Bauern) zusammen-
gesetzte Vertretung des Landes für Steuerver-
willigung und bei der Gesetzgebung. Der Ursprung
derselben führt in die Zeit des Fränkischen Reichs
zurück, ist aber weder in den alten demokratischen
Volks- oder Gemeindeversammlungen noch in dem,
vorzugsweise zur Heeresmusterung dienenden März-
oder Maifelde zu suchen. So wie der Frankenkönig
mit den Magnaten, Grafen, Bischöfen und Prälaten
regelmäßig Reichstage abhielt, fo versammelten auch
die Könige und Stammesherzöge der andern german.
Völker (Goten, Langobarden, Burgunder, Ala-
mannen, Bayern u. s. w.) die weltlichen und geist-
lichen Großen zu Reichstagen. Diese Einrichtung
dauerte auch fort, nachdem diese Reiche die frank.
Oberhoheit anerkannt hatten, sofern die nationalen
Herzöge fortbestanden, und es ergab sich hieraus
von selbst der Gegensatz zwischen den Provinzial-
landtagcn der Herzöge und dem allgemeinen Reichs-
tage des Königs. Aber auch nach der Unter-
drückung der Stammesherzöge und in denjenigen
Gebieten, in denen es an solchen überhaupt fehlte,
wurden Versammlungen der Grafen, Bischöfe und
andern weltlichen und geistlichen Großen eines Be-
zirks unter Vorsitz eines königl. Beamten gehalten.
Zunächst war dies das Recht und die Pflicht der in
den Grenzgebieten eingesetzten und mit wcitreichen-