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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lehreskadron - Lehrlingskrankenkassen

gelische Kongreß, der 1893 in Dresden tagte, stellte sich mehrfach in Gegensatz zur 30. Allgemeinen Deutschen Lehrerversammlung in Leipzig von demselben Jahre, besonders in der Frage der Simultanschulen. In neuerer Zeit wird in Gegenden mit konfessionell gemischter Bevölkerung versucht, die kath. Lehrer in besondern kath. Lehrervereinen zu vereinigen. So ist z. B. der Katholische Lehrerverein der Rheinprovinz entstanden.

Der Allgemeine Deutsche Lehrerinnenverein wurde 1890 in Berlin gegründet. Er will die Lehrerinnen selbständiger machen und ihnen eine größere Beteiligung am Unterricht erringen. Er zählte 1895: 52 Zweigvereine mit 9000 Mitgliedern. Verschiedene Zweigvereine besitzen Feierabendhäuser, Ferienheime, Krankenkassen und Altersversorgung. Eine weitverzweigte Stellenvermittelung, deren Leitung ihren Sitz in Leipzig hat, entfaltet eine bedeutende Wirksamkeit. - 1894 entstand ein Verein preußischer Volksschullehrerinnen, gebildet aus Korporationen, wie aus Einzelmitgliedern.

Lehreskadron, s. Militärreitschulen.

Lehrfreiheit, das Recht, die gewonnene Einsicht und Überzeugung zu verbreiten, ein notwendiges Zubehör zur Glaubens- und Gewissensfreiheit (s. d.). Die L. findet eine Schranke an Gesetz und Sitte, Religion und Glaube, und beim Durchbrechen dieser Schranke sind viele in alter und neuer Zeit zu Märtyrern geworden, Propheten und Weise, wie Jeremias, Sokrates, Huß, Giordano Bruno, Galilei u. a. Im Mittelalter hat das die Völker beherrschende kath. Kirchensystem die Verfolgung der Häretiker und Ketzer in der Inquisition organisiert. Die preuß. Verfassung sagt dagegen: "Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei." In Deutschland stehen die Universitäten als Sitze der L. in hohem Ansehen, den Fakultäten für kath. Theologie ist jedoch seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrh. die L. abhanden gekommen. An sich betrachtet muß die L. innerhalb einer bestimmten Kirchengemeinschaft ihre Schranken an den Grundprincipien der betreffenden Kirche haben, doch ist im Protestantismus gerade die Tragweite der letztern um so streitiger, als eine rein jurist. Handhabung des Bekenntnisbuchstabens gegen das Wesen des Protestantismus verstößt. - Vgl. Haupt, Die Kirche und die theologische L. (Kiel 1881); Herrmann, Die Gewißheit des Glaubens und die Freiheit der Theologie (2. Aufl., Freib. i. Br. 1889).

