Leber (Hepar. Jecur), die größte
Drüse des menschlichen und tierischen Körpers, die deshalb von höchster Wichtigkeit ist, weil
sie in naher Beziehung zur Blutbildung und der damit zusammenhängenden Bereitung der Galle
steht. Die L. eines gesunden erwachsenen Menschen wiegt 1,5 kg
und darüber. Dieselbe liegt in ihrer Hauptmasse im rechten obern Winkel der Bauchhöhle,
unmittelbar unter dem Zwerchfell, zur Seite der rechten Bauch- und Rückenwand,
und bedeckt die rechte Niere, einen Teil des Zwölffingerdarms und des Magens sowie die
rechte Krümmung des Dickdarms. Sie ist durch Bänder am Zwerchfell an der Rücken- und Bauchwand
befestigt und überragt im normalen Zustand den vordern Rippenrand nicht. Ihr hinterer rechter
Abschnitt ist sehr dick und abgerundet, nach vorn und links schärft sie sich allmählich zu,
so daß sie im ganzen ungefähr eine keilförmige Gestalt darbietet. Ihre Oberseite ist gewölbt
(konvex), die Unterseite leicht ausgehöhlt (konkav). Der vordere Rand der L. hat nach
der Mittellinie des Körpers zu einen tiefen Einschnitt
(incisura hepatis), welcher sie in den größern rechten
und kleinern linken Leberlappen
(lobulus dexter
und sinister, s. Tafel:
Die Baucheingeweide des Menschen I, 6 u. 7
und II, 1 u. 4 sowie Tafel: Die Brusteingeweide des Menschen
II, 20) teilt. Von diesem Einschnitt verläuft auf der Unterseite eine seichte Furche nach hinten,
und dieser ziemlich parallel weiter nach rechts eine zweite Furche, welche durch eine querlaufende Vertiefung
verbunden sind. Es werden so von der L. zwei weitere kleine Lappen abgegrenzt, ein vorderer viereckiger
(lobulus quadratus, s. Tafel:
Die Baucheingeweide des Menschen II, 2) und ein hinterer
(lobulus Spigelii, s. Taf. II, 3). Mit dem Zwerchfell ist die L. durch
ein Aufhängehand (ligamentum suspensorium hepatis, s. Taf. I, 23) verbunden.
In der linken Längsfurche verläuft beim Fötus die Nabelvene, die in der Gegend der Querfurche in die L. eintritt
und nur einen kleinen Zweig (ductus venosus) durch die hintere Hälfte dieser
Grube direkt in die hinter der L. liegende untere Hohlvene sendet, wogegen beim geborenen Menschen ein solider
rundlicher Bindegewebsstrang, das sog. runde Leberband
(ligamentum teres hepatis),
die Stelle der oblitterierten Nabelvene vertritt. Der vordere Teil der rechten Furche nimmt die Gallenblase auf,
die hintere umfaßt innig die Vorderwand der untern Hohlvene. In der Querfurche münden alle blutzuführenden
Gefäße und zahlreiche sympathische Nervenäste, und aus ihr treten die Lymphgefäße der L. und die Gallengänge aus;
diese Stelle wird deshalb auch Leberpforte
(porta hepatis) benannt.
An Blutgefäßen erhält die L. die nahezu fingerdicke Pfortader und die kaum
gänsekieldicke ↔ Leberarterie. Die Pfortader
(vena portae) sammelt alles Blut, welches von den Gedärmen, vom Magen,
von der Bauchspeicheldrüse und der Milz kommt, tritt in der Leberpforte in die L. ein und löst sich hier nach
allen Richtungen hin in feine, untereinander verbundene Zweige auf, welche wieder zu größern Stämmchen
zusammentreten und als Lebervenen
(venae hepaticae) in die untere Hohlvene münden. Das Blut der Pfortader
ist sehr dunkel und liefert das Material zur Galle und zu den neuen Blutbestandteilen. Die
Leberarterie (arteria hepatica)
verzweigt sich ähnlich der Pfortader in der L., führt aber hellrotes Blut und vermittelt die selbständige
Ernährung des Lebergewebes.
Die L. selbst liegt großenteils in einer Falte des Bauchfells (s. d.),
welches die L. mit einem glatten serösen Überzug überzieht. Ihr Gewebe
selbst ist schon im frischen Zustande ziemlich derb, wird es aber nach dem Tode durch Gerinnung eines
eiweißähnlichen Bestandteils noch mehr. Ihre Farbe ist hell rotbraun (leberbraun), doch nicht gleichmäßig.
Auf einem Schnitt der L. erblickt man um die weit klaffenden Stämmchen der Lebervene einen Ring Lebersubstanz,
welcher von einem Kranz feiner Pfortaderzweige umsäumt ist. Diese Ringe sind die Querschnitte kugeliger
Anhäufungen von mikroskopisch kleinen kubischen Zellen und heißen Leberinseln
oder Leberläppchen (insulae
oder acini, auch lobuli hepatis),
die Gefäße in ihrem Umkreise interacinöse, die im Mittelpunkt gelegenen intraacinöse Venen.
Die Peripherie dieser Inseln hat meist eine andere, hellere oder dunklere Färbung als die Mitte,
wodurch die ganze L. ein geflecktes Ansehen bekommt. Die Leberzellen,
welche die eigentlichen, die Galle absondernden Elemente der L. sind und sich als kleinste rundliche
feinkörnige Bläschen von 0,02 mm Durchmesser darstellen, sind von der Mitte nach
dem Rande der Leberläppchen in Reihen angeordnet, die vielfach miteinander in Verbindung stehen
(Leberzellenbälkchen), und zwischen ihnen verlaufen, die Bälkchen innig umspinnend, die Haargefäße,
in die sich die peripherischen Pfortaderzweige auflösen und die sich zu der centralen Lebervene sammeln.
Außerdem ist jede einzelne Leberzelle noch mit äußerst feinen Haargefäßchen umgeben, den Anfängen der
Gallengänge, welche sich im Umkreise der Inseln sammeln, nach und nach zu stärkern Stämmchen zusammentreten
und neben den gröbern Zweigen der Pfortader rückwärts zur Leberpforte verlaufen. Die Bälkchen sind endlich
noch von Lymphräumen umgeben, die zu Stämmchen zusammentreten, welche denselben Weg aus der L. nehmen
wie die Gallengänge. Das Lebergewebe zeigt sich also von einem fünffachen Kanalsystem durchzogen,
von drei Blutgefäßsystemen, von dem Lymphsystem
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 2.