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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lehrlingsprüfung - Lehrvertrag

Lehrlingsprüfung, die am Schlüsse der Lehrzeit stattfindende Prüfung darüber, was ein Gewerbelehrling sich nach der theoretischen und praktischen Seite der gewerblichen Ausbildung angeeignet hat. Die Innungen im Deutschen Reich haben das Recht L. vorzuschreiben, denen eventuell auch die Lehrlinge solcher Meister unterworfen werden können, die der Innung nicht angehören; doch wird die Prüfung in diesem Fall von einer Kommission vorgenommen, deren Mitglieder nur zur Hälfte von der Innung und zur andern Hälfte von der Aufsichtsbehörde berufen werden. Mehrfach haben sich freiwillige L. im Anschluß an Ausstellungen von Lehrlingsarbeiten entwickelt. Besonders gute Erfahrungen machte man in Württemberg mit ihnen. Die für sie maßgebende revidierte Prüfungsordnung datiert vom 12. Aug. 1885 und 1889 wurden an 68 Orten 1144 Lehrlinge geprüft. Die franz. und belg. Lehrwerkstätten haben fast alle Prüfungen. (S. Prüfung.) - Vgl. Die Entstehung und Entwicklung der gewerblichen Fortbildungsschulen in Württemberg (2. Aufl., Stuttg. 1889); Stieda, Lehrlingsprüfungen (in den "Preuß. Jahrbüchern", Bd. 70, Berl. 1892).

Lehrs, Karl, Philolog, geb. 14. Jan. 1802 zu Königsberg als Sohn eines jüd. Kaufmanns, trat während der Studienzeit zu Königsberg zum Christentum über und übernahm 1823 eine Vertretung am Gymnasium zu Danzig. Er kam 1824 nach Marienwerder und 1825 als Oberlehrer ans Friedrichs-Kollegium in Königsberg; 1831 wurde er zugleich Privatdocent, 1835 außerord., 1845 ord. Professor an der Universität. Er starb 9. Juni 1878 zu Königsberg. Seine vorzüglichsten Werke sind: "De Aristarchi studiis Homericis" (Königsb. 1833; 3. Aufl. 1882), "Questiones epicae" (ebd. 1837), "Herodiani scripta tria emendatiora" (ebd. 1848), "Die Pindarscholien" (Lpz. 1873), "Populäre Aufsätze aus dem Altertum" (2. Aufl., ebd. 1875). Auch gab er einen "Horaz mit Rücksicht auf die unechten Stellen" (Lpz. 1869, mit Nachtrag 1871) heraus. - Vgl. Kammer, Karl L. (Berl. 1879). Ausgewählte Briefe von und an Ch. A. Lobeck und Karl L. gab A. Ludwig heraus (2 Tle., Lpz. 1894).

Lehrsatz (grch. Theorem), ein wissenschaftlicher Satz, der sich beweisen läßt, im Unterschied vom Grundsatz (s. d.). Der Beweis eines L. stützt sich entweder direkt auf Grundsätze oder auf solche L., die schon bewiesen sind. In letzter Linie sind alle L. auf Grundsätzen aufgebaut.

Lehrschmieden, Militärlehrschmieden, sollen Mannschaften der berittenen Waffen zu Fahnenschmieden (Beschlagschmieden) ausbilden. L. bestehen in Berlin, Königsberg, Breslau, Gottesaue, Frankfurt a. M. (dem Inspecteur des preuß. Militärveterinärwesens unterstellt), München und Dresden. Jede Lehrschmiede hat einen Offizier (Rittmeister) zum militärischen und einen diesem untergeordneten Korpsroßarzt oder Oderroßarzt zum technischen Vorstande. Nach Beendigung des halbjährigen Kursus legen die Schüler die Prüfung als Fahnenschmied (s. d.) ab; aus der Anzahl der Geprüften verbleiben einige noch einen zweiten Kursus auf der Schule und werden zu Vorschmieden ausgebildet. Auf L. ausgebildete Mannschaften tragen als Abzeichen ein gelbwollenes Hufeisen auf dem linken Unterarm. (2. auch Hufbeschlaglehranstalten.)