Lehrgedicht oder didaktische Dichtung, eine bereits der Prosa sich zuneigende Art der Dichtung in epischer, lyrischer oder dramat. Form. Während die echte Dichtung Phantasieschöpfung ist, so daß erst aus der Gestalt der in ihr liegende geistige Gehalt entspringt, geht das L. umgekehrt vom geistigen Gehalt aus und erfindet für diesen erst nachträglich auf dem Wege der Reflexion eine entsprechende poet. Ausgestaltung. Als die ursprünglichste Form der Lehrdichtung sind wohl die alten Theogonien und Kosmogonien, wie sie in den ind. Vedas und in der Theogonie Hesiods erhalten sind, anzusehen; sie haben den Zweck der Belehrung; aber Mythe und Dichtung, Phantasie und Reflexion, Episches und Didaktisches haben sich in ihnen noch nicht gesondert. An diesen alten volkstümlichen Ursprung klingen noch Fabel (s. d.) und Spruchpoesie (Gnomen, s. d.) an. Später entsteht die Lehrdichtung über einen bestimmten einzelnen Gegenstand nach fester logischer Ordnung und mit dem ausgesprochenen Zweck der Belehrung; sie sucht den Schein des Poetischen zu retten, indem sie durch lebendige Schilderung sich an die Phantasie wendet oder auch wohl Stimmungen und Stoffe echter Poesie einmischt, vermag aber den Ursprung aus dem bloß Gedachten und Nützlichen nie zu überwinden. Noch prosaischer wird das L., wenn es bis zur lehrhaften Anweisung für ein ganz bestimmtes Fach vorschreitet; Anfang und Muster dieser Richtung sind schon Hesiods "Werke und Tage", dann die "Georgica" von Virgil und die "Ars poetica" von Horaz. Unter den größern L. der deutschen Litteratur ragen hervor der altsächs. "Heliand", die mittelhochdeutsche "Bescheidenheit" Freidanks, der "Renner" Hugos von Trimberg (um 1300), die Narrendichtungen Brants und Murners, in neuerer Zeit Tiedges "Urania", Rückerts "Weisheit des Brahmanen", Schefers "Laienbrevier", Sallets "Laienevangelium" u. a. Die Gegenwart ist der Gattung nicht günstig. - Vgl. Eckart, Die didaktische Poesie. Ihr Wesen und ihre Vertreter (Nörten 1891).

Lehrgerüst, s. Gerüste.

Lehrhäuer, angehender Bergmann (s. d.).

Lehrheizer, s. Heizerschulen.

Lehrinfanteriebataillon, s. Lehrbataillon.

Lehrlatte, s. Lehre.

Lehrling, Bezeichnung der jungen Leute, die im Handwerks- und im Handelsgewerbe für ihren künftigen Beruf unter der Leitung eines Meisters oder Prinzipals vorgebildet werden. Von den jugendlichen Arbeitern, wie sie das moderne Fabrikwesen in seinem Gefolge hat, unterscheiden sich die Handwerkslehrlinge namentlich dadurch, daß sie zu den Lehrherren in einem nähern Verhältnisse stehen und letztere eine gewisse moralische Verantwortlichkeit für sie tragen, daß sie nicht nur zu einigen leicht zu erlernenden Hantierungen abgerichtet werden, sondern eine umfassendere Fachbildung erhalten sollen, daß sie häufig gar keinen Lohn erhalten, ja daß sie ihrerseits, was allerdings in der neuern Zeit immer mehr abgekommen ist, dem Lehrherrn ein Lehrgeld bezahlen. Unter der Herrschaft des Zunftwesens war genau für die einzelnen Gewerbe vorgeschrieben, welche Bedingungen für die Einschreibung als L. zu erfüllen seien, wie lange die Lehrzeit dauern sollte, unter welchen Bedingungen die Freisprechung des L., d. h. die Aufnahme desselben als Geselle und die Ausstellung des Lehrbriefs erfolgen sollten u. s. w. In der Verfallzeit der Zünfte knüpften sich an diese Bestimmungen viele Mißbräuche, namentlich zu dem Zwecke, die Konkurrenz im Gewerbe möglichst zurückzuhalten. In der neuern Zeit haben übrigens vielfach die Arbeiter in den Großbetrieben, namentlich z. B. die engl. Gewerkvereine, in gleicher Absicht auf die Einhaltung einer längern Lehrzeit und eine gewisse Beschränkung der Zahl der L. hingewirkt. Seit dem Siege des Princips der Gewerbefreiheit ist die Regelung des Lehrlingsverhältnisses im wesentlichen der freien Vereinbarung der Beteiligten überlassen worden (s. Lehrvertrag); doch zeigt sich in den neuesten Abänderungen der deutschen Gewerbegesetzgebung die Tendenz, den freien Innungen (s. d.) einen maßgebenden Einfluß darauf zu gewähren. L., mit Ausnahme der L. in den Apotheken, sind gegen Krankheit zu versichern (Krankenversicherungsgesetz in der Redaktion vom 10. April 1892, §. 1). Über Handlungslehrling s. d.

Lehrlingskrankenkassen, s. Krankenversicherung.