Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

165

Lieger - Liegnitz (Stadt)

Grundstücken erhoben wird. (S. Erbschaftssteuer, Stempel, Verkehrssteuern.)

Lieger, s. Appretur (Bd. 1, S. 763 a).

Liegetage, Liegezeit, soviel wie Überliegezeit (s. d.).

Liegnitz. 1) Regierungsbezirk der preuß. Provinz Schlesien, umfaßt die ehemaligen Fürstentümer L., Jauer, Schweidnitz, Glogau, Sagan und einen Teil der Oberlausitz, grenzt im S. an Böhmen, im W. an Sachsen, ist im südl. Teil gebirgig (Isergebirge mit Tafelfichte 1124 m und Riesengebirge mit Schneekoppe 1605 m) und fällt nach N. zu ab, hat zahlreiche Flüsse (Oder, Bober, Neisse, Queis, Katzbach, Spree, Elster), zum Teil fruchtbares Land, zum Teil Sand- und versumpfte Flächen, Waldbestände, Ackerbau, Viehzucht und Industrie (Leinen-und Baumwollzeuge), sowie 13 607,67 qkm und (1890) 1 047 405 (494 497 männl., 552 908 weibl.) E., 48 Städte mit 481,41 qkm und 328 473 (155 083 männl., 173 390 weibl.) E., 1594 Landgemeinden und 1154 Gutsbezirke mit 13 126,26 qkm und 718 932 (339 414 männl., 379 518 weibl.) E. Dem Religionsbekenntnis nach waren 864 342 Evangelische, 174 998 Katholiken, 2868 andere Christen und 4624 Israeliten. 1895 wurden 1 066 739 E. gezählt. - Vgl. Tomasczewski, Topogr.-statist. Handbuch für den Reg.-Bez. L. (Liegnitz 1880).

Der Regierungsbezirk zerfällt in 21 Kreise:

^[Leerzeile]

^[Tabellenanfang]

Kreise qkm Einw. 1890 Einw. auf 1 qkm Evangelische Katholische Israeliten Einw. 1895

Grünberg 857,58 53 887 63 44 048 9 498 257 55 609

Freistadt 876,23 52 598 60 44 720 7 408 201 54 101

Sagan 1110,83 56 103 51 46 397 9 391 187 56 123

Sprottau 729,67 36 759 51 31 605 5 048 87 37 019

Glogau 935,55 74 518 80 52 581 20 901 932 74 069

Lüben 630,08 33 029 52 29 713 3 234 62 32 034

Bunzlau 1040,73 61 024 59 51 346 9 194 175 61 485

Goldberg-Hainau 609,53 50 072 82 46 317 3 542 147 50 140

Stadtkreis Liegnitz 16,85 46 374 2782 37 350 8 176 913 51 519

Landkreis Liegnitz 620,36 43 207 70 39 132 4 032 8 42 577

Jauer 328,66 34 992 106 24 936 9 889 99

Schönau 348,54 24 081 69 20 756 3 299 6 24 166

Wolkenhain 359,05 31 255 87 26 291 4 889 11 30 145

Landeshut 397,27 48 831 123 22 794 25 753 180 49 152

Hirschberg 598,32 70 197 117 57 820 11 733 453 72 729

Löwenberg 751,51 61 565 82 45 292 16 105 84 60 481

Lauban 518,84 68 235 132 60 392 7 650 85 68 772

Stadtkreis Görlitz 17,84 62 135 3 433 53 456 7 558 694 70 172

Landkreis Görlitz 866,96 52 652 61 50 517 2 078 16 53 364

Rothenburg in der Oberlausitz 1125,14 51 718 46 49 355 1 473 25

52 964

Hoyerswerda 868,13 33 673 39 29 524 4 147 2 35 113

^[Tabellenende]

^[Leerzeile]