Lehrte, Dorf im Kreis Burgdorf des preuß. Reg.-Bez. Lüneburg, an der Grenze der Lüneburger Heide, an den Linien Stendal-Hannover, L.-Hildesheim (24,5 km), Ülzen-L. (80,3 km) und L.-Braunschweig (44,5 km) der Preuß. Staatsbahnen, hat 1895: 4510 (1890: 3799) meist evang. E., Postamt zweiter Klasse, Telegraph, zwei Vorschuß- und Sparkassen; zwei Wollgarnspinnereien, Fabrikation von Billards, Schwefelsäure, Cement, Cementröhren, Thonwaren, Kunstdünger und Zucker und Ziegelei.

Lehrter Eisenbahn, auch Berlin-Lehrter Bahn, 12. Juni 1867 der ehemaligen Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Gesellschaft genehmigte Bahn (240,2 km) von Berlin über Rathenow und Gardelegen nach Lehrte (Hannover) mit Zweigbahn von Stendal nach Ülzen (107,5 km). Eröffnet wurden als erste Strecke Stendal-Salzwedel (57,3 km) 15. März 1870, als letzte Strecke das Schlußstück der Zweigbahn Salzwedel-Ülzen (50,2 km) 15. April 1873. Als ein Teil der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn (s. d.) ging die L. E. 1. Febr. 1880 in die preuß. Staatsbahnverwaltung über.

Lehrvertrag, der das Lehrverhältnis zwischen Lehrherrn und Lehrling (s. d.) begründende Vertrag. Die deutsche Gewerbeordnung führt im §. 126 die allgemeinen Pflichten des Lehrherrn gegen den Lehrling auf und erklärt im §. 127, daß der Lehrling der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen und dem Stellvertreter des letztern gegenüber zur Folgsamkeit verpflichtet sei. Das Lehrverhältnis kann (§. 128), wenn eine längere Frist nicht vereinbart ist, während der ersten vier Wochen nach Beginn der Lehrzeit durch einseitigen Rücktritt aufgelöst werden; nach dieser Probezeit aber ist die Auflösung nur in den in der Gewerbeordnung angegebenen Fällen zulässig. Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehrling über die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Fertigkeiten, sowie über sein Betragen ein Zeugnis auszustellen. Verläßt der Lehrling widerrechtlich die Lehre, so kann, falls der L. schriftlich geschlossen ist, der Meister ihn durch die Polizeibehörde zur Rückkehr anhalten und sogar zwangsweise zurückführen lassen, zu welchem Zwecke die Polizeibehörde befugt ist, Geldstrafe bis zu 50 M. oder Haft bis zu 5 Tagen anzudrohen (§. 130). Löst der Lehrherr, weil der Lehrling ihn unbefugt verlassen, das Lehrverhältnis auf, so kann er eine Entschädigung verlangen, für die der Vater des Lehrlings und der Arbeitgeber, der ihn verleitet oder unter Kenntnis der Sachlage in Arbeit genommen hat, mithaftet (§. 133). Die Lehrlinge sind, wie alle Arbeiter unter 21 Jahren (§. 107), zur Führung eines Arbeitsbuches (s. d.) verpflichtet. Gewerbetreibende, die sich nicht im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, dürfen keine Lehrlinge unter 18 Jahren halten (§. 106). Den nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung (§§. 97 fg.) konstituierten Innungen (s. d.) ist speciell auch die Aufgabe zugewiesen, für die Regelung des Lehrlingswesens und die technische, gewerbliche und sittliche Ausbildung der Lehrlinge zu sorgen und ferner gewerbliche Streitigkeiten zwischen ihren Mitgliedern und ihren Lehrlingen an Stelle der sonst hierzu bestimmten Gemeindebehörden zu entscheiden. Zu den den Innungen indirekt empfohlenen Einrichtungen gehört namentlich die Veranstaltung von Lehrlingsprüfungen (s. d.) am Schlusse der Lehrzeit und die Erteilung von Lehrbriefen. Die obigen Bestimmungen der Gewerbeordnung haben (§. 154) für Lehrlinge in Apotheken und Handelsgeschäften keine Geltung. (S. Handlungslehrling.)