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Liebesapfel – Liebhaberkünste
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Liebertwolkwitz'
Schwarzenberg-Denkmal. (S. Karte: Leipzig und Umgebung.)
Liebesapfel (Lycopersicum esculentum Mill.,
Solanum lycopersicum L.), auch Paradiesapfel,
Goldapfel oder Tomate, in Deutschland nur als
Kulturpflanze bekannte, in Mexiko und Peru einheimische und zu der Familie der Solanaceen (s. d.) gehörige
einjährige Pflanze mit einfachen oder weitschweifigen Zweigen und traubig gestellten Blüten, deren freie Staubbeutel der Länge
nach aufspringen. Die zahlreichen Kulturformen haben meistens große, oft stark zusammengedrückte, bisweilen auch im
Umfange lappige, oft aber kugelrunde, eirunde, selbst birnförmige Früchte von feurig-scharlachroter, orangeroter oder gelber
Farbe. Sie sind von einem saftigen, zahlreiche platte Samen einschließenden Fruchtbrei erfüllt, der bei allen Südländern eine
sehr beliebte Fleischwürze bildet oder in der Küche anderweitige sehr verschiedenartige Verwendung findet. Dem L. hat man
gegenwärtig auch in Deutschland Geschmack abgewonnen. Die Pflanzen müssen entweder an Spalieren gezogen oder an
einzelnen Stäben aufgebunden werden. (S. Tafel: Gemüse IV, Fig. 14.)
Liebeshöfe (frz. cours d’amour). L. hat es, insofern man darunter
eigentliche, besonders weibliche Gerichtshöfe verstehen will, nie gegeben. Mit Unrecht hat man diese Minnegerichte in der
Provence zur Blütezeit der Troubadours suchen wollen: die Gedichte der Troubadours ergeben nur, daß bei geselligen
Zusammenkünften an den Höfen außer andern poet. Unterhaltungen auch Fragen aus der Erotik vorgelegt und abgehandelt
wurden, und daß diese höfischen, der Poesie und Lebenslust gewidmeten Gesellschaften selbst bisweilen
cort genannt wurden. Ebenso irrig hielt man die
Puys d’amour Nordfrankreichs und Flanderns für L. im wirklichen Sinne, während auch sie
litterar. Gesellschaften waren, woraus sich die Chambres de rhétorique und die Kammern
der Rederykers bildeten. Wohl aber waren, namentlich in allegorischen Gedichten des
spätern Mittelalters, die Darstellung des Gottes Amor als eines Königs der Liebe häufig; als solchem gab man ihm einen Hofhalt
oder ein Parlament und ließ ihn förmliches Minnegericht halten. Solche allegorische Festspiele von einem
Prince d’amour wurden in mehrern Städten Frankreichs öffentlich dargestellt: ja es wurde
eine Sammlung von Liebesregeln und Urteilen («Tractatus amoris» des Andreas Capellanus
aus dem 13. Jahrh.) und endlich sogar ein förmliches Liebesgesetzbuch
(die «Arrêts d'amour» des Martial d’Auvergne aus dem 15. Jahrh.) abgefaßt und von Juristen
ironisch kommentiert. Es mochten demnach fortwährend Liebesfragen oder Liebesstreitigkeiten in geselligen höfischen Kreisen
unter dem Vorsitz von Damen, meist nur zur Erhöhung des geselligen Vergnügens, verhandelt und solche Schiedsgerichte aus
Nachahmung jener erwähnten Allegorien oft Minnehöfe genannt werden. Urkundlich läßt
sich nur eine Cour amoureuse, wahrscheinlich am Hofe Karls VI. von Frankreich abgehalten,
nachweisen. – Vgl. Diez, Beiträge zur Kenntnis der romantischen Poesie ↔ (Berl. 1825); Rajna,
Le corti d’amore (Mail. 1890); E. Trojel, Middelalderens Elskovshoffer (Kopenh. 1888); G.
Paris im «Journal des Savants» (1888).
Liebeslocke, in der Mode des 17. Jahrh. eine einzelne Locke, die im Gegensatz zu dem kurz
verschnittenen übrigen Haar am linken Ohr herab bis auf die Schulter hing.
Liebesmahl (grch. agápe), in der ersten christl. Kirche die
gemeinsame Abendmahlzeit. Dergleichen Mahle mit religiöser Beziehung kannten die Juden, die Essener
(s. d.) und die Pharisäer. Bei der ersten Messiasgemeinde führte der Glaube an den Gekreuzigten, dessen baldige Wiederkunft
man erwartete, darauf, das Gedächtnis seines letzten Mahls bei jeder gemeinsamen Mahlzeit zu erneuen. Die Bezeichnung L. war
ein Ausdruck der brüderlichen Gemeinschaft, wodurch sich alle Gemeindeglieder verbunden wußten. Wie es scheint, gaben
diese gemeinsamen Mahle, bei denen die vermögendern Gemeindeglieder für Speise und Trank sorgten, den Anlaß zu den
idealen Schilderungen völliger Gütergemeinschaft, wie sie die Apostelgeschichte enthält, aber auch zu böswilligen
Verdächtigungen dieser Zusammenkünfte von seiten der Juden; schon im 2. Jahrh., als die Zahl der Christen sich vermehrte und
die Vorstellungen von dem Genusse des Leibes und Blutes Jesu immer mysteriöser wurden, sah man sich genötigt, die L. von
der Feier des Heiligen Abendmahls (s. d.) zu trennen. Infolge frühzeitig eingerissener
Mißbräuche wurde den Geistlichen die Teilnahme an den L. verboten und seit Mitte des 4. Jahrh, die Abhaltung derselben in den
Kirchen völlig untersagt. Um 392 bestanden sie in dem größten Teile des Abendlandes schon nicht mehr. Augustinus setzte ihre
Abschaffung in Afrika auf dem Konzil zu Hippo (393) durch; doch mußten noch späterhin Synoden, z. B. zu Orléans 536 und zu
Konstantinopel 692, die Unterlassung jener Gastmähler einschärfen. Die Brüdergemeine hat die L. erneuert und hält sie bei
feierlichen Gelegenheiten unter Gesang und Gebet mit Thee und Weizenbrot (Liebesbrot) in
ihren Versammlungssälen.
Liebestrank, bei den Griechen Philtron, ein aus Substanzen des
Tier- und Pflanzenreichs bereitetes Zaubermittel, das nach abergläubischer Vorstellung die Kraft hatte, die Liebe auf eine
bestimmte Person zu lenken. (S. auch Aphrodisiaka.)
Liebfraumilch (so ist die Marke der Originalflaschen, nicht
Liebfrauenmilch), ein rheinhess. Rieslingwein, der um die Kirche des Liebfrauenstifts in
Worms, großenteils auf dem Schuttboden einer Klosterruine und in dem daranstoßenden sog. Kapuzinergarten, im ganzen auf
einer Fläche von 3 5/8 ha wächst. L. ist einer der edelsten Weine, der sich durch Lieblichkeit, Würze, Blume und Wohlgeschmack
auszeichnet. Das Stückfaß (1828er) ist schon mit 7000 M. verkauft worden. Was als L. verkauft wird, ist fast nie echt, sondern im
günstigsten Falle nur ein guter, bei Worms erbauter Wein, allenfalls mit etwas echter L. verschnitten.
Liebhaberkünste, die zum Zeitvertreib von Dilettanten geübten Kleinkünste, wie Holzbrandtechnik,
Kerbschnitzerei, Porzellan- und Emailmalerei u. dgl. – Vgl. F. S. Meyer, Handbuch der L.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 161.