Der Regierungsbezirk zerfällt in die 10 Reichstagswahlkreise: Grünberg-Freistadt (1893 Abgeordneter Munckel, freisinnige Volkspartei); Sagan-Sprottau (Dr. H. Müller, freisinnige Volkspartei); Glogau (Maager, freisinnige Vereinigung); Bunzlau-Lüben (Schmieder, freisinnige Volkspartei); Löwenberg (Kopsch, freisinnige Volkspartei); Liegnitz-Haynau-Goldberg (Kauffmann, freisinnige Volkspartei); Jauer-Landeshut-Bolkenhain (Dr. O. Hermes, freisinnige Volkspartei); Schönau-Hirschberg (Dr. Barth, freisinnige Vereinigung); Görlitz-Lauban (Lüders, freisinnige Volkspartei); Rothenburg-Hoyerswerda (Graf von Arnim, Reichspartei). - 2) Landkreis im Reg.-Bez. L. (s. vorstehende Tabelle). - 2) Stadtkreis und Hauptstadt des Reg.-Bez. L., unweit des Zusammenflusses des Schwarzwassers und der Katzbach, an den Linien Raudten-Lamenz, Berlin-Kohlfurt-Breslau und den Nebenlinien L.-Goldberg-Löwenberg und L.-Goldberg-Schönau-Merzdorf der Preuß. Staatsbahnen, ist Sitz der königl. Bezirksregierung, des Landratsamtes für den Landkreis L., eines Landgerichts (Oberlandesgericht Breslau) mit 8 Amtsgerichten (Bunzlau, Goldberg, Haynau, Jauer, L., Lüben, Naumburg a. Queis, Parchwitz), eines Amtsgerichts, Hauptsteueramtes, einer Oberpostdirektion, Handelskammer und Reichsbankstelle, der Liegnitz-Wohlauer Fürstentumslandschaft, des Kommandos der 18. Infanteriebrigade und eines Bezirkskommandos, hat (1890) 46 874, 1895: 51 519 (24 249 männl., 27 270 weibl.) E., in Garnison das Grenadierregiment König Wilhelm I. Nr. 7, ferner ein Postamt erster Klasse mit 2 Zweigstellen, Telegraphenamt erster Klasse, 2 Postagenturen, eine Ritterakademie, 1808 aus Mitteln des 1646 gegründeten Johannisstifts errichtet, mit Gymnasialbildungsanstalt, städtisches Gymnasium, 1309 durch Privileg des Bischofs Heinrich I. von Breslau an die Schule von Peter und Paul gegründet, Realschule mit Altertumsmuseum, Landwirtschaftsschule, Lehrerseminar, höhere Mädchenschule mit Lehrerinnenseminar, Taubstummen- und Idiotenanstalt. Bemerkenswert sind die kath. Kirche mit Gruft der letzten piastischen Herzöge von L. und Brieg, zwei evang. Kirchen, St. Peter und Paul, 1892-94 restauriert, und zu Unserer Lieben Frauen, eine altluth. Kirche, ein Irvingianisches Bethaus, eine Synagoge, das königl. Schloß (jetzt Sitz der Regierung), 1835 zum Teil abgebrannt und nach Schinkels Entwurf wieder aufgebaut, das Rathaus, Theater, das Krankenhaus, Ständehaus und die Ritterakademie. Ferner hat die Stadt ein Denkmal Friedrichs d. Gr. und ein Löwendenkmal zur Erinnerung an die im Kriege 1870/71 Gefallenen. Es bestehen Fabriken in Tuch, Leder, Tabak, Öl, Wollwaren, Maschinen und Pianofortes, eine bedeutende Hutfabrik, Wagenbauereien, Molkerei, Kunstziegelfabrik, Gemüsebau (Kräutereien genannt), Getreide- und Viehmärkte. L. ist Sitz der 2. Sektion der Schlesisch-Posenschen Baugewerks- und der 9. Sektion der Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft. - L. war seit 1164 Residenz der Herzöge des Fürstentums L., die mit Georg Wilhelm, dem letzten schles. Herzog aus dem Piastenstamme, 1675 ausstarben. Österreich nahm hierauf, ungeachtet der Erbansprüche Brandenburgs, das Fürstentum und die Stadt in Besitz. Die Sachsen unter Arnim siegten hier 13. Mai 1634 über die Kaiserlichen unter Colloredo, und 1740 nahmen die Preußen die Stadt ein. Am 15. Aug. 1760 schlug hier Friedrich d. Gr. die Österreicher unter Laudon (Pfaffendorf, Siegeshöh). Unweit L. liegt Wahlstatt (s. d.) und der Kunitzer See mit Mövenbrutstätte, der größten im deutschen Binnenlande. - Vgl. Sammter und Kraffert, Chronik von L. (4 Bde., Berl. 1864-72); Urkundenbuch der Stadt L. bis 1455 (hg. von Schirrmacher, Liegn. 1866); Schuchard, Die Stadt L. (Berl. 1868); Jander, Mitteilungen über L. und seine Umgebung (ebd. 1883); ders., Führer für L. und seine Umgebung (3. Aufl., ebd. 1888).

^[Abb.]